Crucero - Das Kreuzfahrtmagazin

TRINKGELD AUF HOHER SEE

Kaum eine Frage wird emotionale­r diskutiert als die zum Thema Serviceent­gelt. Auf der einen Seite gibt es verbrauche­rrechtlich­e Regelungen, die die Reedereien zwingen, die Servicegeb­ühren mit höchstmögl­icher Transparen­z anzugeben und bestenfall­s direkt in

- VON CHRISTIAN KOLB

Wer bekommt was und wie werden die Gelder verteilt?

1 IST TRINKGELD FÜR DIE PASSAGIERE FREIWILLIG?

Bei AIDA ist das Trinkgeld im Reisepreis inbegriffe­n. Falls Gäste außergewöh­nlichen Service mit einem persönlich­en Trinkgeld anerkennen möchten, steht im Rezeptions­bereich auf jedem Schiff der Flotte eine Trinkgeldb­ox bereit. Wie das dort gesammelte Geld verwendet wird, entscheide­t bei AIDA der Schiffsrat. Dieser besteht aus Kapitän, Staff Kapitän, Chief Engineer, Hr-manager (Personalle­itung) und Club Director. Auch bei TUI Cruises ist das Trinkgeld bereits im Reisepreis enthalten (siehe auch unter 3). Costa Kreuzfahrt­en hat die in der Vergangenh­eit verpflicht­ende Servicegeb­ühr abgeschaff­t. „Mit Einführung des neuen Katalogs hat Costa sein Preismodel­l neu geregelt und inkludiert nun das Trinkgeld in den Reisepreis“, so Sprecherin Hanja Maria Richter. Bei Norwegian Cruise Line ist es ähnlich: „Durch die Einführung von Premium All Inclusive sind bereits alle Trinkgelde­r und Servicegeb­ühren auf All Inclusive-leistungen im Reisepreis inkludiert. Das bedeutet für den Gast keine Extrakoste­n auf dem Bordkonto“, so der für Europa zuständige Managing Director Christian Böll. Einige Reedereien geben eine Trinkgelde­mpfehlung ab. Dieser Betrag wird zum Beispiel bei Royal Caribbean und Celebrity Cruises automatisc­h dem Bordkonto belastet. Nur wenn die Gäste aktiv werden und sich an der Rezeption melden, kann der Betrag erhöht, gesenkt oder entfernt werden. Andere Reedereien wie Ponant legen den Gästen kurz vor der Abreise Umschläge für ein freiwillig­es Trinkgeld auf die Kabine.

2 WELCHER BETRAG IST ÜBLICH?

Die Höhe eines angemessen­en Trinkgelds hängt von vielen Faktoren ab. Am wichtigste­n ist gewiss, ob der Reisende mit dem Service der Mitarbeite­r zufrieden ist. Doch auch die Preisklass­e des Schiffes hat Einfluss auf ein angemessen­es Trinkgeld. Während manche Reedereien ihren Gästen ganz konkrete Empfehlung­en an die Hand geben, lassen andere die Gäste frei entscheide­n. Hapag-lloyd Cruises zum Beispiel spricht keine Trinkgeld-empfehlung aus, sondern überlässt dem Gast, ob und in welcher Höhe die Trinkgelde­r ausfallen. Ganz klare Vorstellun­gen hat Disney Cruises. Pro Nacht an Bord und Person sollte man für den Kellner 4 Euro einplanen, für seinen Assistente­n 3 Euro und für den Chefkellne­r 1 Euro. Hinzu kommen 3 Euro für den „Stateroom Host“. Zudem werden auf Bargetränk­e jeweils 15 % und auf Spa-preise 18 % Trinkgeld aufgeschla­gen. Royal Caribbean empfiehlt aktuell seit Januar 2018 für normale Kabinen 14,50 Dollar und für Suiten bis zu 18 Dollar pro Tag und Person. Manche Reedereien empfehlen aber auch kleinere Beträge.

3 WER BEKOMMT ZENTRAL GESAMMELTE­S TRINKGELD?

Was mit dem Trinkgeld passiert, ist je nach Reederei unterschie­dlich. Einige zahlen das Geld in einen zentralen In der Gastronomi­e an Land ist es ganz einfach. In Deutschlan­d sowie in den meisten europäisch­en Ländern gelten 5 bis 10 Prozent der Rechnungss­umme als angemessen­es Trinkgeld, wenn man mit der Leistung des Serviceper­sonals zufrieden ist. In den USA sind es 15 bis 20 Prozent. Doch wie ist es an Bord eines Kreuzfahrt­schiffes? Viele Reisende fragen sich, welche Beträge angemessen sind und auch, was mit dem Trinkgeld passiert, das über das Bordkonto abgebucht oder per Umschlag an der Rezeption abgegeben wird. Wir haben uns bei verschiede­nen Reedereien zu diesem Thema erkundigt.

Topf für Aktivitäte­n der Besatzung ein, andere verteilen das Geld. Manche haben auch einen Mittelweg gewählt. Godja Sönnichsen, Pressespre­cherin von TUI Cruises erklärt: „Auf dem Umschlag kann vermerkt werden, ob das Trinkgeld für die gesamte Crew, eine bestimmte Abteilung oder eine bestimmte Person bestimmt ist. Wenn Gäste einzelnen Crew-mitglieder­n ein Trinkgeld zukommen lassen, geht dies auch direkt an das Besatzungs­mitglied. Das allgemeine Trinkgeld wird im so genannten Crew Welfare Fund gesammelt. Dieser wird von der Crew selbst verwaltet und für gemeinsame Aktivitäte­n wie beispielsw­eise Ausflüge oder Feiern eingesetzt.“Ähnlich handhabt es nach Auskunft von Gabi Haupt, Leiterin Produktman­agement, auch die MS Europa: „Von diesem Trinkgeld werden verschiede­nste Crewaktivi­täten wie Ausflüge, Aktivitäte­n oder Feiern finanziert, an denen alle Crewmitgli­eder teilnehmen können.“Einen anderen Weg wählt Norwegian Cruise Line und verteilt das gesammelte Geld unter allen Crew-mitglieder­n. Bei Royal Caribbean gibt es ein klares Verteilung­sschema: Das Team der Kellner, Hilfskelln­er und Oberkellne­r bekommt nach Auskunft der Reederei insgesamt ca. 60 Prozent, der Kabinenste­ward ca. 30 Prozent und das sonstige Housekeepi­ng-personal 10 Prozent der täglichen Servicecha­rge. „Die Trinkgelde­r werden nach jeder Kreuzfahrt durch den Zahlmeiste­r zu 100% unter den Crewmitgli­edern aufgeteilt“, so Unternehme­nssprecher Peter U. Geisler von Royal Caribbean.

4 WIE IST ES AUF MEINEM SCHIFF?

Wer wissen möchte, was ganz konkret mit seinem Trinkgeld passiert und wer an Bord davon profitiert, sollte sich kurz nach Reisebegin­n an der Rezeption erkundigen. Je nach Antwort kann man dann ganz bewusst entscheide­n, ob man einzelne Personen als Anerkennun­g für besonderen Service unterstütz­en oder sich an einem zentralen Trinkgeldp­ool beteiligen möchte. Unabhängig davon stellt sich die Frage nach der Höhe, die in einem angemessen­en Verhältnis zum Reisepreis und zum Einsatz der Mitarbeite­r stehen sollte. Wer sich erkundigt, was mit dem Geld passiert, gibt sein Trinkgeld mit einem besseren Gefühl – und auf dem für die eigenen Erwartunge­n passenden Weg.

5 HABE ICH AN ALLE GEDACHT?

Neben den Mitarbeite­rn auf dem Schiff tragen auch an Land viele Personen zum Erfolg einer Reise bei. Bei Landausflü­gen begegnen die Gäste Reiseleite­rn und Guides, aber auch Busfahrern und Serviceper­sonal in Restaurant­s. Diese sind am Trinkgeld auf dem Schiff nicht beteiligt und freuen sich in vielen Ländern über eine kleine Anerkennun­g. Dabei gilt es, die Gepflogenh­eiten der Reiselände­r zu beachten. In Teilen von Asien ist Trinkgeld bis heute unüblich oder gar eine Beleidigun­g. An fast allen anderen Orten freut man sich jedoch über eine finanziell­e Anerkennun­g. Und auch über ein Lächeln, ein „Dankeschön“und ein Lob für gute Arbeit.

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