Crucero - Das Kreuzfahrtmagazin
VON EINER ZEITREISE UND GLÜHENDEN KOHLEN
Brasilien und Transatlantik mit Costa Kreuzfahrten
Vor 70 Jahren fand die erste Costa-kreuzfahrt zwischen Italien und Brasilien statt. Viele Rituale haben noch heute Bestand. Crucero geht auf Spurensuche zwischen den Kontinenten.
Rio de Janeiro mit der Statue Christo Redentor im Vordergrund
Ah, da ist ja der Lukenfietz“, freut sich Hermann bei der Stadtrundfahrt durch Rio de Janeiro auf dem Weg zur Costa Favolosa. Die Christusstatue wirkt von unten kleiner als erwartet. Mit ausgebreiteten Armen überwacht sie die Bucht, so wie der Lukenfietz an der Pier die korrekte Ent- und Beladung der Schiffe kontrolliert, klärt Hermann über die Namensgebung der Seeleute auf.
Zuletzt sah er die Ikone Rio de Janeiros vor mehr als 50 Jahren. Nach einer zweiwöchigen Atlantiküberquerung an Bord eines Stückgutfrachters war das ein bewegender Moment, an den er sich noch gut erinnert.
SEHNSUCHTSDUO IPANEMA UND COPACABANA
Die unglaublichen Strände Rios sind dem 69-jährigen hingegen nicht in Erinnerung geblieben. Die Italiener im Transferbus sind dagegen ganz aus dem Häuschen beim Anblick von Ipanema. Ein Passagier im Anzug zündet sich an der benachbarten Copacabana erst einmal eine Zigarre an, als sei ein lang ersehntes Ziel erreicht.
Die anderen genießen einen frischen Mangosaft und die kühle Brise. Ungläubig stellen die Urlauber fest, dass der Sand mithilfe einer Wasser-pipeline feucht gehalten wird, damit man sich auf dem Weg zum Meer nicht die Füße verbrennt.
Das Land trägt seinen Namen scheinbar zurecht, denn „brasa“bedeutet so viel wie „glühende Kohlen“. Wolkenkratzer und verfallene Kolonialbauten, Bikinis in der Innenstadt und eine Lagune, die wie aus einer anderen Welt wirkt – das ehemalige Zentrum des portugiesischen Weltreichs begeistert und fordert zur Rückkehr auf.
Viel zu wenig haben wir gesehen, als sich die Costa Favolosa am Abend zu den Klängen von „Time to say goodbye“aus dem Hafen schiebt.
Rio de Janeiro ist nicht nur aus der Vogelperspektive wie auf der Doppelseite zuvor eine grandiose Schönheit. Auch beim Ablegen vom Kreuzfahrtterminal der Stadt (Bild unten) beeindruckt die Silhouette der Stadt. Das hat sich in den sieben Jahrzehnten, die Costa Kreuzfahrten die Stadt ansteuert nicht geändert. Recife (Bild oben) ist die letzte Station, bevor die Costa Favolosa die Atlantiküberquerung antritt. Hier, am Zusammenfluss der Flüsse Beberibe und Capibaribe gelegen, treffen moderne Wolkenkratzer auf alte Kolonialbauten und das Nebeneinander von Alt und Neu verleihen der Stadt ihren einzigartigen Charme.
ANNA C. WAR DAS ERSTE KREUZFAHRTSCHIFF VON COSTA
Wie mag es den 768 Passagieren der Anna C. gegangen sein, als sie nach etwa zwei Wochen auf See im April 1948 Zuckerhut und Christusstatue erblickten? Einige von ihnen waren in luftig-leichter Urlaubsstimmung und wollten lediglich für einige Zeit ein exotisches Land jenseits des Atlantiks kennenlernen, andere hatten ihr Leben in zwei Koffer gepackt und warteten gespannt darauf, ein neues Leben zu beginnen.
Die Anna C. war das erste explizit für diesen Zweck gebaute Passagierschiff der Reederei Costa. Während die wohlhabenden Passagiere in der ersten Klasse in klimatisierten Kabinen residierten und À-la-carte-menüs genossen, reisten die Urlauber mit überschaubarem Budget in der Touristenklasse A und die Auswanderer in der Touristenklasse B.
Eines hatten sie alle gemeinsam: Das große C am Schornstein war bekannt. Costa galt in den 1930er-jahren als Italiens größter Olivenölproduzent, der mit eigenen Schiffen das flüssige Gold durchs Mittelmeer transportierte.
Nach dem zweiten Weltkrieg schien das Geschäft mit den Emigranten das lukrativere, doch auch Luxusreisende befanden sich bereits im Visier von Firmenchef Angelo Costa.
Sein rasches Handeln zahlte sich aus – nicht zuletzt, weil die Costa-schiffe bereits im Liniendienst über den Atlantik kreuzten, während die staatliche Schifffahrtslinie Italiens noch bis 1949 auf die Rückgabe ihrer Transatlantikliner warten musste.
ZURÜCK IN DER GEGENWART
Während die Costa Favolosa den Hafen von Rio de Janeiro verlässt, ist kaum einem der 2.600 Passagiere an Bord bewusst, dass er 70 Jahre nach einem historischen Jubiläum unterwegs ist. Im Gegensatz zu damals herrscht heute ein spannender Nationalitätenmix an Bord: Etwa die Hälfte der Gäste sind Brasilianer.
Viele von ihnen begeben sich auf Spurensuche in die Heimat ihrer Vorfahren, die Kreuzfahrt endet im italienischen Savona. So wie Marisa aus Sao Paulo, der zweititalienischsten Stadt der Welt außerhalb Italiens, wie sie selbst sagt. Sie begleitet eine Gruppe Brasilianer, die kein Englisch spricht.
Aber das Schiff ist gut vorbereitet, alle Speisekarten und Tagesprogramme sind auch auf Portugiesisch erhältlich. Kreuzfahrten sind in Brasilien gerade en vogue.
ATLANTIK-PASSAGE IN 5 TAGEN
Eine Woche kreuzt die Costa Favolosa entlang der brasilianischen Küste, bevor sie innerhalb von fünf Tagen den Atlantik überquert. Das macht auch 88 deutsche Passagiere neugierig. Manche lassen sich sogar vom brasilianischen Temperament anstecken. Katharina aus Mainz freut sich über jeden Programmpunkt im Tagesprogramm, der mit Tanzen zu tun hat.
Und das sind viele – denn ein wenig Flair aus der Brasiliensaison fährt auch auf der Transatlantikpassage mit, wenn auch in abgemilderter Form.
„Musik ist eine Energie, der die Brasilianer nicht widerstehen können“, erklärt Hotelmanager Stefano di Naia. Selbst zum Abschluss der Pilatesstunden wird getanzt. Parallel dazu sind auf der Leinwand die Spezialitäten zu sehen, die man gegen Zuzahlung bestellen kann: Filet Mignon und Hummer gehören dazu. Wer sich so viel bewegt, braucht natürlich auch Kaloriennachschub: Während der Brasiliensaison ist das Büfettrestaurant 24 Stunden täglich geöffnet und viele Programmpunkte rücken in den späten Abend.
LIEGESTUHLRESERVIERUNG – DIE WURZEL DES ÜBELS LIEGT IM JAHR 1965
So war es schon vor 50 Jahren an Bord der Anna C. Auf einer Karibikkreuzfahrt hatten die Passagiere nach dem WelcomeDinner die Wahl zwischen Bingo und Tanzveranstaltung, bevor das Schiff um 21:15 Uhr im Bahamashafen Freeport festmachte. Der Nachtclub öffnete um 0:30
Uhr, der letzte Tender fuhr um 2 Uhr morgens zurück zum Schiff. Das Tagesprogramm von 1965 könnte übrigens auch eine Unsitte der modernen Kreuzfahrt erklären: Es empfiehlt ganz offiziell die Kontaktaufnahme mit den Stewards für eine Liegestuhl-reservierung.
HÖHEPUNKTE BRASILIENS
In den ersten Tagen sind die Liegestühle noch nicht so hoch frequentiert, denn es gibt viel zu sehen: In Ilhéus informiert die Casa Cultura über das Leben des berühmten brasilianischen Autors Jorge Amado, dessen bekanntestes Werk „Gabriela wie Zimt und Nelken“einen Eindruck vom Leben in der Kakaostadt vor gut 90 Jahren vermittelt. In Salvador de Bahia warten die Baianas in ihren üppigen Röcken darauf, den Besuchern bunte Bändchen einer Kirche mit drei Knoten am Handgelenk zu befestigen. Und in der herrlich zurechtgemachten Altstadt erfrischt man sich mit einer Mischung aus Kokosnuss und Zitronensaft.
Selbst die Reiseführerin sagt, es sei zu heiß für die Jahreszeit. Brasilien wartet auf den Regen. Von Maceió aus locken eine Fahrt durch die saftiggrüne Mangrovenlandschaft und das anschließende Bad im tosenden Atlantik. Und in Recife ist ein Besuch des benachbarten Olinda mit barocker Architektur und grandioser Aussicht ein Muss. „Oh, wie schön“sollen die Portugiesen 1535 gesagt haben, bevor sie hier die erste Hauptstadt von Pernambuco gründeten.
Jede Region hat ihre eigene Musikrichtung: In Rio ist natürlich der Sambarhythmus allgegenwärtig.
In Salvador, der größten afroamerikanischen Gemeinde, entstand aus der afrikanischen Candomblé-musik der Afoxé, während in Recife und Olinda der schnelle und fast polkaartige Frevo gespielt wird.
Auch wenn jede Stadt von sich behauptet, den besten Karneval zu feiern, so dürften die Feierlichkeiten in Olinda doch am ehesten das deutsche Gemüt treffen. Hier wird wie in Köln ein Straßenkarneval gefeiert, allerdings über zehn Tage hinweg – und jeder kann mitmachen.
Und ein Großteil aller brasilianischen Musikstile sind hier vereint.
Auch an Bord der Costa Favolosa können alle Passagiere am Bye-bye-recifeAnimationstanz auf dem Pooldeck teilnehmen. Ganz wie an Bord der früheren Costa-schiffe, als in jedem Einschiffungshafen eine Band an Deck gespielt hat.
Anschließend geht das Unterhaltungsprogramm nahtlos im Salon Molière mit dem Casting für „The Voice of the Sea“weiter: Ein Niederländer schmettert „Una paloma blanca“, gefolgt von dem inbrünstigen Chanson eines Franzosen und der A-capellaDarbietung eines Italieners. Bei Mario aus Brasilien mit „I can’t help falling in love with you“brandet die Stimmung bis hinaus auf die Flure. Dieses internationale Ambiente schätzen auch die deutschen Passagiere an Bord.
ÄQUATORTAUFE GESTERN & HEUTE
„You may want to take along a costume for the ship’s carnival masquerade” empfiehlt der Costa-katalog von 1969. Noch eine Tradition, die sich in den letzten Jahrzehnten gehalten hat. In der Nacht, in der die Costa Favolosa den Äquator überquert, findet auf dem Pooldeck eine Maskenparade mit anschließender Karnevalsparty statt.
Ob mit den fantasievollen Verkleidungen Neptun in die Irre geführt werden soll? Wie dem auch sei – bereits am Vormittag wird eine Lounge zum Bastelraum umfunktioniert und aus meterweisen bunten Krepppapier entstehen Girlanden und Röcke.
Auch am nächsten Tag ist auf dem Pooldeck der Costa Favolosa eine Menge los: Die Reederei zelebriert ihren 70. Geburtstag. Die Animateure tragen historische Matrosenuniformen und laden zum Dosenwerfen und anderen klassischen Spielen ein. Wer teilnimmt, kann Stempel sammeln und am Ende des Tages etwas gewinnen. Die Begeisterung ist groß. Um zwölf Uhr mittags übergibt der Kapitän dann mit einem riesigen goldenen Schlüssel die Macht symbolisch an Neptun, der mit seinem Gefolge auf dem Pooldeck eingezogen
KREUZFAHRT REPORTAGE
Pelourinho, das historische Zentrum von Salvador de Bahia, der ersten Hauptstadt Brasiliens, zählt seit 1985 zum Weltkulturerbe der UNESCO. Kopfsteinpflaster, pastellfarbene Häuserreihen und Kirchen machen Pelourinho zur Hauptattraktion Salvadors (Bild oben).
Auch Olinda bei Recife gehört zum UNESCO Weltkulturerbe. Nicht nur die Kathedrale ist ein Juwel barocker Architektur der europäischen Kultur des 17. und 18. Jahrhunderts in Brasilien. Die Stadt wurde 1535 gegründet und zählt damit zu den ältesten europäischen Ansiedlungen in Brasilien (Bild unten).
ist. Nach einigen salbungsvollen Worten tanzen mit grüner Bemalung verzierte Täuflinge von der Bühne in Richtung Pool. Dort werden sie mit Schokoladenpudding und Mehl eingerieben, auf den Köpfen landen frisch aufgeschlagene Eier und dann geht es ab in den Pool – das Animationsteam ist bei der Äquatortaufe an Bord der Costa Favolosa nicht gerade zimperlich, möchte man meinen.
Hermann aus Stuttgart kann darüber nur den Kopf schütteln: „Das ist ja wohl ein Witz.“Auf seiner ersten Überfahrt nach Rio im Jahr 1969 ging es deutlich rigoroser zu: „Da gab es eine Pille aus Gewürzen, man wurde mit Separatordreck eingerieben und solange untergetaucht, bis die Zahl der gespendeten Bierkästen stimmte.“
Doch auch die Vorgehensweise an Bord der Costa Favolosa ist authentisch. „Genau so haben wir es schon vor 30 Jahren gemacht“, berichtet Kreuzfahrtdirektor Naim Ayub. Sein erstes Schiff war die Enrico Costa – damals gab es noch Klassen beim Crossing. Das Restaurantdeck war durch einen Vorhang in zwei Bereiche unterteilt: einen mit zwei Sitzungen und einen mit offener Sitzung. „Das waren andere Zeiten und andere Gäste, Kreuzfahrten waren noch viel teurer, die Gala-nächte opulenter, die Kabinen ohne Fernsehen.“
„ERFAHRUNG IST UNSERE STÄRKE“
Der Komfort in der Costa-flotte stieg rasch: Die Franca C. fuhr 1959 als erstes Kreuzfahrtschiff in die Karibik – mit dem Luxus einer eigenen Nasszelle in jeder Kabine.
Fünf Jahre später waren mit der Eugenio C. die Passagierklassen passé und es gab erstmals einen Hauptpool. Auf diesem Schiff begann die Laufbahn von Ignazio Giardina, inzwischen Kapitän der Costa Favolosa. „Eine Schiffsreise ist etwas ganz Besonderes, weil man die Möglichkeit bekommt, viele interessante Geschichten zu hören“, ist Giardina überzeugt. „Die Passagiere wachsen zu einer Gemeinschaft zusammen. Das hat man bei keiner anderen Reiseform.“
Und auf einer Transatlantikkreuzfahrt mit fünf Tagen ohne Landgang trifft diese Erkenntnis umso mehr zu. Auf diesen intensiven Reisen mit vielen Seetagen zeige sich auch das Erfolgsgeheimnis des Unternehmens, erklärt Giardina.
Die Crew wisse genau, wie sie die unterschiedlichen Nationen an Bord glücklich mache. „Unsere Stärke ist die Erfahrung“, erklärt Giardina, „die kann man nicht im Supermarkt kaufen.“Deshalb würde der Sizilianer seinem Arbeitgeber auch niemals untreu werden: „Ich wurde geboren mit Costa und ich gehe in Rente mit Costa.“Die Brasiliensaison fährt er besonders gern: „Brasilien ist Italien ganz ähnlich: Gutes Wetter, Musik, dynamische Menschen und eine Atmosphäre, die alle mitreißt.“Diese Komponenten finden sich auch an Bord wieder. Mindestens ein Viertel der Crewmitglieder während der Südamerikasaison sind Brasilianer – das macht sich sofort im Ambiente bemerkbar.
Eine große Rolle spielt natürlich auch das Unterhaltungsprogramm. 100 Crewmitglieder sind allein im Entertainment tätig, 16 davon gehören zum Animationsteam.
Viele klassische Elemente haben sich über die Jahrzehnte gehalten: Quizrunden, Sprach- und Tanzkurse, aber auch die „Roman Night“. Kreuzfahrtdirektor Naim Ayub ist bei dieser Talentshow als Cäsar verkleidet und voll in seinem Element. Das Publikum entscheidet, welche Talente in der Arena „den Löwen vorgeworfen werden“und welche überleben.
Für den deutschen Geschmack mag die Show etwas übertrieben sein, doch die Italiener und Brasilianer lieben sie.
„Besonders beliebt ist auf unseren Transatlantikreisen die Crewshow“, stellt Naim Ayub fest. „Wir unterteilen sie in einen brasilianischen und einen italienischen Teil und vereinen so mitten auf dem Ozean die Welten.“Die Augen des 55-jährigen strahlen.
1987 kam er während der Südamerikasaison als erster Animateur an Bord. Zunächst wurde nur ein Programm für die Kinder an Bord aufgesetzt, im Jahr darauf startete die Erwachsenenanimation, die bis heute ein Erfolgskonzept ist.
Die jungen Animateure wissen, wie sie die Passagiere aus der Reserve locken, aber auch, wen sie lieber in Ruhe lassen. Das ist wahrscheinlich mindestens eine genauso große Herausforderung wie die Tatsache, dass das Programm in sechs Sprachen stattfindet.
FILET WELLINGTON AM GALAABEND
Neben all dem Spaßprogramm gibt es auch festliche Momente an Bord. Drei formelle Abende sind für die zweiwöchige Reise angesetzt, mit Offiziersball und Tanzwettbewerb.
Die Kleidungsempfehlung „Gala“wird sehr unterschiedlich interpretiert. Vor 50 Jahren gab es zwei Galaabende pro Reise und das Tagesprogramm wies zusätzlich darauf hin, dass Damen sich in den Häfen nicht zu freizügig kleiden sollten, da bauchfreie Oberteile und Shorts bei der Bevölkerung für Stirnrunzeln sorgen könnten.
Manche Probleme der Kreuzfahrt scheinen älter, als man denkt. Auch heute steht der Hinweis im Tagesprogramm, man möge im Restaurant keine Flip-flops, kurze Hosen und ärmelfreie Oberteile tragen.
Das würde auch nicht gerade zu den schicken weißen Uniformen der Offiziere passen, die heute zum Tanz einladen. Elegant schlingt die Dame ihren Schenkel um das Bein des Herren, seine Füße finden sogleich einen neuen Weg, um weiter über das Parkett zu gleiten.
Sie führt ihren Tanzschuh weit nach oben und setzt ihre verführerische Bewegung fort, er kontert erneut professionell. Nur wenige Meter weiter schwebt eine Dame im weißen Kleid allein durch die Paare, geführt von einem unsichtbaren Mann.
Und am Rand der Tanzfläche bewegt ein etwa 80-Jähriger auf einen Stock gestützt seine Hüfte im Rhythmus der Musik. Und wenn die brasilianischen Tänzer die Europäerinnen zum Tanzen auffordern, ist so manches aufgeregte Getrippel auf dem Parkett zu sehen.
Zum Gala-dinner wird Filet Wellington serviert, ein Klassiker der Kreuzfahrtgeschichte.
Auch andere traditionelle Gerichte haben es wieder auf die Speisekarten der Reederei geschafft. Dazu zählt der Fisch- und Gemüsesalat Cappon magro aus Ligurien. Er wurde schon in den Anfangsjahren auf den Überfahrten nach Südamerika serviert.
Die wichtigste Zutat: Piatro del Marinaio – die „Kekse des Seemanns“. Na, wenn das mal nicht passt. Nach wie vor erfreut sich auch das Mitternachtsbüfett großer Beliebtheit.
Insgesamt entscheiden sich heutzutage deutlich mehr Passagiere für das Büfettangebot gegenüber dem servierten Essen. Es ist spannend, zu beobachten, wie die brasilianischen Gäste sich durch die italienischen Speisen probieren, während die Europäer auch mal das brasilianische Büfett inspizieren.
60 Prozent der Passagiere auf Transatlantikkreuzfahrten seien Wiederholer, hält Hotelmanager Stefano di Naia fest.
So wie Aileen, die schon zum achten oder neunten Mal Costa fährt. So genau hat sie das nicht gezählt. Die 30-jährige Bochumerin hat auf der Atlantiküberquerung von Brasilien nach Italien Freunde gefunden im letzten Jahr, die sie nun wieder trifft.
„Die Seetage sind für mich perfekt zum Runterkommen“, erklärt die Vermögensberaterin, deren Arbeitswoche nicht selten 60 Stunden hat. Und die Wärme Brasiliens tue einfach gut im deutschen Winter.
Das sehen auch die Italiener so. Manche überwintern gleich an Bord. Viele kommen jedes Jahr wieder. Denn am Ende der Reise trifft nahezu alle Passagiere die Saudade, die portugiesische Form des Wehmuts, etwas Geliebtes verloren zu haben.