Crucero - Das Kreuzfahrtmagazin
REISERECHT
Kolumne von unserem Reiserecht-experten Kay P. Rodegra
Sagt ein Reiseveranstalter eine gebuchte Kreuzfahrt ab, ist die Enttäuschung beim Reisekunden verständlicherweise groß. Dieses Szenario kommt gar nicht so selten vor, die Gründe sind ganz unterschiedlich. Ein Schiffsneubau verzögert sich, eine Havarie führt zu einem Schaden am Schiff oder ein Motorendefekt zu einem Zwangsaufenthalt in die Werft, ebenso ist es schon vorgekommen, dass ein Kreuzfahrtschiff vom Reeder plötzlich anderweitig verchartert wird.
Kommt es seitens des Reiseveranstalters bereits vor dem Start zu einer Absage der Kreuzfahrt, stehen dem Reisekunden verschiedene Ansprüche gegen den Reiseveranstalter zu. Der Reiseveranstalter muss dem Reisekunden unverzüglich seinen Reisepreis erstatten. In vielen Fällen werden aber auch Alternativangebote unterbreitet, auf die sich der Reisekunde aber nicht einlassen muss,
d.h. das Reisevertragsrecht verpflichtet den Kunden nicht dazu, eine andere Kreuzfahrt durchzuführen. Letztendlich bekommt der Kunde nicht die Leistung, die vertraglich vereinbart war. Nimmt der Reisekunde ein Alternativangebot an, so kann er bei den vertraglichen Bedingungen, z.b. Preisnachlass oder Upgrade, natürlich mitreden.
Lehnt der Urlauber eine angebotene Ersatzreise ab bzw. wird ihm keine angeboten,
kann ihm neben der Preiserstattung auch ein Schadensersatzanspruch wegen entgangener Urlaubsfreude oder Ersatz der Mehrkosten für eine selbst organisierte vergleichbare Ersatzreise zustehen.
Der Schadensersatzanspruch setzt aber voraus, dass dem Reiseveranstalter ein Verschulden anzulasten ist. Führen unvermeidbare, außergewöhnliche Umstände (höhere Gewalt) zur Absage der Kreuzfahrt, kann der Reiseveranstalter sich entlasten und muss keinen Schadensersatz leisten.
ENTSCHÄDIGUNG WEGEN ENTGANGENER URLAUBSFREUDE
Steht dem Reisenden eine Entschädigung wegen entgangener Urlaubsfreude zu, urteilen Gerichte zur Höhe der Entschädigung unterschiedlich. Eine wesentliche Rolle spielt der Zeitpunkt der Absage der Reise.
Wird eine Kreuzfahrt 13 Monate vor Reisestart vom Reiseveranstalter abgesagt, steht dem Kunden nach einem Urteil des Amtsgerichts Charlottenburg (Az. 237 C 363/17) eine Entschädigung in Höhe von 25% des Reisepreises als Schadensersatz wegen entgangener Urlaubsfreude zu.
Bei einer Streichung der Reise 10 Monate vor der geplanten Einschiffung kann der Urlauber nach Ansicht des Amtsgerichts Hamburg (Az. 22 a C 194/16) 50 % fordern. Das Landgericht Frankfurt/m. (Az. 2/24 S 47/09) sieht eine Entschädigung in Höhe von 50% des Reisepreises bei einer Absage 21 Tage vor Reisestart für gerechtfertigt.
Bei einer sehr kurzfristigen Absage 3 Tage vor Reisebeginn hat der Bundesgerichtshof (Az. X ZR 94/17) eine Schadensersatzhöhe von 73% des Reisepreises bestätigt, obwohl die Urlauber nicht zu Hause geblieben sind, sondern statt der Kreuzfahrt eine selbstorganisierte Mietwagenrundreise in den USA angetreten haben.
VORZEITIGE BEENDIGUNG DER REISE
Wird die Kreuzfahrt aufgrund eines Maschinenschadens oder Havarie vorzeitig beendet, hat der Reisekunde Anspruch auf Erstattung der ausgefallenen Tage und Anspruch auf Ausgleich möglicher Zusatzkosten für seine Weiterreise zum vereinbarten Ausschiffungshafen bzw. Mehrkosten für die Rückreise nach Hause.
Bei einem Streit zwischen Reisekunden und Reiseveranstalter vor dem Amtsgericht München (Az. 282 C 27854/15) ging es um die vorzeitige Beendigung einer Flusskreuzfahrt. Die Reise endete 3 Tage früher als vertraglich vereinbart, da das Schiff mit einer Schleusenwand kollidierte und schwer beschädigt wurde. Der Urlauber erhielt 100% des Reisepreises für 3 Tage zurück und bekam zusätzlich denselben Betrag als Schadensersatz wegen entgangener Urlaubsfreude zugesprochen, da dem Reiseveranstalter ein Verschulden an dem Unfall angelastet werden konnte.
Der Reiseveranstalter muss für das Fehlverhalten der Schiffsbesatzung einstehen und für die Folgen haften.
ERLAUBTE ABSAGE
Wird zwischen den Vertragsparteien des Pauschalreisevertrages ausdrücklich vereinbart, dass ein Reiseveranstalter bei Nichterreichen einer ausgeschriebenen Mindestteilnehmerzahl die Reise absagen kann, stehen dem Reisenden bei berechtigter Absage neben der Erstattung des Reisepreises keine zusätzlichen Schadensersatzansprüche zu.