Crucero - Das Kreuzfahrtmagazin
OSTSEE MIT KIND & KEGEL
Familienkreuzfahrt auf der Costa Pacifica
Familienferien in der Ostsee. In der einzigen Woche im Sommer 2019, in der in ganz Deutschland Schulferien sind, reisen wir mit der Costa Pacifica zu den Metropolen an der Ostsee. Crucero ging auf eine italienisch-temperamentvolle Reise unter deutschen Familien.
Die Ausgangssituation: 3 Familien, vier Kinder, darunter zwei Jungen im Alter von 17 und 19 Jahren und zwei Mädchen im Alter von 3 und 5 Jahren. Und alle wollen gemeinsam einen Urlaub auf einem Kreuzfahrtschiff verbringen. Bei den ersten Ideen sprachen wir über mögliche Schiffe. Soll es ein internationales oder ein deutsches Schiff sein? Die Celebrity Edge rückte schnell in unser Interesse, doch die Preise zum möglichen Reisezeitpunkt erschienen den Familien zu hoch. Norwegian Cruise Line war dann eine weitere Idee, doch auch hier (Buchung fand vor Einführung des Feel Free-programms statt) erschien uns der Reisepreis ambitioniert.
Schließlich stellte sich heraus, dass es doch am einfachsten wäre, von einem deutschen Hafen aus zu starten. Da TUI Cruises schon einigen bekannt war und wir alle auf Aida-buffetrestaurants keine Lust hatten – denn es war fest eingeplant, uns jeden Abend gemeinsam zum Dinner zu treffen – fiel die Wahl schließlich auf die Costa Pacifica und die Route ins Baltikum ab Kiel.
Schon beim Einschiffen in Kiel fällt uns auf, dass die meisten der Familien um uns herum Deutsch sprechen. Nur vereinzelt hören wir Italienisch, Französisch oder Spanisch. Dieser Eindruck bestätigt sich an Bord. Die Costa Pacifica fährt unter Vollauslastung. In der Technikstunde erfahren wir die exakten Zahlen: 3.578 Gäste in 1.500 Kabinen. Darunter sind genau 2.438 deutschsprachige Reisende. Also fast so etwas wie eine deutsche Kreuzfahrt.
Costa Kreuzfahrten hat sich gut darauf eingestellt. In praktisch allen Bereichen wird an Bord Deutsch gesprochen, so dass auch für Gäste, die kaum bzw. kein Englisch sprechen, auf dieser Fahrt ein Reiseerlebnis geboten wird, das dem der deutschen Anbieter ähnelt.
Das Borderlebnis hingegen ist Costa-typisch italienisch geprägt: Lebhafte Atmosphäre in den Bars und Restaurants, Shows mit italienischen Tenören, Aperol Spritz, eine Eisdiele, jeden Abend ein Pasta-zwischengang im Menü und viel liebevolle Betreuung für die Bambini – jedoch nicht ohne Mami und Papi stets daran zu erinnern, dass es für die Kleinen die (kostenpflichtige) Aktion „Princess for a day“bzw. „Captain for a day“gibt.
LAS VEGAS TRIFFT ITALIEN
Das Innenraumdesign der Costa Pacifica steht unter dem Motto „Musik“. Der damalige Chefdesigner Joseph Farcus hat sich mit Subtilität wenig beschäftigt. In einer Art von fast schon skulpturalem Gestaltungsbrutalismus hat er Noten, Instrumente und Teile davon zu Dekorationen vereint.
Die Wände in der Piano-bar wurden mit übergroßen Klaviertasten aus
Kunststoff dekoriert. Notenschlüssel und Instrumente sind auf diversen Decken, Wänden und Einbauten zu finden. Alles in einem poppigbunten Materialmix. Dazu Fußböden mit Granitfliesen, Holzimitat und Teppich in verschiedensten Farben und Mustern.
Durch die Raumaufteilung der Decks sammeln sich die Passagierströme im Inneren auf Deck 5, dem einzigen öffentlichen Deck, auf dem das Schiff auf den unteren Etagen von Bug bis Heck durchquert werden kann. Links und rechts flaniert man vorbei an Shops, Bars und den zahlreichen Bordfotografen, so dass es immer südländisch lebhaft zugeht, auch bei Fahrten, bei denen fast 70% Prozent der Gäste deutschsprachig sind.
WETTERFESTES SCHIFF
Für die Ostsee-route mit teilweise wechselhaftem Wetter ist die Costa Pacifica bestens ausgestattet. Zwei Indoorpools liegen auf dem oberen Deck. Bei schönem Wetter können die Glasdächer über den Pools teilweise geöffnet werden. Die Außenflächen sind hingegen fast asketisch schlicht gehalten: Liegeflächen, ein Whirlpool, ein Miniopen-air-pool und eine Rutsche. Eine Freiluftbar sucht man vergebens. Sie wäre in diesem Fahrgebiet aber auch kaum nutzbar.
OSTSEE-HIGHLIGHT STOCKHOLM
Die 10-Nächte-route in der Ostsee steuert mit Anläufen in Stockholm, Helsinki, St. Petersburg, Tallinn, Klaipėda und Gdynia bei Danzig die Highlights unter den Ostseehäfen an, eingerahmt von zwei Seetagen zu Beginn und Ende der Reise. Wir lieben diese Routenführung mit viel Sightseeing und einem Tag, um auf dem Schiff anzukommen, und zum Abschluss einen weiteren Seetag, um die Reise Revue passieren zu lassen.
Schon die Ein- und Ausfahrt nach Stockholm durch die Schären – ein Gebiet mit 24.000 kleinen Inseln, das sich vor der Stadt ca. 60 Kilometer weit in die Ostsee erstreckt – ist traumhaft und weckt mit roten Holzhäusern auf niedlichen kleinen Inselchen Erinnerungen an Astrid Lindgrens Ferien auf Bullerbü.
Idyllisch geht es auch in der Hauptstadt Schwedens zu, die sich über 14 Inseln erstreckt. Die pittoreske, gut erhaltene Altstadt Gamla Stan und das königliche Schloss werden von den meisten Kreuzfahrttouristen besichtigt. Auch das Vasa-museum, in dem das 1628 auf seiner Jungfernfahrt gesunkene Kriegsschiff Vasa besichtigt werden kann, lohnt einen Besuch. Es liegt auf der Halbinsel Djurgarden, auf der sich auch eine Reihe weiterer Museen an einem Nationalstadtpark befinden. Für Kinder sind sowohl das Vasa-museum (Eintritt 15 Euro, Kinder und Jugendliche bis 18 Jahren frei) mit vielen museumspädagogischen Ausstellungselementen als auch das Junibacken Museum (Eintritt 1518 Euro) mit einer Pippi Langstrumpf Show ein Highlight.
Kombiniert mit einer Pause im Park ergibt das einen herrlich entspannten Tag für Groß und Klein und den Vorsatz, Schweden einmal ausführlicher zu besuchen. Nach einem weiteren skandinavischen Stopp in Helsinki steht das nächste Routenhighlight auf dem Programm: St. Petersburg.
ZWEI TAGE IN ST. PETERSBURG
In St. Petersburg bleibt die Costa Pacifica, wie der Großteil der Kreuzfahrtschiffe, die diesen Hafen anlaufen, über Nacht. Viel Zeit also, die zahlreichen Sehenswürdigkeiten der Stadt zu besichtigen. Noch benötigt man ein Visum, um die Stadt individuell zu besuchen. Und so nutzen fast alle Kreuzfahrtgäste die Ausflugsangebote der Reedereien. Im Oktober 2019 soll die Visumspflicht für St. Petersburg durch Einführung eines kostenlosen E-visums vereinfacht werden. Wenn – wie im Sommer üblich – mehrere Schiffe im Hafen von St. Petersburg liegen, kann es in den Top-sehenswürdigkeiten der Stadt voll werden. So startet unser Busausflug in den Katharinenpalast mit dem rekonstruierten Bernsteinzimmer am frühen Morgen und erreicht zusammen mit ungefähr zwanzig weiteren Bussen von verschiedenen Schiffen kurz vor der Öffnung des Palastes um 8.30 Uhr das Schloss. Dann Schlange stehen vorm Eingang und im Schnelldurchgang in großen Gruppen durch die Palasträume, ohne einmal anzuhalten, und die Pracht auf sich wirken zu lassen. Wir fühlen uns ein wenig wie chinesische Touristen in Schloss Neuschwanstein. Als wir um 10.30 Uhr Palast und Garten verlassen, warten keine Touristengruppen mehr auf Einlass.
Individueller als mit dem Massenausflug kann man auch schon jetzt im durch Costa Kreuzfahrten vermittelten Wagen oder Van die Stadt erleben. Das gönnen wir uns mit einer der mitreisenden Familien am nächsten Tag und erkunden mit sechs Personen die Stadt, chauffiert von einem Fahrer und geführt durch eine deutschsprachige Reiseführerin. Mit 399 Euro für den Van inklusive Guide und Chauffeur für 4 Stunden kein ganz günstiges Erlebnis. Aber eines, das seinen Preis wert ist. Wir genießen den Tag und freuen uns über die kundige Reiseführerin, die uns die Stadt und Geschichte im perfekten Deutsch erklärt. Das hat auch den beiden Kleinkindern in unserer Gruppe gefallen.
VIEL AMORE FÜR DIE BAMBINI
Wobei die beiden das Kinderprogramm an Bord noch mehr schätzen. Der Kinderclub bietet Betreuung während der Abfahrten ab Deutschland auch in Deutsch an und ist bis Mitternacht geöffnet. Deshalb geht es nach dem Abendessen regelmäßig noch mal in den Kinderclub zur Kinderdisco mit Peppa Pig.
Auch deutsche Familien genießen so Urlaub im mediterranen Stil und selbst die Kleinkinder dürfen wie in Italien üblich bis spät abends aufbleiben.
Im Hauptrestaurant gibt es spezielle Kindermenüs – natürlich italienisch inklusive Pastagang – und auch der Hochstuhl für das Kleinkind an unserem 10er-tisch steht jeden Abend schon bereit. Erstaunlich entspannt reist man so auch als Großfamilie. Und da die Atmosphäre auf der Costa Pacifica ohnehin temperamentvoll ist, stören auch lebhaftere Kinder, die mit den Kindern vom Nachbartisch spielen, die Mitreisenden beim Dinner nicht weiter.
Abwechslungsreich ist auch das Programm für Jugendliche. Tanz- und Musikkurse, Poolpartys, gemeinsames Dinner oder Events wie die Wahl zum Mr. Pacifica (die es auch für die Seniors an Bord gibt) stehen auf der Agenda der Reise.
VIEL LOS IN TALLINN,
BERNSTEIN SUCHEN IN KLAIPEDA
Die alte Handelsstadt Tallinn in Estland lockt mit einer gut erhaltenen mittelalterlichen Altstadt. Das Stadttor liegt einen kurzen Fußweg von 15 Minuten vom Kreuzfahrtterminal entfernt.
Die Costa Pacifica bietet trotzdem einen Shuttleservice gegen Aufpreis ins Stadtzentrum an. Da wir bereits mittags wieder ablegen, muss heute ein kurzer Stadtrundgang reichen. Die Atmosphäre der Stadt fasziniert uns trotz vieler Kreuzfahrttouristen, die die Stadt füllen. Der Hafen von Tallin will weiter expandieren und zusätzliche Kreuzfahrtpiere eröffnen. In den kleineren Städten in der Ostsee kann es im Sommer so voll werden, dass bei weiterer Expansion Overtourism ein Thema werden kann.
Deutlich ruhiger und entspannter geht es im lettischen Hafen von Klaipėda zu. Hier liegt die Costa Pacifica als einziges Kreuzfahrtschiff im Hafen. Direkt gegenüber der Stadt liegt das Naturschutzgebiet der kurischen Nehrung. Die Halbinsel, die sich über fast 100 Kilometer vor Lettland und dem russischen Kaliningrad – dem ehemaligen Königsberg – erstreckt, ist ein Naturparadies.
Ein endloser Strand vor dichtem Wald. Dieses Gebiet hat schon Thomas Mann in den Bann gezogen, der hier einige Sommer verbrachte.
Wir genießen zu zehnt einen Sommertag mit einem privat organisierten Ausflug, den wir auf eine Empfehlung hin über amberguide.lt gebucht haben. Igoris Osnać und sein Sohn erklären uns auf Deutsch die Besonderheiten der Halbinsel, suchen gemeinsam mit uns Bernsteine am Strand, ersteigen die Wanderdünen und führen uns zu einer entspannten Brotzeit am Meer – inklusive Räucherfisch. Ein rundum gelungener Ausflug und eine schöne
Abwechslung zu den Städtetouren in den weiteren Häfen dieser Reise.
DANZIG ORGANISIERT
Danzig besichtigen wir erneut mit einem Schiffsausflug. Nach der ersten Erfahrung im Katharinenpalast in St. Petersburg, hatten wir erst überlegt, die Ausflugstickets zurück zu geben. Doch Costa Kreuzfahrten ist hier wenig kulant. Anders als branchenüblich können einmal gebuchte Tickets nicht mehr storniert werden, auch nicht mehrere Tage vor dem Ausflug. Die Ausflugscrew zeigte sich da auch wenig hilfsbereit. Lediglich mit einem Attest vom Schiffsarzt hätten wir die Tickets zurückgeben können.
Der Stadtspaziergang durch Danzig ist aber dann doch informativ und die Busanreise vom Hafen in Gdynia bequemer als der Weg zum Bahnhof und weiter mit der S-bahn. Einen Shuttlebus nach Danzig bietet Costa Kreuzfahrten nicht an.
Schade nur, dass bei der Buchung des Ausflugs nicht erkennbar ist, wann der Ausflug startet. In unserem Fall beginnt unsere Tour erst nachmittags um 14 Uhr und Rückkehr ist fast eine Stunde nach Beginn der Essenszeit. Der Oberkellner ermöglicht uns trotzdem noch das Dinner im Hauptrestaurant. Aber die Information, dass man bei dem Ausflug ggf. später auf das Buffetrestaurant ausweichen muss, hätten wir trotzdem gerne schon bei der Auswahl des Ausflugs gehabt.
Obwohl Danzig zu Ende des zweiten Weltkriegs fast vollständig zerstört wurde, glänzt die Stadt heute wieder wie zu historischen Zeiten. Unsere Reiseleiterin Katalina erklärt uns die bewegte Geschichte der Stadt von den frühen Tagen als Hansestadt bis hin zur Solidarność-bewegung der Achtziger Jahre. Zum Abschluss bleibt auch noch ein wenig Zeit, ohne Katalina und Lollipop durch die Stadt zu schlendern.
EIN SEETAG ZUM ABSCHLUSS
Am letzten Seetag ist noch einmal Zeit die Schiffseinrichtungen auszuprobieren. Die Kinder zieht es wieder zur Kinderbetreuung. Wer möchte – und wenn die Eltern den entsprechenden Aufpreis zahlen möchten – kann den Nachwuchs in eine Prinzessin oder Kapitän für „einen Tag“verwandeln. Täglich beworben im Kinderclub. Auch weitere Highlights im Bordprogramm kann man kaum verpassen. Costa arbeitet mit vielen Borddurchsagen. Entspannung bietet ein Besuch im Wellnessbereich für die Erwachsenen und abends Show im Theater. Diese sind italienisch inspiriert, z.b. mit einem Tenor der Arien schmettert oder an einem anderen Abend ein Sänger mit einem Medley aus südeuropäischen Evergreens. Für die zahlreichen deutschen Gäste werden auch einige deutsche Songs im Programm eingeflochten. Nicht ganz das Entertainmentniveau der großen Us-linien, aber beim Costa-publikum kommt es Bestens an.
Zum Abschluss noch ein letzter Aperol in einer Bar und die Idee, demnächst wieder eine Kreuzfahrt mit mehreren Familien gemeinsam zu unternehmen. Gerade für Reisen mit Kleinkindern ist Costa Kreuzfahrten dabei eine gute Wahl.
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