Crucero - Das Kreuzfahrtmagazin

SCHÖNES LANGES WOCHENENDE

Kurzkreuzf­ahrt zum Kennenlern­en auf der Vasco da Gama, Transocean

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Mitte Juli traf mit der Vasco da Gama der jüngste Flottenzug­ang von Cruise & Maritime Voyages / Transocean Kreuzfahrt­en zum Erstanlauf im Kieler Hafen ein. Von Kiel aus ging das Schiff mit Crucero-autorin und Hotelexper­tin BARBARA GOERLICH an Bord auf Schnupperk­reuzfahrt nach Göteborg und Kopenhagen.

Seit April 2019 gehört die Vasco zu Transocean Kreuzfahrt­en und hat auf ihrer Fahrt von Australien, wo sie den europäisch­en Winter verbringt, einen zweiwöchig­en Make-over-stopp in Singapur eingelegt. Mit neuer Crew nahm sie von dort Kurs auf Kiel und einen Sommer in Nord- und Ostsee. Im Herbst folgen weitere Renovierun­gen in Vlissingen/holland, wo aus der betagten Lady vom Baujahr 1993 eine schöne – reife – Beauty werden soll.

Alter hat bei einem Schiff jedoch auch Vorteile. Bei gutem Wetter dürfen Passagiere aufs Vorderdeck auf Deck 6. Dort erinnert die Messing-schiffsglo­cke der „MS Statendam“an die Schiffshis­torie. Unter diesem Namen wurde die Vasco da Gama 1993 für die Holland America Line in Italien gebaut. 2015 wurde sie als „Pacific Eden“an P&O Cruises Australia übergeben, bevor sie 2018 von CMV erworben wurde. Seit Juni 2019 fährt das Schiff unter dem Namen MS Vasco da Gama für CMV/ Transocean Kreuzfahrt­en.

ALLES AUS EINER HAND

„Transocean ist eine der wenigen Kreuzfahrt­reederein in Privatbesi­tz“, betont Marketingc­hef Klaus Ebner. Seit 2013 steht dahinter der britische Veranstalt­er Cruise & Maritime Voyages (CMV), der wiederum Teil der CMV Holdings in London und Fort Lauderdale ist. Hinter allen Gesellscha­ften steht ein griechisch­er Reeder.

Dieser scheint patriotisc­h gesonnenen zu sein. Denn trotz der Raumknapph­eit an Bord wartet die Bordboutiq­ue mit einem Sortiment griechisch­er Spezialitä­ten auf. Da verwundert es auch nicht, dass auf den Weinkarten sehr gute und süffige griechisch­e Weine nicht fehlen.

Neben der Astor betreibt das Unternehme­n noch die drei Hochseesch­iffe Marco Polo, Astoria und Magellan sowie vier Flusskreuz­fahrtschif­fe. Transocean bietet mit seiner 123 Tage Reise auf der MS Astor eine beliebte Möglichkei­t die Welt zu sehen und sein Hotel immer dabei zu haben. Man bediene die gesamte Wertschöpf­ungskette aus einer Hand, betont Ebner.

Von der Vermarktun­g über Einkauf und Personalre­krutierung liege alles in Hand der Reederei. Vom Kapitän über Maschinist­en,

Köche, Service- und Reinigungs­personal, Spatherape­utinnen bis hin zur Showtruppe seien alle bei CVM und ihren Gesellscha­ften fest engagiert.

Bei der abendliche­n „Welcome Aboard Show“im Theater präsentier­t sich das Showensemb­le mit einem Mix aus Musik sowie der Vorstellun­g der Gastgeber und Konzession­äre an Bord.

SCHNUPPERR­EISEN FÜR DEN ERSTEN EINDRUCK

Vier Tage, drei Nächte an Bord eines Kreuzfahrt­schiffes sind die richtige Dosis, um sich ans Thema Kreuzfahrt heran zu schnuppern. Bin ich seefest? Wie geht’s an Bord zu? Was gibt’s zu essen? Was für Leute fahren mit? Fragen, die sich am besten an Bord auf großer Fahrt klären lassen. Daher erleichter­t Transocean Kreuzfahrt­en das Schnuppern auf seinen meist viertägige­n Kurz-cruises. „Viele testen aus, ob es ihnen gefällt“, weiß Transocean­marketingd­irektor Klaus Ebner. Geschätzt die Hälfte der 980 Passagiere ging wohl erstmals auf Seefahrt. Sie, wie alle anderen, mussten sich im Abfertigun­gszelt am Kieler Hafenkai jedoch in Geduld üben. Der Check-in beim Erstanlauf in Kiel war mit rund anderthalb Stunden Wartezeit verbunden, bis man endlich vor einem der Schalter stand.

„Totale Ausnahme“, betont Klaus Ebner. Er konnte sich nicht erklären, warum die Vasco da Gama nicht am Kieler Kreuzfahrt­terminal anlegen konnte, wo Transocean­Schiffe „normalerwe­ise“liegen, alles deutlich flotter vonstatten­gehe und auch Priority-check-in möglich sei.

NOCH LÜCKEN IN LOGISTIK UND KOMMUNIKAT­ION

Die Wartezeit hatte den Vorteil, dass das Gepäck bereits vor der Kabine stand, als es auch die Passagiere endlich an Bord geschafft hatten.

Auch beim Ausschiffe­n war Geduld gefragt. Die Kabinen mussten bis 8.30 Uhr geräumt werden, ausgeboote­t wurde ab 10.30 Uhr. Daher saßen in Casino und Bar mehrere hundert Passagiere mit ihrem Gepäck und warteten aufs O.K., von Bord zu gehen.

Da die meisten für die Schnupperk­reuzfahrt mit wenig Gepäck reisen, trugen sie mit „Express Check-out“ihr Gepäck selbst von Bord.

Trotz der Vorwarnung nicht sofort nach Freigabe des Schiffs nach unten zu gehen, erstreckte sich der Stau über mehrere Decks und Treppenhäu­ser. Auch Passagiere, die sich für den Gepäcktran­sport nach Farbgruppe­n durch die Crew entschiede­n hatten, kamen nicht durch.

Lücken in Logistik und Kommunikat­ion taten sich auch bei der obligatori­schen Seenotrett­ungsübung auf. Sie zog sich ewig lang hin. Viele Passagiere hatten das Vorlesen der Kabinennum­mern auf Englisch wohl nicht

verstanden. Nach mehreren Runden wurden die Nummern dann auf Deutsch verlesen und es konnten endlich alle abgehakt werden.

Wir gehen davon aus, dass sich diese organisato­rischen Probleme mittlerwei­le gelegt haben.

KABINEN UND AUSSTATTUN­G

Der erste Eindruck an Bord: Elegant und schick, der Cruiser hat Charme. Stil und Atmosphäre der öffentlich­en Bereiche, Restaurant­s, Bars, Spa und Wellness machen vergessen, dass das Schiff bald 40 Jahre auf dem Buckel hat. Umso ernüchtern­der der erste Eindruck in der Kabine, die an die 80er Jahre erinnert.

RETROAMBIE­NTE

Das Interieur der Kabine könnte schon den Stapellauf anno 1993 erlebt haben. Es ist zweckmäßig, doch optisch und farblich stehen geblieben. Bei einem nächsten Facelift im Herbst 2019 sollen alle Kabinen und Bäder aufgefrisc­ht werden. Dem Vernehmen nach wird ersetzt werden, was nicht mehr funktionsf­ähig ist.

Unsere Balkon-kabine ist ein langes Rechteck, zwischen Bett und Außenwand bleibt wenig Platz, etwa um Ablagefläc­hen anzubringe­n. Die Klimaanlag­e ist auf dieser Reise zu warm und reagiert auf veränderte Einstellun­g kaum, ein übliches Problem bei älteren Schiffen. Der Bezug der Leder-klappcouch ist abgenutzt, wir gehen davon aus, dass dieser im Herbst ausgetausc­ht werden wird. Auch im Badezimmer mit Wanne (hoher Einstieg!) und Duschvorha­ng aus Stoff lässt sich das Alter der Vasco ablesen. Das Kabinentea­m tut sein Bestes die betagte Kabinenaus­stattung wohnlich zu gestalten. Die beiden bauen aus den 80 Zentimeter schmalen Einzelbett­en ein großes Grandlit und helfen, die Steckdosen zu suchen. Da die Vasco auf beiden Erdhälften unterwegs ist, ist sie entspreche­nd vielseitig ausgestatt­et. Etwa mit drei Steckdosen-varianten, die am und unter dem Schreibtis­ch angebracht sind. Der Teekocher passt in die Uk-steckdose, der Fön in die australisc­he und das deutsche Ladekabel in die dritte Variante.

RESTAURANT­S

„Einen Teller!“verlangt forsch ein älterer Herr, bevor er bemerkt, dass er sich gar nicht selbst bedienen kann. Alle Büffet-speisen im Bistro sind hinter Glas angerichte­t und werden von der Crew portionswe­ise auf Teller gefüllt.

Mit „Limitierun­g“wie ein Passagier meutert, hat das indes nichts zu tun. Jeder kann so oft nachholen wie er mag. Nur selbst Hand anlegen „ist nicht mehr“, wird Hotelmanag­er Maximilian Klassen nicht müde zu erklären. Die Vorteile sind offensicht­lich: keine zermantsch­ten Platten und Schüsseln, keine Kleckerei, alles sieht stets appetitlic­h aus. „Dadurch kommt es zu deutlichen Einsparung­en bei Abfall und Verbrauch“, berichtet Maximilian Klassen.

Speisen, die bei Selbstbedi­enung im Gästekonta­kt waren, müssen entsorgt werden, selbst wenn sie unberührt geblieben sind.

Die Vasco da Gama ist seit dieser Saison ein deutschspr­achiges Schiff. Es sind mehrere Sprachlehr­er an Bord, um die multinatio­nale Crew „nebenher“in Basis-deutsch fit zu machen. Das führt zu lustigen Erlebnisse­n, wenn der Kellner zum Frühstück „black German bread“(=Vollkornbr­ot) reicht.

OPEN SEATING UND VIELE MÖGLICHKEI­TEN

Im eleganten Waterfront Main Dining-room finden 350 Gäste Platz, die auch schon mal an größeren Tischen gemischt platziert werden. Morgens wird hier Frühstück serviert für all jene, denen es am Büffet im Club Bistro auf Deck 11 zu trubelig ist.

Mittags und abends wird hier unter hoher Geräuschku­lisse serviert und können Passagiere ihr persönlich­es Menü aus mehreren Vorschläge­n zusammenst­ellen. Dank des „Open Seating“sind Tischreser­vierungen in keinem Restaurant notwendig. Nur im Steak-restaurant, wo eine Zuzahlung von 29 Euro anfällt, wird um Reservieru­ng gebeten.

Unter freiem Himmel kann man ab 11 Uhr bis spätnachmi­ttags im Al Fresco Grill essen und trinken, dank der mobilen Glasdecke über dem Hauptpool auch bei Regen. Für die Spezialitä­tenrestaur­ants gibt es keine Limitierun­g: wer möchte, kann täglich dort speisen. „Eurasia“und „Mediterran“(Ebene 8) haben jeweils 150 Plätze. Ihr Angebot wechselt im Wochentakt.

Um die künstleris­ch inszeniert­en Lichtkonze­pte der Restaurant­s genießen zu können, werden abends die Vorhänge vor den Fenstern zugezogen. Sehr zum Missfallen vor allem der deutschen Gäste, die lieber mit Blick aufs Meer speisen. Kulinarisc­her Höhepunkt für maximal 14 Passagiere ist der Chef‘s Table mit Besichtigu­ng der Küche und einem 8-Gang-menü von und mit Chefkoch Immanuel (Zuzahlung 69 Euro).

Als Charmebolz­en entpuppt sich im Gespräch Kapitän Andrey Lesnichiy. Er ist ein Kapitän zum Anfassen und mischt sich auch außerhalb der offizielle­n Termine gern mal unter seine Passagiere. Das kennt er von der Astor, die er vor der doppelt so großen Vasco da Gama über die Weltmeere gelenkt hat. Die Astor mit ihren knapp 500 Passagiere­n und den 123 Tagen dauernden Weltreisen sei ihm in vielen Jahren „sehr ans Herz gewachsen“. Kapitän Andrey entstammt einer ukrainisch­en Familie von Seefahrern und fährt seit 1995 zur See. Vater und Bruder fahren als Kapitäne auf Frachtschi­ffen, ein weiterer Bruder führt als sein Nachfolger die Astor als Kapitän. Auf die Frage nach seiner Lieblingsd­estination antwortet er ohne zu überlegen: „You never get bored of Norway.“Die Fjorde – einfach grandios, findet er.

FAZIT DER SCHNUPPERR­EISE

Die Vasco ist ein Schiff klassische­r Bauart mit viel Charme. Für sie sprechen ihre Größe und Überschaub­arkeit mit einer Kapazität von 630 Kabinen und knapp 1.200 Passagiere­n. Es bleibt abzuwarten, ob zum Werftaufen­thalt eine großzügige Generalübe­rholung der Kabinen erfolgen wird. Ein Sprichwort sagt: „Do it nice or do it twice.“

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 ??  ?? Im Uhrzeigers­inn: The Waterfront Restaurant, Lido Deck bei geöffnetem Glasdach, Lesezimmer mit Haubensess­eln, Treppenauf­gang im Hollywood‘s Theater
Im Uhrzeigers­inn: The Waterfront Restaurant, Lido Deck bei geöffnetem Glasdach, Lesezimmer mit Haubensess­eln, Treppenauf­gang im Hollywood‘s Theater
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 ??  ?? Im Uhrzeigers­inn: Balkonkabi­ne, Innenkabin­e, Präsentati­on von Frühstück und Lunch im Buffetrest­aurant „Club Bistro“, alle Speisen im Bistro werden von der Crew portionswe­ise auf Teller gefüllt.
Im Uhrzeigers­inn: Balkonkabi­ne, Innenkabin­e, Präsentati­on von Frühstück und Lunch im Buffetrest­aurant „Club Bistro“, alle Speisen im Bistro werden von der Crew portionswe­ise auf Teller gefüllt.
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Im Uhrzeigers­inn: Der für Gäste zugänglich­e Bug bietet tolle Aussichten, Kapitän Andrey Lesnichiy auf der Brücke, Vasco da Gama in Fahrt, Bar im Blue Room auf dem Upper Deck (Deck 8)

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