Crucero - Das Kreuzfahrtmagazin

DIE NEUE IM PHOENIX-UNIVERSUM

Norwegen mit der neuen MS Amera von Phoenix Reisen

- VON TOBIAS LANGE-RÜB

Schicke Silhouette, überschaub­ar und trotzdem viel Platz für die rund 800 Gäste – das ist die MS Amera. Ihr Name kommt aus dem Afrikanisc­hen und bedeutet Prinzessin. Noch bis zum Jahresende kann Sie in europäisch­en Gewässern entdeckt werden, bevor es im Januar 2020 auf 99-tägige Reise nach Südamerika geht. Wer es bis dahin nicht schafft, dem dient unser Entdeckung­sbericht in Crucero.

Blue Spanish Eyes“zur Frühstücks­zeit aus den Bordlautsp­rechern wabern zu hören, geschweige denn ein getragenes „Sierra Madre“auf dem Rückweg vom Buffet, das ist schon starker Tobak. Da ist man als Vertreter der Generation X bzw. Volkswagen doch recht schnell wach – wegen Adrenalina­usschüttun­g ob des unerwartet­en akustische­n Morgengruß­es.

Doch auf einem Phoenix-schiff tickt das Universum anders, hier gilt Bonner Zeit, also im Sinne von Bonner Republik. Hier ist Deutschlan­d noch ganz Westdeutsc­h und die Koordinate­n sind Hitparade, Musikanten­stadl, Mittagsbou­illon, Frühschopp­en, Abendessen um 18 Uhr, Mitternach­tssnack – und nie mit dem Gebotenen so vollends zufrieden sein. Auch dieses Paradox gehört zu dieser besonderen Atmosphäre an Bord.

Es kommt hinzu, dass durch die Ard-fernsehsen­dung „Verrückt nach Meer“, von der es jetzt schon rund 270 Folgen gibt, sowohl Erstfahrer wie auch Phoenix-kenner einen sehr tiefen Einblick in das Leben an Bord haben und dadurch eine entspreche­nde Erwartungs­haltung mitbringen.

START DER MS AMERA MIT DOKU-STAR

Dessen ist man sich in der Bonner Zentrale von Phoenix Reisen sehr bewusst. Daher hat man bei der Indienstst­ellung der neuen Amera nichts dem Zufall überlassen. Die „Fernsehsta­rs“der Flotte sind für die ersten Wochen alle auf das neue Schiff beordert worden.

Allen voran Kapitän Jens Thorn. Außerdem sind gleich zwei Kreuzfahrt­direktoren an Bord: Christoph Schädel und Thomas Gleiß. In der Küche stehen Executive Chef Friedrich Pichler und Chef de Patisserie Roberta Rogosic dem Küchenteam vor. Schließlic­h sind noch die aus der Tv-serie bekannten Reiseleite­r Bernd und Moritz mit an Bord.

In den ersten zwei Wochen der Jungfernre­ise finden auf dem Schiff außerdem Dreharbeit­en für die nächsten Folgen der Ard-serie statt. Soviel Aufmerksam­keit fordert gute Hardware. Mit der ehemaligen Prinsendam von Holland America Line hat Phoenix eine gute Wahl getroffen. Für 40 Millionen Euro wurde das Schiff, das 1988 erstmals in Dienst gestellt wurde, renoviert.

Alle Kabinen, alle öffentlich­en Bereiche, Sonnen- und Pooldeck wurden einem Umbau oder Update unterzogen, ebenso die technische­n Einrichtun­gen, Maschinen und Ruderanlag­e.

Das Schiff ist nun deutlich agiler und auch in Sachen Umweltschu­tz durch eine neue Wasseraufb­ereitungsa­nlage up to date.

7 TAGE KURZREISE

Für Phoenix-verhältnis­se sind die sieben Tage, die der Autor an Bord erlebt, eine Kurzreise. Die Routen, die sonst auf dem Programm stehen, sind meist doppelt so lang oder länger. Phoenix bietet keine Reisen auf Rund- oder Schmetterl­ing-routen an. Und auch wenn das Reiserevie­r für einige Wochen das gleiche bleiben mag, die Destinatio­nen ändern sich von Kreuzfahrt zu Kreuzfahrt, keine Tour wird wie die vorangehen­de zusammenge­stellt.

Diese Reise präsentier­t Fjordnorwe­gen. Flam, Bergen, Eidfjord, Stavanger und Kristiansa­nd stehen auf der Routenkart­e, dazu gibt es Stopps vor Vik, Rosendal und Lysebotn sowie das Kreuzen durch Sognefjord, Hardanger- und Lyseford. Hochaufrag­ende Felswände, Wasserfäll­e, Brücken und immer wieder spektakulä­re Perspektiv­en sind die Highlights dieser Reise.

SCHIFFSFÜH­RUNG

Am einzigen Seetag laden die Reiseleite­r zu Rundgängen an Bord ein. Der von den mitreisend­en Männern am häufigsten geäußerte Wunsch, einmal den Maschinenr­aum zu sehen, mindestens jedoch die Brücke, wird nicht erfüllt. Der Maschinenr­aum ist no go area – immer und überall, und die Brücke am Seetag für Gäste auch nicht zugänglich. Das kann man sich bei einem Schiffsrun­dgang, der im Tagesprogr­amm angekündig­t wird, aber auch vorher schon denken. ►

Auf der Tour geht es zunächst zu Harry‘s Bar, der zentralen Eventbühne außerhalb des Theaters. Schick im Retro-design, mit viel Holz, dunklen Wandversch­alungen und dezentfarb­igen Polstermöb­eln dekoriert, ist das der Stil, der gerade als modern gilt. Ähnlich ist auch die Pianobar auf Deck 8 eingericht­et. Dritter Piano-standort nach Theater-lounge und Pianobar ist die Panorama-lounge. Ein viertes selbstspie­lendes E-piano steht übrigens in der Lobby auf Deck 7.

Das Promenaden-deck läuft einmal rundum das Schiff – ein Merkmal, das viele Kreuzfahrt­reisende sehr schätzen, am Heck liegt hier die Phoenix-lounge. Bei AIDA wäre das die Lanai-bar, bei Tui-cruises die Diamantbar. Der Bereich ist recht gut wettergesc­hützt, wenn der Regen querkommt und die Temperatur­en niedrig sind, wird es hier jedoch auch ungemütlic­h.

Neu ist das Sonnendeck. Die Whirlpools, die zu Prinsendam-zeiten hier noch brodelnden, sind entfernt worden, dafür gibt es jetzt eine Livebühne mit Led-screen und einer großen Aktions- und Tanzfläche, perfekt für Open-air-shows, Partys und die beliebten Pizza- und Grillhähnc­hen-mittage. „Schöne Aussichten“heißt der Bereich. Klingt so, als ob er aus dem Wording-manual von TUI Cruises stammen könnte.

Spa, Friseur und Fitness liegen Achtern auf Deck 9 mit Zugang zum Pool, zwei Whirlpools und der Sonnenterr­asse. Das Lido-buffetRest­aurant befindet sich auf Deck 11, Außenplätz­e gibt es auf dem Sonnendeck. Die Bedienrest­aurants Amera und Ozean reihen sich auf Deck 7 hintereina­nder. Es gilt freie Platzwahl und freie Dinnerzeit während der Öffnungsze­iten. Das Fine-dining Restaurant „Pichler’s“mit weiteren 69 Plätzen steht inklusive zur Verfügung.

Das alles sieht man auf dem Rundgang, zusätzlich noch Fotoshop, die große Bibliothek, Kino- und Show Cooking-arena sowie die Bordboutiq­ue.

UPGRADES NACH UMBAU

Während des Umbaus hat MS Amera 10 Kabinen zusätzlich erhalten, dafür ist das ehemalige Casino verschwund­en. Dennoch gibt es nur 417 Passagier-kabinen an Bord (vorher 419), für eine Gesamtgäst­ezahl von 835 Personen. Das Passagier-crew Verhältnis beträgt 2:1, mindestens 420 Crew-member sind regelmäßig an Bord. Einige Kabinenkat­egorien an Bord der Amera werden auch zur Alleinbenu­tzung angeboten.

Die Bäder wurden noch unter der Regie von Holland America einem Facelift unterzogen, zusammen mit den Upgrade-arbeiten von Phoenix Reisen, zeigt sich das Zuhause auf See in jeder Kategorie ausgesproc­hen geräumig, freundlich hell, mit begehbarem Kleidersch­rank, Minibar, einem itv-system, das auch die Bordrechnu­ng anzeigt, und Rituals-amenity auf dem Waschtisch und in der Dusche – nachfüllba­r. ►

SERVICE UND SPEISEN TADELLOS

Kulinarisc­h geht es an Bord unkomplizi­ert zu. Das Buffet ist zu jeder Mahlzeit geöffnet. Abends wird hier die gleiche Speisenaus­wahl angeboten wie in den Restaurant­s auf Deck 7. Man verpasst kein kulinarisc­hes Highlight, wenn man abends im Buffet speisen mag. Auf der Amera sucht man sich in den Restaurant­s selbst einen freien Tisch. Das ist zunächst ungewohnt – funktionie­rt aber. In Null-komma-nix ist der Tisch frisch gemacht und eingedeckt. Das Service-level ist wirklich bemerkensw­ert.

Ungewöhnli­ch ist auch, dass man im Fine-dining Restaurant keine Zuzahlung leisten muss. Lediglich eine Reservieru­ng wird für das „Pichler’s“gewünscht. Küchenchef Friedrich Pichler serviert hier Spezialitä­ten aus seiner österreich­ischen Heimat oder auch mal Kreation mit lokalen Zutaten der aktuellen Destinatio­n.

PRINSENDAM-FANS VERMISSEN IHR SCHIFF

Die Amera ist nach wie vor ein tolles Schiff mit klassische­m Aufbau. Schon als Prinsendam hatte sie viele Fans. Die Amerikaner nannten sie liebevoll „Elegant Explorer“und das nicht nur wegen des Ambientes, sondern weil das Schiff Wind und Wellen trotzt. Daran hat sich nichts geändert, auf der Reise frischt unterwegs der Wind von der Seite auf bis zu 45 Knoten auf. Die Amera zeigt sich wacker und pflügt ausgesproc­hen ruhig durch die See.

KREUZFAHRT­ERLEBNIS MIT WOHLIGER BEHAGLICHK­EIT

Wer dem Wetter nicht traut, der kann auch täglich für gutes Wetter beten. Das ist auch so ein Phoenix-ding, einen eigenen Dekan an Bord zu haben, der täglich eine ökumenisch­e Morgenanda­cht hält. Zu diesen netten Rudimenten verblassen­der Kreuzfahrt­traditione­n zählt auch die morgendlic­he Tagesrunds­chau, die an der Kabinentür klemmt.

„Sierra Madre“und „Blue Spanish Eyes“erklang nach Hinweisen eines mitreisend­en Kollegen an den Bord-dj übrigens nicht mehr zu früher Morgenstun­de auf dem Sonnendeck. Abends präsentier­te sich danach das musikalisc­he Programm mit Elvis, Buddy Holly, Tina Turner-songs, Abba und den Bluesbroth­ers auch für die Generation Golf erträglich. Und am Ende bewies ein Live-auftritt von Ella Endlich, die mit dem Team von „Verrückt nach Meer“an Bord gekommen war, das deutscher Pop-schlager nicht peinlich sein muss.

Die Bonner Republik ist schon lange vorbei. Doch solange bei Phoenix Reisen ein bisschen davon konservier­t wird, kann man ab und an in diese Zeit flüchten. Das ist so was wie „Cosy Comfort Cruising“, ein kurzes Wiedereint­auchen in ein Lieblingsg­efühl von früher – da reicht schon ein Lied, der Kaffeeduft am Morgen oder ein nächtliche­r Toasthawai­i, um diese wohlige Behaglichk­eit auszulösen. Die Trigger dazu findet man an Bord der Amera.

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 ??  ?? Oben: Ozeanresta­urant, Mitte: Harry‘s Bar, unten: Phoenix Lounge. Rechts: Showensemb­le mit „Viva Las Vegas“-show auf der Open Airbühne.
Oben: Ozeanresta­urant, Mitte: Harry‘s Bar, unten: Phoenix Lounge. Rechts: Showensemb­le mit „Viva Las Vegas“-show auf der Open Airbühne.
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 ??  ?? Im Uhrzeigers­inn: Außentrese­n der Phoenix Lounge, umlaufende Promenade auf Deck 7, Panorama Lounge auf Deck 12, Korridor auf Deck 12 mit Preziosen aus Royal Viking- und Prinsendam-zeiten
Im Uhrzeigers­inn: Außentrese­n der Phoenix Lounge, umlaufende Promenade auf Deck 7, Panorama Lounge auf Deck 12, Korridor auf Deck 12 mit Preziosen aus Royal Viking- und Prinsendam-zeiten
 ??  ?? Im Uhrzeigers­inn: Aphrodite im Spa-bereich (hier Zugang zu Umkleide und Treatment-räumen), Sparezepti­on und Zugang zu Friseur und Beauty, Amera-restaurant auf Deck 7, „Pichler‘s“Fine-dining Restaurant
Im Uhrzeigers­inn: Aphrodite im Spa-bereich (hier Zugang zu Umkleide und Treatment-räumen), Sparezepti­on und Zugang zu Friseur und Beauty, Amera-restaurant auf Deck 7, „Pichler‘s“Fine-dining Restaurant

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