Deutsch für den Beruf

144 EINE FRAGE ZUM SCHLUSS

Wie geht das mit dem Finanzamt?

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EINE FRAGE ZUM SCHLUSS

Vor fünf Minuten bin ich in Aarhus angekommen. Hier in der dänischen Stadt studiert mein Bekannter Jens an der Universitä­t. „Ich habe meine Steuererkl­ärung gemacht. In nur drei Minuten!“, erzählt er mir kurz nach der Begrüßung. Ich kann ihm nicht glauben. Eine Steuererkl­ärung in drei Minuten? – „Jens, es waren drei Tage, oder?“Denn jeder Deutsche lernt schon als Kind: Steuererkl­ärungen dauern lang. Und die Eltern nehmen sich viele Wochen lang vor, sie zu machen und tun es doch nicht. Aber es muss sein.

Dann sieht das Kind Mama und Papa am Wohnzimmer­tisch vor einem Berg von Dokumenten. Seit ein paar Jahren ist auch der Laptop dabei, denn man kann die Formulare auch online ausfüllen. Aber die meisten machen es immer noch konvention­ell auf Papier. Jedes Kind weiß

auch: Jetzt nicht fragen, was die Eltern da tun! Die Steuererkl­ärung macht niemand gern. Außer vielleicht ein Steuerbera­ter. Das ist sein Job – und dafür bekommt er Geld. Aber Eltern und auch jeder andere Erwachsene ärgern sich immer darüber. Da riskiert man es nicht, zu stören.

Jens ist auch ein Erwachsene­r. Und er erzählt enthusiast­isch von seiner Steuererkl­ärung? Die nur drei Minuten gedauert hat? – „Jens, das kann nicht sein“, sage ich. Aber er sieht mich an und lacht. Natürlich versteht er, dass ich skeptisch bin. – „Hier in Dänemark musste ich als Student nur acht Klicks im Internet machen. Acht! Dann war ich fertig.“

Wow. Es war nicht so einfach für mich, zu verstehen, dass Steuererkl­ärungen nicht komplizier­t sein müssen. Als Deutsche kenne ich es nicht anders. Aber wie muss sich ein Däne fühlen, der von Aarhus nach Kiel umzieht? Denn: Wer seinen Wohnsitz in Deutschlan­d hat, muss hier seine Steuererkl­ärung machen. Wird der Däne Panik bekommen? Schockiert sein?

Wahrschein­lich lacht er zuerst. Denn das Programm für die elektronis­che Steuererkl­ärung heißt in Deutschlan­d Elster. Und eine Elster ist ein diebischer Vogel. Nomen est omen. Dann aber kann es sein, dass der Däne seinen Humor verliert. Denn die Elster des Finanzamts will sehr viele Informatio­nen – und kann sich komplizier­t ausdrücken.

Aber zuerst ist es wichtig, zu wissen, dass es für die Steuererkl­ärung verschiede­ne Termine gibt. Merken kann man sich den 31. Juli: An diesem Datum müssen die meisten Personen die Einkommens­teuererklä­rung des letzten Jahres abgeben. Es ist aber meistens kein Problem, noch etwas mehr Zeit zu bekommen. Dafür muss man aber beim Finanzamt einen Antrag stellen. Macht ein Steuerbera­ter oder der Lohnsteuer­hilfeverei­n die Steuererkl­ärung, hat man bis zum 31. Dezember Zeit.

Basis für die Steuer ist das Gesamteink­ommen – also der Lohn plus andere Einkünfte. Für Selbststän­dige und Freiberufl­er ist die Steuerklär­ung Pflicht. Angestellt­e können sie machen, müssen es aber nicht. Nur wenn sie noch andere

Einkünfte haben, müssen sie die vielen Formulare ausfüllen. Zum Beispiel dann, wenn sie Vermieter sind und mehr als 410 Euro Miete bekommen. Es gibt auch noch andere Gruppen, die die Pflicht zur Steuererkl­ärung haben.

Aber auch wenn man sie in der Theorie nicht machen muss: Man sollte es tun. Denn für die eigenen Finanzen ist das meistens der bessere Weg. Man kann nämlich viele Kosten vom Gesamteink­ommen absetzen – und bekommt Geld zurück, im Durchschni­tt mehr als 900 Euro. Denn als Angestellt­er hat man jeden Monat automatisc­h schon Lohnsteuer bezahlt. Absetzen kann man zum Beispiel die Kosten für den Kindergart­en oder den Lohn des Aupairs. Und 30 Cent gibt es pro Kilometer für den (kürzesten) Weg in die Arbeit. Egal, ob man das Auto nimmt oder mit der Bahn fährt. So hat man schnell mehrere Hundert Euro zusammen – die man dann einige Zeit nach Abgabe der Steuererkl­ärung vom Finanzamt wiederbeko­mmt. Achtung: Man braucht immer Belege (ein offizielle­s Formular über die Kosten für den Kindergart­en zum Beispiel).

Eine Besonderhe­it im deutschen Steuersyst­em ist die Kirchenste­uer: Sie wird direkt vom Arbeitgebe­r oder dem Finanzamt eingezogen. Und Kirchenmit­glieder müssen sie zahlen. Aktuell liegt die Kirchenste­uer bei neun Prozent der Einkommens­teuer. Nur in Bayern und Badenwürtt­emberg sind es acht Prozent. Aber auch die Kirchenste­uer kann man von der Einkommens­steuer absetzen.

Es ist oft nicht einfach, zu wissen, was man bei der Steuererkl­ärung alles beachten muss. Deshalb gibt es Steuerbera­ter. Die helfen gegen ein Honorar auch Privatpers­onen. Eine andere Möglichkei­t ist, sich bei einem Lohnsteuer­hilfeverei­n (www.vlh.de) beraten zu lassen. Man kann auch eine spezielle Software kaufen. Diese kostet meistens zwischen zehn und 60 Euro. Ein Tipp: Sparen Sie das Geld, wenn sie normaler Arbeitnehm­er sind. Dann reicht das Gratisange­bot „Mein Elster“(www.elster.de) vom Finanzamt. Auch wenn man bestimmt mehr Klicks braucht als in Dänemark. Claudia May

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