Was ist ein Minijob?
Nicht mehr als 450 Euro im Monat darf man bei einem Minijob verdienen. Was macht diesen Job so anders? Und warum kann man das Modell auch kritisieren?
VIER FRAGENZUM START
Marionetten-männer stehen in einem Haus. Sie tragen rote Zipfelmützen. „Warum sind unsere Bettchen nicht gemacht?“, fragt einer. „Warum sind unsere Tellerchen nicht gespült?“, fragt ein anderer. Er zeigt auf den Tisch mit den kleinen blauen Tellern und Tassen. Alles ist dreckig. Da kommt ein hübsches Marionetten-mädchen mit schwarzen Haaren ins Zimmer. „Solange ihr mich nicht bei der Minijob-zentrale anmeldet, läuft hier gar nichts!“, ruft es. Dem Publikum ist schon lange klar: Hier redet Schneewittchen mit den sieben Zwergen. Aber aus dem Märchen und dem legendären Disney-film kennt man diesen Dialog nicht. Er ist nämlich aus einem Fernsehspot der Minijob-zentrale.
Schneewittchen redet weiter, erzählt, wie die Zwerge Steuern sparen können. „Und was ist, wenn mir ein Unfall passiert?“, fragt das Mädchen zum Schluss. Nur wenige Sekunden später steht eine alte Marionetten-dame vor der Tür. „Äpfel! Frische Äpfel!“ruft sie. Jetzt weiß das Publikum: Schneewittchens Unfall wird sehr bald Realität.
Der Fernsehspot ist lustig, soll aber eines deutlich machen: Haushaltshilfen muss jeder offiziell anmelden (siehe auch www.minijob-zentrale.de). Trotzdem ist das oft nicht so: Von den 3,6 Millionen Haushaltshilfen in Deutschland arbeiten 80 Prozent illegal. Sie sind also nicht angemeldet. Dabei ist es besonders für Privatpersonen sehr einfach, seine Haushaltshilfe zu legalisieren: mit einem Minijob.
Ein Minijob ist der kleinste offizielle Job in Deutschland. Ein anderer Name dafür ist 450-Euro-job. Denn 450 Euro sind das Limit: Mehr darf man im Monat nicht regelmäßig verdienen. Im Jahr sind das 5400 Euro. Verdient jemand bei einer Arbeit mehr, ist diese kein Minijob.
Auch im Minijob gilt: Der Arbeitgeber muss pro Stunde einen Lohn von mindestens 8,84 Euro bezahlen. Auch sonst sind viele Dinge genauso wie bei einem Vollzeitjob: Der Arbeitnehmer bekommt zum Beispiel auch bei Krankheit seinen Lohn, hat Urlaub – und Kündigungsschutz.
Trotzdem ist vieles anders als bei Vollzeitjobs. Ein wichtiger Faktor: Steuern. Minijobber zahlen meistens nur Beiträge zur Rentenversicherung. Es bleibt also viel von der Summe auf dem eigenen Konto. Auch Arbeitgeber zahlen nicht viel für die bekannten Extras, wie Beiträge an die Krankenkasse. Besonders dann nicht, wenn sie Privatpersonen sind. Eine regelmäßige Haushaltshilfe wie Schneewittchen kostet die sieben Zwerge also relativ wenig: Arbeitet die Prinzessin für 450 Euro im Monat, müssen die kleinen Männer 66,60 Euro zahlen.
Davon bekommen sie aber 42,50 Euro pro Monat wieder, wenn sie ihre Steuererklärung machen. Es bleiben also Extrakosten von 24,10 Euro. Und wenn Schneewittchen nicht putzt und kocht, sondern nur auf Kinder aufpasst, können die Zwerge noch mehr wiederbekommen. Nur wenn die sieben Zwerge plötzlich eine Firma gründen, wird es etwas teurer: Dann sind die Regeln nämlich ein bisschen anders.
Auch Schneewittchen ist als Minijobberin glücklicher: Es arbeitet offiziell und hat so viele Vorteile, wie zum Beispiel eine Unfallversicherung. Es muss in dem Beispiel nur den Rentenbeitrag von 61,65 Euro im Monat selbst zahlen. Damit kann es etwas für später tun.
Auch gut zu wissen: Wenn es nicht nur bei den sieben Zwergen arbeiten will, kann es parallel noch andere Minijobs machen. Will es aber den Status einer Minijobberin behalten, darf es auch dann in der Summe nicht mehr als 450 Euro im Monat verdienen.
Als emanzipierte Marionetten-frau will Schneewittchen vielleicht auch bald in einem Vollzeitjob arbeiten. Dann kann es seinen Minijob noch dazu machen. Die vielen Vorteile (zum Beispiel die niedrigen Steuern) gelten für den einen Minijob auch in dieser Kombination.
Der kleinste Job Deutschlands ist aber nicht nur positiv. Denn: Arbeitet jemand viele Jahre nur als Minijobber, bekommt er später wenig Rente. Der Arbeitnehmer ist also finanziell vom Partner oder vom Staat abhängig. Das Problem haben Frauen genauso wie Männer: Von den circa 7,6 Millionen Minijobbern in Deutschland sind ähnlich viele weiblich wie männlich. Viele von ihnen haben nur den Minijob – und keine andere Arbeitsstelle.
Manche Politiker und Ökonomen meinen außerdem, dass der Minijob kein gutes Modell ist. Besonders nicht, um im privaten Sektor illegale Arbeit zu bekämpfen. Sie kritisieren besonders die ziemlich komplizierte Bürokratie und die restriktiven Regeln beim Lohn. Warum sonst sind vier von fünf Haushaltshilfen in Deutschland nicht korrekt angemeldet? Die Minijob-zentrale denkt natürlich anders. Illegale Arbeit will der Staat nicht akzeptieren.
Gut für die sieben Zwerge: Die Polizei war noch nicht bei ihnen. Illegales Arbeiten ist nämlich kein Kavaliersdelikt. Es ist strafbar. Und Ärger mit der Justiz können die sieben kleinen Männer wirklich nicht gebrauchen. Denn wer soll dann auf Schneewittchen aufpassen und es später dem Prinzen mitgeben, damit es bei ihm wieder aufwacht? Ein Schneewittchen, das bis an sein Lebensende mit akuten Apfelproblemen allein im Haus der sieben Zwerge liegt – das passt nicht einmal ins Märchen.