Das Handwerk hat ein Problem
Noch gibt es in Deutschland mehr junge Bewerber als Ausbildungsplätze. Im Herbst 2017 haben sich 603 500 Jugendliche bei der Bundesagentur für Arbeit gemeldet, um einen Ausbildungsplatz zu finden. Die Agentur hatte 572 000 Plätze im Angebot. Tatsächlich aber blieben fast 50 000 dieser Plätze frei – so viele wie seit 20 Jahren nicht mehr.
Lokale, Hotels und Handwerksbetriebe suchen überall im Land nach Auszubildenden. Aber Experten sagen, dass es zwischen den Betrieben und den Jugendlichen oft nicht passt. Auf der einen Seite klagen junge Frauen und Männer über lange und schwere Arbeit für wenig Geld. Auf der anderen Seite kritisieren Arbeitgeber oft eine fehlende „Ausbildungsreife“. Ausbildungsberaterin Ingrid Dünzl von der Handwerkskammer Stuttgart spricht von einem „sehr großen Problem“. Junge Leute mit guten Schulabschlüssen kommen gar nicht mehr ins Handwerk, so ihre Erfahrung. „Dagegen denken viele: ‚Wenn du ganz schlecht bist, dann gehst du einfach ins Handwerk, das geht immer.‘ Das geht aber nicht, weil wir einen so großen technischen Fortschritt erleben, dass Leute mit schlechten Schulnoten da nicht mitkommen.“
Ulrike Stodt, Bildungsprogramm-teamleiterin bei der Deutschen Bahn, sieht es ähnlich. „Früher waren die Kandidaten nur schwach in der Schule, heute kommen oft neben schlechten Noten Verhaltensauffälligkeiten dazu“, sagt sie. Viele, hat Stodt festgestellt, haben Probleme mit ganz normalen Umgangsformen und damit, sich in Gruppen zu integrieren. „Sie müssen intensiv betreut werden“, so Stodt.
Genau das machen sie jetzt bei der Bahn und auch in anderen Betrieben und bieten Nachhilfe an in Mathematik, Deutsch und Englisch. Bei der Bahn geht das Programm maximal zwölf Monate – 75 Prozent der Jugendlichen beginnen danach eine Ausbildung. Das Programm funktioniert also.