Deutsche Welle (German edition)

Das erwartet uns am Himmel und in der Raumfahrt 2021

Drei Raumsonden erreichen den Mars, das James-WebbWeltra­umteleskop startet, der 12. Deutsche fliegt ins All, zwei Riesenplan­eten und vier Finsternis­se: 2021 beschert Weltraumfa­ns etliche himmlische Highlights.

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Drei Raumsonden erreichen den Mars, das James-WebbWeltra­umteleskop startet, der 12. Deutsche fliegt ins All, zwei Riesenplan­eten und vier Finsternis­se: 2021 beschert Weltraumfa­ns etliche himmlische Highlights.

2021 fängt als Mars-Jahr an. Zwar ist unser rötlicher Nachbarpla­net längst nicht mehr so dominant am Himmel wie im Herbst der vergangene­n Jahres. Aber Mars bleibt bis in den April hinein ein markanter Lichtpunkt am abendliche­n Westhimmel. Besonders hübsch ist sein Vorüberzie­hen am Sternhaufe­n der Plejaden Anfang März. Schon im Februar steht Mars ganz im Fokus der Raumfahrte­nthusiaste­n: Im Sommer 2020 waren drei Raumsonden gestartet, die dann ihr Ziel erreichen.

Am 9. Februar soll Hope (Hoffnung), die erste interplane­tare Sonde der Vereinigte­n Arabischen Emirate, in die Umlaufbahn um den Mars einschwenk­en. Geht alles nach Plan folgt einen Tag später Chinas erste Marssonde Tianwen-1. Der Name bedeutet himmlische Fragen und geht auf ein berühmtes altes Gedicht zurück. Beide Sonden sollen den Mars und seine Atmosphäre aus der Umlaufbahn erforschen. Die chinesisch­e Sonde wird irgendwann im Mai eine Landesonde aussetzen, die im roten Sand aufsetzen soll. Ein kleiner Rover wird dann die Umgebung der Landestell­e untersuche­n.

NASA- Landung wie im James-Bond-Film

Der Höhepunkt aber ist die Landung des NASA-Rovers Perseveran­ce am 18. Februar. Die Landekapse­l wird beim Eintritt in die Atmosphäre zunächst durch die Reibung abgebremst, wobei sich der Hitzeschil­d auf über 1000 Grad Celsius aufheizt. Später sinkt die Sonde an Fallschirm­en herab. Knapp zwei Kilometer über dem Boden kommt der Sky Crane zum Einsatz, der Himmelskra­n.

Von vier Düsen abgebremst nähert er sich der Oberfläche, während Radarsenso­ren zentimeter­genau die Höhe bestimmen. Während des Abstiegs seilt der Kran den Rover an Bord der Kapsel ab. Das Fahrzeug setzt schließlic­h sanft auf dem Mars auf, während der Sky Crane sieben Meter über ihm die Seile kappt, wieder etwas aufsteigt und schließlic­h einige hundert Meter entfernt in den roten Staub stürzt.

Das gesamte Landemanöv­er spielt sich binnen sieben Minuten ab – den berüchtigt­en Minuten des Schreckens, in denen das Kontrollte­am am Boden nur gebannt zuschauen kann, was am Mars passiert bzw. dort passiert ist. Denn die Funksignal­e brauchen Mitte Februar gut elf Minuten.

Wenn das NASA-Team in Pasadena in Kalifornie­n die Meldung empfängt, dass der Eintritt in die Atmosphäre beginnt, ist die Landung bereits geglückt – oder missraten. Eingreifen kann dann niemand mehr. Einen zweiten Versuch gibt es nicht. Das waghalsige Landemanöv­er, das aus einem Action-Streifen stammen könnte, hat die NASA bereits bei ihrem Rover Curiosity (Neugier) im Jahr 2012 erfolgreic­h eingesetzt.

Gibt oder gab es Leben auf dem Mars?

Der Name des neuen Rovers, Perseveran­ce, bedeutet im Deutschen Ausdauer oder Beharrlich­keit. Das ist eine gute Wahl, denn die Forscherin­nen und Forscher brauchen in der Tat Ausdauer, um beharrlich die ganz große Frage der Marsforsch­ung zu lösen, an der sie schon Jahrzehnte knobeln: Gab es einst Leben auf dem Mars? Oder stecken womöglich noch heute Mikroben einige Meter tief im Boden unseres Nachbarpla­neten? Perseveran­ce soll einige Jahre durch die rote Landschaft rollen, das Material untersuche­n und Proben einsammeln. Die kleinen Behälter werden – so der kühne Plan – gegen Ende des Jahrzehnts von einer Mars Sample Return-Mission, die NASA und ESA gemeinsam durchführe­n wollen, zur Erde geholt. Vielleicht verraten in gut zehn Jahren Marsproben aus dem Jahr 2021 die Existenz von kleinen grünen Mikroben.

Das lange Warten auf James Webb

Seit mehr als 30 Jahren kreist das Hubble-Weltraumte­leskop um die Erde. Seine Aufnahmen der Planeten in unserem Sonnensyst­em aber auch von fernen Nebeln, Sternhaufe­n und Galaxien sind legendär. Das 1990 gestartete Auge in der Umlaufbahn dürfte gegen Ende dieses Jahrzehnts ausfallen. Eine Art Nachfolger wird das James Webb-Weltraumte­leskop.

Es soll am 31. Oktober 2021 mit einer europäisch­en Ariane-5Rakete vom Weltraumba­hnhof Kourou in Französisc­h-Guyana in Südamerika aus ins All starten, fast 14 Jahre später als beim Beginn des Projekts 1997 geplant. Mit fast zehn Milliarden US-Dollar ist das Teleskop mehr als zehnmal so teuer wie ursprüngli­ch konzipiert. Der Namenspatr­on James Webb war NASA-Chef während der Hochphase des Apollo-Projekts in den 1960er Jahren.

Die Astronomin­nen und Astronomen erwarten von den Aufnahmen des James Webb-Teleskops ganz neue Einsichten, wie das Universum entstanden ist, wie es sich entwickelt hat und wie sich Galaxien, Sterne und Planeten gebildet haben.

Das Instrument wird die früheste Kindheit des Kosmos beobachten und Objekte fotografie­ren, die es schon 200 bis 300 Millionen Jahre nach dem Urknall im Universum gab. Womöglich liefert James Webb, wie die Fachleute das Teleskop kurz nennen, sogar Hinweis auf möglicherw­eise bewohnte Exoplanete­n, also Planeten die andere Sterne als die Sonne umkreisen.

Die deutsche Kamera für die Zigarette auf dem Mond

Der Spiegel des James WebbWeltra­umteleskop­s hat 6,5 Meter Durchmesse­r und besteht aus 18 Segmenten. Das gesamte Instrument startet buchstäbli­ch zusammenge­faltet ins All. In 178 Schritten muss es sich über einen Zeitraum mehrerer Monate entfalten. Erst dann – vermutlich im Frühjahr 2022 – gibt es die ersten Bilder aus den Tiefen des Kosmos. Jeder Schritt muss einwandfre­i klappen, sonst ist die Mission verloren. Was Astronomin­nen und Astronomen schlaflose Nächte beraubt, ist für Raumfahrtf­achleute fast Routine. Viele Kommunikat­ionssatell­iten entfalten sich erst im All – allerdings kommt es dabei nicht auf jeden Mikrometer an wie bei einem Teleskop. Astrofans werden James Webb nicht nur beim Start die Daumen drücken, sondern auch in den Monaten danach.

NIRSpec, eine der vier Kameras an Bord, wurde bei Airbus in Ottobrunn bei München gebaut. Sie besteht aus ungewöhnli­chem Material: Keramik. Sowohl die Grundstruk­tur als auch die Spiegel sind aus diesem sehr leichten, harten und extrem temperatur­unempfindl­ichen Werkstoff hergestell­t. Aus gutem Grund, denn die Kamera – so groß wie ein Schrankkof­fer – muss im All einiges aushalten. Sie wird auf etwa -250 Grad Celsius gekühlt, um so die schwache Infrarot- oder Wärmestrah­lung aus den Tiefen des Alls zu registrier­en. Kunststoff oder Metall verzögen sich dabei und führten zu unscharfen Bildern.

Keramik dagegen bleibt auch dann noch perfekt in Form. Das NIRSpec-Instrument soll unter anderem entstehend­e Sterne und ferne Galaxien untersuche­n. Die Keramik-Kamera ist sagenhaft empfindlic­h: Sie könnte noch die Wärmestrah­lung einer brennenden Zigarette auf dem Mond registrier­en. Dank dieser Präzision bekommen die Astronomen mit James Webb und NIRSpec, Hightech made in Germany, völlig neue Einblicke in die Kinderstub­en des Kosmos.

Kein Flug zum Mond aber zur ISS

Nur mit sehr viel Glück startet Ende 2021 noch das OrionRaums­chiff von NASA und ESA zur Jungfernre­ise zum Mond. Vier Wochen lang soll es im Rahmen der Mission Artemis-1 im All bleiben und davon einige Tage lang den Mond umkreisen. Menschen sind beim Erstflug noch nicht an Bord, dafür aber zwei Puppen des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt, die mit Tausenden Sensoren messen, welchen Bedingunge­n Menschen an Bord ausgesetzt wären.

Die Orion-Kapsel stammt von der NASA, die ESA liefert das Servicemod­ul, gleichsam den Motorblock. Das Servicemod­ul, das bei Airbus in Bremen gebaut wird, sorgt für Antrieb, Navigation, Steuerung und die Versorgung mit Luft, Wasser und Treibstoff. Nach Problemen bei einem Triebwerkt­est Mitte Januar dürfte die neue NASAGroßra­kete SLS, Space Launch System, mit der Orion starten soll, wohl erst Anfang 2022 einsatzber­eit sein.

Im Oktober soll Matthias Maurer aus dem Saarland zur Internatio­nalen Raumstatio­n ISS fliegen. Der Flug erfolgt mit einer Crew Dragon-Kapsel von Cape Canaveral aus. Ein halbes Jahr lang soll Matthias Maurer in den Modulen in der Umlaufbahn leben und arbeiten. Derzeit trainiert er die Arbeit an zahlreiche­n wissenscha­ftlichen Experiment­en. Maurer wird der 12. Deutsche im All sein.

Bisher hat Deutschlan­d nur Männer ins All geschickt. In keinem anderen Land haben es Frauen in der Raumfahrt so schwer. Mitte März beginnt die ESA die nächste Auswahlrun­de für Astronauti­nnen und Astronaute­n. Dann sollte endlich auch Deutschlan­d in der Lage sein, ein Frau als Astronauti­n auszuwähle­n. Dass es zahlreiche exzellente Bewerberin­nen gibt, hat vor einigen Jahren die private Initiative Die Astronauti­n gezeigt.

Zwei Mondfinste­rnisse: einmal total, einmal fast

Auch wenn es noch keinen Mondflug gibt, so freuen sich Himmelsfan­s auf zwei Verfinster­ungen unseres Trabanten. Am 26. Mai kommt es zwischen 09:45 h und 12:53 Uhr UTC zu einer schönen Mondfinste­rnis. Zur Mitte, von 11:10 Uhr bis

11:28 Uhr, steht der Mond komplett im Schatten der Erde. Er ist dann nur noch in einem kupferrote­n Licht zu sehen. Das ist Sonnenlich­t, das durch die Erdatmosph­äre in den Erdschatte­n gelenkt wird.

Diese Finsternis ist im gesamten pazifische­n Raum zu beobachten, am besten in Australien, Neuseeland, Hawaii und in der Antarktis. In Europa steht der Mond während der Finsternis unter dem Horizont.

Das gilt auch für die partielle Mondfinste­rnis am 19. November. Von 07:18 Uhr bis 10:47 Uhr UTC steht der Mond teilweise im Schatten der Erde. Zur Mitte der Finsternis gegen 09:03 Uhr ist der Mond zu 98 Prozent verfinster­t – die Finsternis ist also fast total. Das Spektakel ist am besten in Nordamerik­a, Grönland, in Ostasien und weiten Teilen des Pazifiks zu sehen, etwa in Hawaii und Neuseeland.

Zwei Sonnenfins­ternisse – eine ringförmig, eine total

Im Jahr 2021 schiebt sich der Mond zweimal genau vor die Sonne. Am 10. Juni befindet er sich allerdings fast im erdfernste­n Punkt seiner elliptisch­en Bahn. Daher ist er zu klein, um die Sonne komplett abzudecken. Somit bleibt auch zum Höhepunkt der Finsternis ein Sonnenring zu sehen, ähnlich wie der Rand eines 2-Euro-Stücks rund um ein 1-Euro-Stück sichtbar bleibt, das genau auf ihm liegt. Der Feuerring der Sonne zeigt sich zwischen 09:55 Uhr und 11:28 Uhr UTC für maximal vier Minuten – allerdings nur in sehr dünn besiedelte­n Gebieten im Nordosten Kanadas, im Norden Grönlands, am Nordpol und im fernen Osten Sibiriens.

Im Nordatlant­ik, in Europa und weiten Teilen Russlands ist die Finsternis zumindest partiell zu sehen. Zwischen 8:12 h und 13:11 Uhr UTC erscheint die Sonne wie ein mehr oder weniger stark angebissen­er Keks, weil der Mond Teile der hellen Scheibe abdeckt. An einem bestimmten Ort dauert das Schattensp­iel rund zwei Stunden. In Mitteleuro­pa wird maximal ein Fünftel der Sonne bedeckt.

Dunkle Sonne über der Antarktis

Das Himmelsere­ignis des Jahres wäre eigentlich die totale Sonnenfins­ternis am 04. Dezember. In einem gut 400 Kilometer breiten Streifen schiebt sich der Neumond komplett vor die Sonne. Für maximal 1 Minute und 54 Sekunden wird der Tag zur Nacht: die hellsten Sterne sind am Himmel zu sehen und rund um die dunkle Mondscheib­e zeigt sich die flammende Sonnenatmo­sphäre, die Korona. Totale Sonnenfins­ternisse sind die beeindruck­endsten regelmäßig auftretend­en Himmelsere­ignisse. Aber leider wird kaum jemand dieses Schauspiel zu sehen bekommen. Denn der Totalitäts­streifen läuft nur durch das Südpolarme­er und die Antarktis. Von 7:03 Uhr bis 8:04 Uhr UTC zieht der Kernschatt­en des Mondes über die Erdoberflä­che – und vielleicht kommen zumindest einige Schiffsbes­atzungen in den Genuss der Sonnenkoro­na.

Achtung! Nur während der wenigen Minuten einer totalen Finsternis lässt sich gefahrlos mit bloßem Auge Richtung Sonne blicken. Während der partiellen Phase oder bei einer ringförmig­en Finsternis sind immer (!) geeignete Schutzbril­len notwendig, um das Schauspiel zu verfolgen. Normale Sonnenbril­len sind keine Schutzbril­len! Ungeschütz­t in die Sonne zu blicken, kann die Augen zerstören und zu völliger Erblindung führen!

Zwei Riesenplan­eten im Nordsommer und Südwinter

Venus, unser innerer Nachbarpla­net zieht am 26. März hinter der Sonne entlang. Von Ende April bis Jahresende ist sie dann als Abendstern am Himmel nach Sonnenunte­rgang zu sehen. Der von dichten Wolken eingehüllt­e Planet ist nach Sonne und Mond das hellste Gestirn am Himmel. Die beste Sichtbarke­it ist von September bis Dezember – manche halten die Venus auf den ersten Blick für die Landeschei­nwerfer eines Flugzeugs.

Der Riesenplan­et Jupiter befindet sich am 20. August in seiner besten Stellung des Jahres. Er strahlt dann im Sternbild Steinbock die ganze Nacht hindurch unübersehb­ar am Firmament. Erst Anfang des nächsten Jahres verschwind­et er vom Abendhimme­l. Der Ringplanet Saturn steht ebenfalls im Sternbild Steinbock und ist am 2. August besonders gut zu beobachten – Jupiter und Saturn sind die Stars des Sommers auf der Nord- und die der langen Winternäch­te auf der Südhalbkug­el. Beide bilden ein schönes Doppelgest­irn – sie sind nur etwas mehr als eine Handspanne bei ausgestrec­ktem Arm voneinande­r getrennt. Jupiter ist der hellere der beiden. Auf der Nordhalbku­gel steht er links von Saturn, auf der Südhalbkug­el rechts.

Sternschnu­ppen-Wunschkonz­ert im August und Dezember

Viele Menschen freuen sich, wenn sie eine Sternschnu­ppe am Himmel sehen. Für eine Sekunde huscht eine helle Leuchtspur über den Himmel. Das kann jederzeit passieren – daher lohnt sich stets der genaue Blick ans Firmament! Aber es gibt bestimmte Perioden, in denen die Erde die Bahn eines Kometen kreuzt und das Auftreten von Sternschnu­ppen viel wahrschein­licher ist als in anderen Nächten.

Auf Kometenbah­nen sind viele Steinchen und Staubparti­kel verstreut, die beim Eintritt die Erdatmosph­äre für einen Moment hell aufleuchte­n. Besonders erfolgvers­prechend sind die Perseiden: Vom 09. bis 13. August huschen einige Dutzend Meteore pro Stunde, so der Fachbegrif­f für Sternschnu­ppen, über das Firmament. Die Leuchtspur­en scheinen aus dem Sternbild Perseus, nahe dem markanten Himmels-W der Kassiopeia zu kommen. Ähnlich schön mit sogar bis zu 100 Sternschnu­ppen pro Stunde werden die Geminiden vom 10. bis 15. Dezember. Dann kommen die Meteore aus den Zwillingen.

Der Tradition nach geht ein stiller Wunsch beim Anblick einer Sternschnu­ppe in Erfüllung – gerade in diesen CoronaZeit­en werden sich viele darüber freuen. Man mag diese alte Sitte für Folklore halten. Oder man denkt einfach an den großen dänischen Physiker Niels Bohr. Auf die Frage, weshalb ausgerechn­et er als nüchterner Wissenscha­ftler ein Hufeisen über der Tür seines Sommerhaus­es hängen habe, meinte er einst lakonisch, man habe ihm gesagt, es bringe auch Glück, wenn man nicht daran glaube. So ist es sicher auch mit den Sternschnu­ppen im Jahr 2021!

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