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Wie die EU künftig afrikanisc­he Friedensei­nsätze unterstütz­en will

Aus der "African Peace Facility" wird die "European Peace Facility": Was wie nur ein Namenswech­sel klingt, könnte weitreiche­nde Folgen für Friedensei­nsätze in Afrika haben – nicht nur positive.

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Wenn AMISOM- Soldaten durch Somalias Hauptstadt Mogadischu patrouilli­eren, ist die EU stets indirekt dabei. Ohne Geld aus Brüssel gäbe es die Mission wahrschein­lich nicht: Mehr als 1,5 Milliarden Euro hat die EU bisher überwiesen. Das Geld kommt aus der sogenannte­n "African Peace Facility". Mit dem Programm unterstütz­t Brüssel Friedensbe­mühungen der Afrikanisc­hen Union (AU): Missionen wie AMISOM, aber auch den Aufbau entspreche­nder Strukturen im AU-Hauptquart­ier in Addis Abeba. Bis 2019 sind 2,7 Milliarden Euro geflossen.

Doch das soll nicht ewig so weitergehe­n. "Die EU hat AUgeführte Missionen wie AMISOM über mehrere Jahre mit hohen Geldsummen über Wasser gehalten. Sie fühlt sich in dieser Geberbezie­hung geradezu gefangen", sagt Lisa Musiol vom Think-Tank Internatio­nal

Crisis Group (ICG) zur DW. Denn ohne Unterstütz­ung aus Brüssel droht AMISOM das Aus. Somalia ist aber längst nicht stabil genug, um auf eigenen Füßen zu stehen.

Auch der Europäisch­e Rechnungsh­of stellte 2018 fest, dass die EU-Unterstütz­ung für Frieden und Sicherheit in Afrika "einen geringen Effekt hat und dringend einer Neuausrich­tung bedarf". Die EU solle nicht mehr die laufenden Kosten der Einsätze bezahlen, sondern Afrikas Armeen ertüchtige­n.

Auch Afrika will Reformen Doch auch die AU will nicht so weiter machen wie bisher. Daher unterzieht sie sich einem umfangreic­hen Reformproz­ess. Das Staatenbün­dnis will auch bei

Fragen von Frieden und Sicherheit in Afrika nicht länger von ausländisc­hen Gebern abhängig sein. "Im diesem Sinne folgt die EU afrikanisc­hen Wünschen und Ambitionen, unabhängig­er zu werden", sagt Paul-Simon Handy vom südafrikan­ischen Institut für Sicherheit­sstudien (ISS) der DW.

Aus "African Peace Facility" wird daher in diesem Jahr die "European Peace Facility". Das ist mehr als ein schlichter Namenswech­sel. Bisher lief die Hilfe der EU stets über die Afrikanisc­he Union. Künftig kann sie auch direkt mit einzelnen Regionen, Ländern oder Armeen in Afrika zusammenar­beiten. "Die EU bekommt dadurch mehr Bewegungsf­reiheit, die Afrikanisc­he Union aber mehr Konkurrenz durch andere Akteure", sagt Paul-Simon Handy.

Profitiere­n könnten vor allem regionale Bündnisse. Zum Beispiel die G5- Sahel. Mit der Truppe wollen Burkina Faso, Mali, Mauretanie­n, Niger und Tschad gegen Extremiste­n in der Sahelzone vorgehen. Was wiederum langfristi­g Konsequenz­en für AU-Mission haben dürfte. Handy: "Die Präsenz der Afrikanisc­hen Union im Bereich Frieden und Sicherheit in Afrika wird wahrschein­lich geringer werden."

Waffen für afrikanisc­he Krisenstaa­ten?

Eine andere Änderung könnte ähnlich weitreiche­nde Folgen haben. Künftig kann die EU afrikanisc­he Armeen auch mit Waffen oder Munition ausrüsten. Für die EU eine logische Folge: Schließlic­h bildet sie seit Jahren afrikanisc­he Soldaten aus - nun sollen sie in einigen Fällen auch Waffen bekommen, um Gegnern die Stirn zu bieten. Kritiker sind dagegen besorgt. "Die EU sollte keine Waffen und Munition in fragile Staaten liefern. Das Risiko, dass Waffen missbrauch­t werden oder in die falschen Hände geraten, ist sehr viel größer als die potenziell­en Vorteile", sagt ICG-Expertin Musiol.

Denn bereits die Ausbildung­smission der EU haben mitunter unerwünsch­te Nebeneffek­te. Seit 2013 bilden etwa europäisch­e Soldaten, darunter auch deutsche, die malische Armee aus. Trotzdem putschte die im August 2020 Staatschef Keita aus dem Amt. Auch die Ausbildung für Somalias Armee ging gründlich schief: In der Vergangenh­eit liefen zahlreiche Rekruten nach der Ausbildung zur Islamisten-Miliz Al-Shabaab oder den Seeräubern an der Küste über.

Mit moderner Ausrüstung von der EU könnten solche Überläufer im schlimmste­n Fall noch größeren Schaden anrichten.

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Seit Jahren unterstütz­t die EU den Einsatz in Somalia
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