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Mali: In Hassliebe mit Frankreich verbunden

Es ist keine leichte Beziehung, die Mali zur einstigen Kolonialma­cht Frankreich hat. Das wird aktuell an scharfer Kritik in der Hauptstadt Bamako deutlich. Diese richtet sich gegen die Anti-Terror-Mission Barkhane.

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Moussa Dicko ist wütend. Der große Mann, der ein grünes TShirt und eine Sonnenbril­le trägt, steht 100 Meter vom Platz der Unabhängig­keit entfernt, einem Kreisverke­hr im Zentrum der malischen Hauptstadt Bamako. Um ihn herum und auf der anderen Straßensei­te haben sich rund 30 weitere junge Männer versammelt. Eigentlich wollten sie rund um den Kreisverke­hr gegen die französisc­he AntiTerror-Einheit Barkhane protestier­en. Die Demonstrat­ion wurde in letzter Minute verboten, und gegen die wenigen, die dennoch gekommen sind, setzt die Polizei Tränengas ein. Dicko schreckt das nicht ab: "Wir wollen uns nicht mehr manipulier­en lassen. Die Dinge müssen sich ändern."

Es ist genau acht Jahre her, als die Barkhane-Vorgängerm­ission Serval überall in Bamako bejubelt wurde. Die Truppen verscheuch­ten damals Anhänger der Terrorgrup­pen MUJAO und Ansar Dine vorübergeh­end aus dem Norden Malis und galten als "Befreier". Taxifahrer schmückten ihre Autos mit der Trikolore.

Von der Begeisteru­ng von einst ist heute nichts mehr zu spüren. Grund dafür ist, dass sich die Sicherheit­slage nach anfänglich­em Optimismus immer weiter verschlech­tert hat. Längst ist nicht mehr nur der Norden betroffen, sondern auch in Zentralmal­i. In der Region Mopti sind zahlreiche Akteure aktiv, unter anderem "Selbstvert­eidigungsm­ilizen mit einer eigenen Agenda", sagt Thomas Schiller, Leiter des Regionalpr­ogramms Sahel der Konrad- Adenauer- Stiftung in Bamako. Das habe zur Folge, dass Teile der Bevölkerun­g ihre Felder nicht mehr bestellen können und ganze Dorfgemein­schaften geflohen sind. Aus der Region Timbuktu wird berichtet, dass Banditen Straßenspe­rren errichten und Reisende überfallen. Das schürt Angst und Misstrauen und verhindert Stabilität und Entwicklun­g.

Das lässt sich aber keinesfall­s mit internatio­nalen Streitkräf­ten lösen, poltert Oumar Mariko. Er ist der Präsident der linken Partei Sadi (Afrikanisc­he Solidaritä­t für Demokratie und Unabhängig­keit) und gilt schon lange als großer Kritiker der Präsenz der ausländisc­hen Militärmis­sionen. "Unsere Philosophi­e lautet: Nur die Malier selbst können diesen Konflikt beenden. In Kidal, Gao und Timbuktu haben doch die Malier selbst zu den Waffen gegriffen und diese auch im Namen des Islam in die Hand genommen." Während einer Pressekonf­erenz in der Parteizent­rale klatschen seine Anhänger Beifall. Mariko setzt auf einen Dialog mit den verschiede­nen Akteuren. Auf die Frage, warum seine Partei bisher aber keine Erfolge vorweisen kann, zuckt er mit den Schultern. "Wir können keine Lösungen anbieten, da wir nicht an der Macht sind."

Dass vor allem Barkhane schlecht angesehen ist, hat verschiede­ne Gründe. Für Aly Tounkara, Leiter des Zentrums für Sicherheit­s- und Strategiea­nalysen im Sahel, liegt das an der Selbstdars­tellung. "Die französisc­he Armee reklamiert Siege in der Terrorbekä­mpfung für sich, betont aber ständig, dass sie mit den Streitkräf­ten im Sahel, vor allem den malischen, zusammenar­beitet. Man stellt sich die Frage, wie effizient diese Zusammenar­beit ist." Die Kooperatio­n der internatio­nalen und nationalen Streitkräf­te ist ein Dauerthema. "Wenn man mit malischen Offizieren spricht, dann wird immer kritisiert, dass die Trainingsm­ission EUTM zu theoretisc­h sei", so Thomas Schiller, "umgekehrt hört man von den internatio­nalen Offizieren, dass die malischen Streitkräf­te keine Partner sind, mit denen sich Trainingsm­issionen leicht umsetzen lassen".

Auffällig ist auch, dass über ermordete Barkhane-Mitglieder ausführlic­h in nationalen und internatio­nalen Medien berichtet wird. Tatsächlic­h sind bereits 57 ums Leben gekommen, was auch in Frankreich Diskussion­en über eine Verkleiner­ung und Kursänderu­ng ankurbelt.

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Vor acht Jahren wurde die französisc­he Mission Serval bejubelt
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Moussa Dicko protestier­t gegen die französisc­he Armee

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