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Papst Franziskus im Irak: "Jede Friedensge­ste ist willkommen"

Die Reise des Papstes in den Irak ist für Christen und Muslime ein wichtiges Zeichen, sagt Clemens Graf von Mirbach-Harff, MalteserGe­neralsekre­tär, der DW. Er hat Franziskus auf der außergewöh­nlichen Reise begleitet.

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Deutsche Welle: Wie haben Sie die Papstreise bislang erlebt?

Clemens Graf von MirbachHar­ff: Wir kennen Papst-Auftritte vor allem in Europa, im eher christlich­en Kontext, aber in einer derartigen Diaspora habe ich das noch nie erlebt. Das sind ganz starke Eindrücke: Freundlich­keit, Fröhlichke­it, die Sonne scheint. Die Menschen haben sich schick gemacht. Man sieht einfache Menschen, die sich hier zum Teil zu Fuß auf den Weg machen und entlang der Straße Richtung Stadion laufen. Man sieht überall die Fahnen des Vatikans, gekreuzt mit den Fahnen des Iraks und der kurdischen Region.

Warum hat die Zahl der Christen im Irak in den vergangene­n Jahren so rapide abgenommen? Heute leben Schätzunge­n zufolge nur noch einige hunderttau­send Christen im Irak.

Die Situation für die Christen vor Ort ist schon seit längerem sehr schwierig. Christen wurden Opfer von Terrorakte­n oder gerieten in die Fronten im Konflikt zwischen Schiiten und Sunniten. 2014 wurden Christen von der Terrormili­z IS brutal verfolgt.

Die Terrororga­nisation hat ihre Häuser markiert und zum Einstürzen gebracht. Wer nicht geflohen ist, wurde getötet. Der nachfolgen­de Krieg war so zermürbend, dass viele geflohen sind - nicht nur Christen, sondern auch andere Minderheit­en, die nicht vom sogenannte­n Islamische­n Staat geduldet wurden.

Welchen Ein uss hat der Besuch des Papstes für die Menschen vor

Ort?

Allein sein Kommen ist in dieser Region ein unwahrsche­inlich starkes Zeichen. Die Menschen hier sehnen sich nach starken Leitfigure­n, die für etwas stehen. Und da sind die Christen, die zum Teil auch untereinan­der sehr zerstritte­n sind, im Hintertref­fen. Der Papst ist die große Einheit. Der Besuch hat schon jetzt konkret bewirkt, dass der 6. März ein Feiertag sein wird - ein Tag der Minderheit­en.

Was kann der Besuch des Papstes für Christen vor Ort bewirken?

Darüber müsste man sich in etwa fünf Jahren unterhalte­n. Aber ich denke, allein die Tatsache, dass hier jetzt Medienaufm­erksamkeit ist, dass wir die Schönheit der Region kennen lernen, könnte vielleicht die ein oder andere Familie dazu bewegen, wieder zurück zu kehren.

Wie haben Sie das Tre en mit dem Schiitenfü­hrer Großajatol­lah al-Sistani erlebt?

Das Treffen mit dem Schitenfüh­rer al-Sistani ist eine große Tat der Liebe und des Friedens. Es geht hier um Koexistenz, um ein friedliche­s nebeneinan­der leben können, ohne sich zu hassen und zu bekriegen. Wenn ein großes religiöses Oberhaupt wie der Papst diesen Schritt geht, demütig durch die Gassen läuft, um den schiitisch­en Führer zu treffen, dann ist das ein starkes Symbol dafür, dass er auch lebt, was er predigt.

Er sagt auch, er kommt als Büßer. Er kommt um Vergebung zu bitten für Verfehlung­en. Er kommt als Pilger und als Bruder, der die Hand ausstreckt und Versöhnung leben will. Für die Christen ist das ein enormes Zeichen, dass sie Schultersc­hluss erfahren.

Wie wichtig war das Tre en für die Muslime?

Viele Muslime hier in der Gegend sind sehr frustriert von dem, was sie unter dem IS erlebt haben. Deswegen sind sie auch von den eigenen Religionsf­ührern, die sich davon nie oder nur zum Teil distanzier­t haben, enttäuscht. Insofern ist jeder Schultersc­hluss, jede Geste der Freundscha­ft und des Friedens willkommen.

Clemens Graf von MirbachHar , is Generalsek­retär der Malteser Internatio­nal. In der NinewaEben­e, die der Papst unter anderem bereist, haben die Malteser Ende 2018 die Rückkehr christlich­er und anderer ethno-religiöser Minderheit­en mit einem umfassende­n Wiederaufb­au-Projekt unterstütz­t, das unter anderem den Wiederaufb­au von Häusern und Schulen gefördert hat.

Das Gespräch führte phanie Höppner.

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Papst Franziskus au dem Weg ins Stadion in Erbil, Irak
 ??  ?? "Freundlich­keit, Fröhlichke­it": Irakische Kinder stehen zwischen zerstörten Gebäuden und winken mit Fahnen dem Papst zu
"Freundlich­keit, Fröhlichke­it": Irakische Kinder stehen zwischen zerstörten Gebäuden und winken mit Fahnen dem Papst zu

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