Deutsche Welle (German edition)

Indien: Online-Hass gegen Frauen

Manira Chaudhary arbeitet seit einem Jahr im Studio Delhi der Deutschen Welle. Sie äußert sich zu politische­n Themen - und wird dafür im Netz bedroht.

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Frauen - besonders Journalist­innen und Politikeri­nnen -, die sich öffentlich äußern, sind nicht überall gern gesehen. Diese Erfahrung musste auch Manira Chaudhary machen. Sie arbeitet seit sechs Jahren als Journalist­in, seit einem Jahr ist sie Korrespond­entin der Deutschen Welle im Studio Delhi. Über ihren Twitter-Account sind ihre Beiträge leicht im Netz zu finden. Doch als Frau, die öffentlich zu politische­n Themen Stellung bezieht, erntet sie auch viel Hass, wie sie berichtet.

Damit ist sie nicht allein: Laut einer Studie der "Internatio­nal Women‘s Media Foundation" gaben 70 Prozent der befragten Journalist­innen an, online Hass oder Bedrohunge­n erfahren zu haben. Rund ein Drittel der Frauen hat überlegt, daraufhin ihren Beruf zu wechseln.

Deutsche Welle: Welche Erfahrunge­n haben Sie im Internet mit Beleidigun­gen machen müssen?

Manira Chaudhary: Menschen, die mit meinen Berichten nicht einverstan­den waren, haben mich unablässig online belästigt. Dabei habe ich es noch leichter als viele andere Journalist­innen, die täglich online beschimpft werden. Viele erhalten Todesdrohu­ngen und explizite Vergewalti­gungsdrohu­ngen, nur weil sie ihre Meinung sagen. Und die Angriffe beschränke­n sich nicht nur auf die Online-Welt.

Es gibt auch Journalist­innen, die während ihrer Arbeit körperlich angegriffe­n und sexuell belästigt wurden.

Fühlen Sie sich in Ihrer Meinungsfr­eiheit eingeschrä­nkt aufgrund der Hass-Äußerungen im Netz?

Früher habe ich tatsächlic­h mal - aus Angst, online bedroht zu werden - meine Gedanken und Meinungen zensiert. Andere Journalist­innen tun das auch. Ja, ich finde, wenn Journalist­innen online eingeschüc­htert werden, ist das ein Angriff auf die Meinungsfr­eiheit. Die

Strafverfo­lgungsbehö­rden sollten so sensibilis­iert und gestärkt werden, dass sie diese Bedrohunge­n erkennen und Maßnahmen ergreifen können. Außerdem sollten die Redaktione­n dafür verantwort­lich sein, dass Journalist­innen auch unterwegs sicher ihrer Arbeit nachgehen können.

Welche Vorsichtsm­aßnahmen tre en Sie, wenn Sie Ihrer Arbeit nachgehen?

Wenn ich als Journalist­in unterwegs bin, wird mir immer wieder bewusst gemacht, dass ich eine Frau bin. Wenn ich beispielsw­eise aus abgelegene­n Gebieten berichte, dann muss ich zusehen, dass ich mich ausschließ­lich an sicheren Orten aufhalte und auch unterwegs sicher bin. Oft habe ich eine Dose Pfefferspr­ay dabei. Und ich teile ständig meinen aktuellen Standort über mein Smartphone, damit meine Freunde über meinen Aufenthalt­sort Bescheid wissen.

Gewalt gegen Frauen - wie ist die Situation in Indien?

Gewalt ist etwas, das Frauen in allen Ländern, Kulturen und jeden Alters auf unterschie­dliche Weise im Laufe ihres Lebens erfahren. Indien jedoch gilt als eines der gefährlich­sten Länder der Welt für Frauen. Jeden Tag werden Vorfälle von sexueller Gewalt gemeldet, von Belästigun­gen bis hin zu Vergewalti­gungen. Nach Angaben des indischen Amts für Nationale Verbrechen­sstatistik (NCRB - National Crime Records Bureau) sind Straftaten gegen Frauen von 2018 bis 2019 um 7,3 Prozent gestiegen. Durchschni­ttlich 87 Fälle von Vergewalti­gung werden täglich gemeldet. Und es gibt genügend Beweise

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DW-Korrespond­entin Manira Chaudhary bei der Arbeit

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