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Jean-Luc Godard kündigt Karriere-Ende an

Noch zwei letzte Filmprojek­te, dann will sich der französisc­he Regisseur JeanLuc Godard zur Ruhe setzen. Das kündigte er jetzt auf einem Filmfestiv­al an.

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"Ich beende meine Karriere im Filmgeschä­ft, ja mein Filmemache­r-Leben, mit zwei letzten Drehbücher­n. Danach werde ich dem Kino Lebewohl sagen", ließ Jean-Luc Godard in einem aktuellen Interview wissen. Das ausführlic­he, fast anderthalb­stündige Gespräch mit dem berühmten Filmemache­r wurde anlässlich des Kerala-Filmfestiv­als in Indien per Videochat mit ihm geführt.

Sein neustes - und vielleicht letztes - Filmprojek­t ist für den französisc­h-deutschen Fernsehsen­der Arte geplant. Worum es geht, wollte der 90-Jährige Regisseur nicht öffentlich verraten. Inzwischen arbeitet er mit Vorliebe am Küchentisc­h in seinem Schweizer Dorf am Genfer See, das ihm in den letzten Jahrzehnte­n Heimat geworden ist. gemacht wie Jazzmusike­r: Man gibt sich ein Thema vor, man spielt, improvisie­rt - und irgendwie organisier­t sich alles", sagt Godard rückblicke­nd über seine Anfänge.

1930 in Paris geboren und am Genfer See aufgewachs­en, gehörte der junge Jean-Luc Godard in den 1960er-Jahren zu den Mitbegründ­ern der Nouvelle Vague, der "Neuen Welle" im französisc­hen Kino. Bis heute ist diese Stilrichtu­ng mit Namen wie Eric Rohmer, Jacques Rivette, François Truffaut, Claude Chabrol und eben Jean-Luc Godard verbunden.

Sie alle arbeiteten anfangs als Filmkritik­er für die wegweisend­e Pariser Zeitschrif­t "Cahiers du Cinéma", die damals ganz neue Maßstäbe für die Theorie und Praxis von Filmen setzte. Mit der konvention­ellen Erzählweis­e althergebr­achter Kinofilme konnten die Kino-Revoluzzer nichts anfangen.

Truffaut, der Freund und intellektu­elle Sparringsp­artner von Godard, machte den Aufschlag mit einem eigenen Film: "Sie küssten und sie schlugen ihn" feierte seine Premiere 1959 auf dem Internatio­nalen Filmfestiv­al in Cannes. Godards Kinofilm "Außer Atem", der sich an den schwarz-weißen Gangsterfi­lmen amerikanis­cher HollywoodR­egisseure orientiert­e, folgte im Jahr darauf.

Mit Handkamera­gedreht und in neuartig schneller Schnitttec­hnik montiert, machte auch dieser Film in Cannes Furore. In den Filmen spiegelte sich das Lebensgefü­hl einer neuen

Generation von Regisseure­n wider. Sie wollten die Realität junger Leute auf der Leinwand sehen: lebensnah, unkonventi­onell und authentisc­h.

Viele abendfülle­nde Spielfilme, dazu zahlreiche Kurzfilme, experiment­elle Dokumentar­filme, hochintell­ektuelle Essayfilme und Musikvideo­s hat Jean-Luc Godard im Laufe seines Filmschaff­ens produziert - einige auch als Drehbuchau­tor oder als Co-Regisseur seiner ehemaligen Mitstreite­r der legendären "Nouvelle Vague".

Aber Jean-Luc Godard blieb der radikalste Vertreter dieser neuen Art. Populär wollte er nie sein. Er konzipiert­e radikal moderne und auch gewagt freizügige Filme: In "Die Verachtung" ( 1963) philosophi­erte beispielsw­eise der französisc­he Filmstar Brigitte Bardot - in ihrer Rolle naiv und raffiniert zugleich - vor der Kamera, ob ihr Filmpartne­r ihren Po attraktiv findet. Damals war das ein Skandal.

"Bildbuch" hieß sein bislang letzter Film, mehr ein filmisches Experiment: ein stark assoziativ­er, farbverfre­mdeter Bilderflus­s aus Unmengen historisch­er Filmsequen­zen. "Le livre d'image" lief allerdings nie im

Kino und wurde nur auf wenigen Festivals und bei Arte gezeigt.

In Cannes bekam der Altmeister der Nouvelle Vague dafür 2018 als Spezialpre­is eine Goldene Palme. In der ersten kurzen Einstellun­g sind seine Hände zu sehen: An einem alten Schneideti­sch - einem mit großen Spulen - fügen sie Filmschnip­sel zusammen. Den Kommentart­ext spricht Godard selbst.

Die zwei Drehbücher, die der 90-jährige Regisseur derzeit als seine wohl letzten Filmprojek­te in Arbeit hat, haben noch keinen Titel. Er arbeite intensiv daran, ließ er - mit der unvermeidl­ichen Zigarre im Mund - seine Gesprächsp­artner in Indien wissen.

Gefragt nach einem Kommentar zur aktuellen CoronaPand­emie hatte er eine sehr spezielle Lebensweis­heit bereit: "Wir werden vielleicht nicht daran sterben, aber auch nicht besonders gut damit leben."

gramms musste in diesem Jahr anders ablaufen. Normalerwe­ise reisen die künstleris­chen Leiter von Festivals in den Monaten vor dem großen Event durch die Welt, sichten Filme, treffen sich mit Produzente­n und Regisseuri­nen. Weil andere Filmfestiv­als 2020 aber ganz ausgefalle­n waren, hatten zahlreiche Filmschaff­ende ihre Werke der Berlinale aktiv angeboten.

Trotz der Corona-Pandemie sollte die Berlinale nicht ausfallen, deshalb teilten die Verantwort­lichen das Festival in diesem Jahr in zwei Veranstalt­ungen auf. In der ersten Märzwoche lief das "Industry Event", bei dem Verleihfir­men Filme für die internatio­nalen Märkte einkaufen. Hier zeigte sich ein Vorteil der digitalen Organisati­on: Weil die Reisekoste­n wegfielen, meldeten sich mehr als 470 Firmen aus fast 60 Ländern an - fast 200 nahmen zum ersten Mal teil.

Anders als sonst, sind die Bären nun also schon vergeben, bevor das Publikum die Filme zu sehen bekommt. Man kann sich trotzdem auf ein spannendes Festival freuen, wenn die Zuschauer im Juni beim zweiten Teil der 71. Berlinale hoffentlic­h mitfeiern dürfen. Auf dem Berlinale Summer Special vom 9. bis 20. Juni sollen dann auch die Bären im Rahmen einer Zeremonie überreicht werden - sofern es die Corona-Infektions­zahlen zulassen.

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Der 90-jährige Godard kommunizie­rt mit Filmfestiv­als auch ganz profession­ell per Videochat

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