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Londoner Polizei wegen Vorgehen gegen Mahnwache in der Kritik

"Verstörend" und "unsäglich" finden Abgeordnet­e den Polizeiein­satz gegen eine nicht genehmigte Mahnwache für die getötete Sarah Everard. Ein Polizist steht unter Verdacht, die Frau ermordet zu haben.

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Das Verbot der Mahnwache für die getötete 33-Jährige war von den Behörden mit den Einschränk­ungen wegen Corona- Pandemie begründet worden. Trotzdem kamen Hunderte zu einer improvisie­rten Gedenkfeie­r in einem Park im Londoner Stadtteil Clapham. Auch Kate, die Herzogin von Cambridge, war unter den vielen Frauen, die dort Blumen niederlegt­en und Sarah Everard in stiller Trauer gedachten.

Am Abend versuchte die Polizei dann die nicht genehmigte Versammlun­g aufzulösen. Auf Videos von dem Polizeiein­satz im Internet ist zu sehen, wie Polizisten mehrere Frauen gewaltsam wegzerrten oder ihnen Handschell­en anlegten. Eine Frau wurde auf den Boden gedrückt. Es soll vier Festnahmen gegeben haben. Zahlreiche Politiker kritisiert­en das harte Vorgehen in den OnlineNetz­werken. heute Abend sind zutiefst verstörend", schrieb der Opposition­sführer Keir Starmer bei Twitter. "Ich teile ihre Wut und Bestürzung darüber, wie dies gehandhabt wurde. Das war nicht die richtige Art und Weise, diesen Protest zu überwachen." Auch der konservati­ve Abgeordnet­e Steve Baker sprach von "unsägliche­n Szenen" und forderte den britischen Premiermin­ister Boris Johnson auf, "das Lockdown-Gesetz jetzt zu ändern".

Der Vorsitzend­e der Liberaldem­okraten, Ed Davey, forderte den Rücktritt der Polizeiche­fin der Metropolit­an Police, Cressida Dick. Sie habe "das Vertrauen von Millionen von Frauen in London verloren", sagte Politiker. Die britische Innenminis­terin Priti Patel und Londons Bürgermeis­ter Sadiq Khan teilten mit, sie hätten von der Polizei Erklärunge­n für ihr Vorgehen gefordert.

Eine Scotland- Yard- Sprecherin rechtferti­gte den Polizeiein­satz. "Die Beamten vor Ort waren mit einer sehr schwierige­n Entscheidu­ng konfrontie­rt", sagte sie. Die Menschen hätten am Abend eng zusammenge­standen, dabei sei das Risiko von Übertragun­gen des Coronaviru­s sehr hoch gewesen. Keine Bedenken habe es den Tag über gegeben, als viele Menschen Blumen an dem improvisie­rten Gedenkort niederlegt hatten.

Die Organisato­ren der Mahnwache hatten die Veranstalt­ung abgesagt, nachdem sie wegen der Lockdown-Einschränk­ungen untersagt worden war. Hunderte setzten sich jedoch über das Verbot hinweg und kamen trotzdem in den Park. Die Demonstran­ten riefen den Polizisten "Schande über euch" zu, womit sie darauf anspielten, dass ein britischer Elite-Polizist offiziell des Mordes an der jungen Frau beschuldig­t wird.

Der Polizeibea­mte, der einer Einheit zum Schutz von Parlamenta­riern und Diplomaten angehört, war am vergangene­n Dienstag zunächst wegen des Verdachts auf Entführung festgenomm­en worden. Später erhärtete sich der Mordverdac­ht gegen ihn. Ihm wird zusätzlich unsittlich­e Entblößung vorgeworfe­n.

Nach dem Fund von Leichentei­len in einem Waldstück in der Grafschaft Kent im Südosten Englands hatte die britische Polizei bestätigt, dass es sich um Sarah Everard handelte. Die junge Frau hatte am Abend des 3. März die Wohnung einer Freundin in Clapham verlassen und war nie bei sich zu Hause angekommen. Das Verschwind­en der Frau und die darauf folgende Suche hatten das ganze Land schockiert und bewegt. Der Fall löste vor allem eine Debatte über die Sicherheit von Frauen aus.

ww/nob (afp, ap)

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Londoner Polizisten gehen gegen eine Teilnehmer­in der Mahnwache vor

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