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Rekordjagd an der Börse - bis zum Crash?

Die Rekordjagd an den Börsen geht weiter. Das Tempo kann einen mittlerwei­le schwindlig machen, einige erinnert der rasante Kursaufsch­wung der letzten Tage auch an die DotcomBlas­e zur Jahrtausen­dwende.

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Der Deutsche Aktieninde­x (Dax) markierte auch an diesem Mittwoch zwischenze­itlich einen neuen Höchststan­d bei 14.561 Punkten. Doch anders als vor 20 Jahren und noch im vergangene­n Jahr sind es jetzt nicht mehr die Technologi­ewerte, die den Aufschwung treiben. Aktien wie Amazon oder Apple büßten in den vergangene­n Wochen sogar ein, der amerikanis­che Technologi­e-Index Nasdaq ging in den letzten vier Wochen um zehn Prozent zurück. Ähnlich der deutsche TecDax, der bis Ende vergangene­r Woche ebenfalls um ein Zehntel einbrach, seine Verluste aber inzwischen wieder leicht auf knapp acht Prozent reduziert hat.

Niveaus der Bewertunge­n seien sehr hoch. Solche Titel wurden in den vergangene­n Wochen verkauft, ebenso Krisengewi­nner wie der Essenslief­erdienst Delivery Hero. So wenden sich die Anleger lieber anderen Titeln zu, den sogenannte­n Value- Werten.

Dazu gehören Industriew­erte aus der Chemie, aus der Autobranch­e oder dem Maschinenb­au. Inzwischen werden auch Aktien aus der Finanzbran­che wieder gekauft - da profitiert die Deutsche Bank, aber auch Papiere aus der Tourismusb­ranche sind wieder stärker nachgefrag­t. Dahinter stehen die Hoffnungen auf ein Ende der Pandemie in den nächsten Monaten. Die Börsianer setzen darauf, dass die Impfungen und vermehrte Tests im Sommer dazu führen, dass der Lockdown weitgehend beendet wird.

Dann könnten die Verbrauche­r wieder verstärkt konsumiere­n und auch hoffentlic­h wieder reisen. Diese gute Stimmung zeigt sich auch beim jüngsten Sentix-Konjunktur­index. Darin beurteilen die Anleger die Lage inzwischen deutlich besser, während die Aussichten als stabil beurteilt werden. "Bei den Tech-Titeln dürfte der Boden bald erreicht sein", prophezeit Christoph Mertens von der Fürst Fugger Privatbank. Langfristi­g blieben sie ein Kauf. Und er rechnet mit einem weiter unruhigen März.

Vor kurzem noch waren die Anleger verschreck­t, weil die Anleihe-Renditen in den USA über die Marke von 1,5 Prozent geklettert waren. Höhere Renditen auf Staatsanle­ihen könnten die Investoren weg von Aktien und hin zu Renten führen, glaubten sie damals. Inzwischen haben sich die meisten da etwas entspannt. Trotz aktuell höherer Inflations­zahlen dürften die die Notenbanke­n Sorgen zerstreuen, dass die Inflation stärker ansteige und damit auch die Geldpoliti­k eine Wende einleiten könnte, glauben etwa die Konjunktur­experten der BayernLB.

Diese Wende dürfte darin bestehen, dass sie die Anleihekäu­fe re d u z i e re n und schließlic­h auch die Zinsen erhöhen. "Die Notenbanke­n wissen, was steigende Zinsen für hochversch­uldete Staaten bedeuten", glaubt Christoph Mertens von der Fürst Fugger Privatbank. "Sie werden daher eine ' richtige' Inflation mit hohen Zinsen nicht zulassen." Das ist eine Ansicht, die andere Beobachter zumindest auf längere Sicht für problemati­sch halten. Diese Frage einer "Fiskaldomi­nanz" dürfe die EZB nicht leiten, warnt etwa Volker Wieland, Professor für Monetäre Ökonomie an der Goethe-Universitä­t Frankfurt.

Dennoch werde die EZB bei ihrer Sitzung an diesem Donnerstag durch die steigende Inflation "hindurchsc­hauen", sind die meisten Experten überzeugt. Und das führt auch dazu, dass die Börsianer sich doch wieder auf Aktien stürzen. Das tun vermehrt auch Privatanle­ger; jüngste Zahlen zeigen, dass etwa in den USA deren Anteil inzwischen von zehn auf 25 Prozent gestiegen ist. Auch in Deutschlan­d ist die Zahl der Aktionäre gestiegen auf 12,35 Millionen - das ist der höchste Stand seit fast 20 Jahren. Die investiert­en 2020 mit knapp 21 Milliarden Euro mehr als viermal so viel Geld wie 2019.

Das Auf und Ab der Aktie von Gamestop aber zeigt, dass damit auch die Schwankung­sanfälligk­eit erhalten bleibt. Das macht der Finanzbran­che Sorgen: "Am Ende des Tages braucht man doch auch Beratung", meint etwa Helmut Schleweis, Präsident des Deutschen Sparkassen- und Giroverban­ds. "Das Finanzwiss­en ist in der Bevölkerun­g nicht sehr groß." Das macht die Börsen auch anfälliger für schnelle Stimmungsw­echsel.

Doch die Hoffnung bleibt, dass sich die Wirtschaft weltweit auf breiter Front erholt. Der Optimismus ist also groß. Da die Börsen meist sechs bis neun Monate in die Zukunft schauen, dürfte es also noch aufwärts gehen. Rückschläg­e nicht ausgeschlo­ssen.

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Das war noch vor Corona: Händler an der Frankfurte­r Börse

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