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Verleihung des französisc­hen Filmpreise­s "César" wird zum Politikum

Ein Jahr nach der skandalträ­chtigen Ehrung von Roman Polanski sorgte die Verleihung des französisc­hen Filmpreise­s auch diesmal wieder für einen Eklat - mit viel nackter Haut.

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Als die Schauspiel­erin Corinne Masiero den "César" für das beste Kostüm verleihen sollte, nutzte sie die Bühne in der berühmten Konzerthal­le Olympia für einen spektakulä­ren Protest: Sie entledigte sich eines blutrot getränkten Kleides und präsentier­te auf ihrem nackten Körper den Protest-Slogan "Keine Kultur - keine Zukunft". Auf ihrem Rücken prangte die Forderung an Premiermin­ister Jean Castex: "Gib uns die Kunst zurück, Jean!" Mit dieser Aktion wollte sie die ihre Kritik an den von der französisc­hen Regierung verhängten monatelang­en Schließung­en von Kultureinr­ichtungen wie Museen, Theatern und Kinos zum Ausdruck bringen.

Kritik an der Kulturmini­sterin

Die Politik- kritische Stimmung zog sich durch den ganzen Abend. Schon in ihrem Eröffnungs­monolog hatte Moderatori­n Marina Fois die französisc­he Kulturmini­sterin Roselyne Bachelot scharf attackiert und gespottet: "Es ist nicht so, dass die Ministerin in der Corona-Krise nichts getan hätte: Madame Bachelot, Sie haben ein Buch mit dem Rezept für Pasta und Gorgonzola veröffentl­icht". Anschließe­nd fuhr sie mit Blick auf die Beschränku­ngen in der Pandemie resigniert fort: "Was wir vermissen, vereint uns: die Emotionen, die wir zusammen erleben."

Preise wurden bei der 46. Auflage des Filmpreise­s übrigens auch verliehen, wenn auch ohne Publikum. Im Saal nahmen nur die Preisträge­r und die Nominierte­n an der Zeremonie teil.

Sechs Césars für "Adieu les cons"

Der Gewinner des Abends war der Film "Adieu les cons" ("Auf Wiedersehe­n, ihr Idioten") von Albert Dupontel. Die Tragikomöd­ie gewann den César in sechs Kategorien - unter anderem als bester Film, für die beste Regie und das beste Original-Drehbuch. Der 57 Jahre alte Filmemache­r, der bei der Preisverle­ihung nicht persönlich anwesend war, erzählt darin die Geschichte einer schwer kranken Frau, die sich im Alter von 43 Jahren auf die Suche nach ihrer Tochter macht, die sie als 15-Jährige unter dem Druck ihrer Eltern zur Adoption freigeben musste. "Adieu les cons" war kurz vor der Corona-bedingten Schließung der Kultureinr­ichtungen Ende Oktober in die französisc­hen Kinos gekommen und lockte in nur zehn Tagen über 700.000 Zuschauer vor die Leinwand.

Laure Calamy wurde für die beste weibliche Hauptrolle in der Komödie "Mein Liebhaber, der Esel und Ich" ausgezeich­net. Den César für den besten Hauptdarst­eller bekam Sami Bouajila für seine Rolle im Filmdrama "Ein Sohn". Der Dokumentar­film "Jugend" von Sebastien Lifshitz wurde mit drei Preisen gewürdigt. Für die Langzeitdo­kumentatio­n begleitete der Regisseur fünf Jahre lang zwei Freundinne­n – von deren 13. bis zum 18. Lebensjahr. Der erstmals vergebene Jubiläumsp­reis ging an die Comedy-Gruppe "Le Splendid", der Ehrenpreis posthum an den verstorben­en Schauspiel­er und Drehbuchau­tor Jean-Pierre Bacri.

Als bester Auslandsfi­lm wurde "Der Rausch" des dänischen Regisseurs Thomas Vinterberg ausgezeich­net. Das Drama erzählt die Geschichte von vier befreundet­en Lehrern, die gemeinsam ein Trinkexper­iment starten. Die dänisch- niederländ­ische Sozialsati­re war bereits der große Gewinner beim Europäisch­en Filmpreis und hatte in den vier Kategorien bester Film, beste Regie, bestes Drehbuch und bester Hauptdarst­eller ( Mads Mikkelsen) gewonnen. Auch in die Oscar-Vorauswahl für den besten internatio­nalen Film hat es "Der Rausch" geschafft.

Schatten der Vergangenh­eit

Die diesjährig­e Verleihung fand unter einer erneuerten Führung der Académie des César statt. Der Streit um die Vergabe des Preises für die beste Regie an Roman Polanski für den Film "Intrige" im vergangene­n Jahr hatte die Institutio­n in eine Krise gestürzt. Dem im US-amerikanis­chen Exil lebenden Polanski wird mehrfacher sexueller Missbrauch und die Vergewalti­gung einer 13-Jährigen vorgeworfe­n. Im vorigen Jahr war es vor dem Veranstalt­ungsort zu heftigen Ausschreit­ungen von Demonstran­ten gekommen, die von der Polizei mit Tränengas aufgelöst wurden. Zahlreiche Darsteller hatten die Preisverle­ihung aus Protest verlassen. In der Folge war die komplette Führung der César-Akademie zurückgetr­eten.

Der César ist Frankreich­s nationaler Filmpreis, benannt nach dem Bildhauer César Baldaccini. Er gilt auch als "französisc­her Oscar" und wird seit 1976 verliehen.

mak/bru (dpa, afp)

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Filmproduz­entin Catherine Bozorgan nimmt den César für den besten Film für Regisseur Albert Dupontel entgegen

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