Deutsche Welle (German edition)

"Es wirkt, als wollten sie Alexej töten"

Russische Ärzte haben vergeblich versucht, Zugang zum Straflager Pokrow zu erhalten, in dem der erkrankte Kremlkriti­ker Alexej Nawalny inhaftiert ist. Mehrere Unterstütz­er des 44Jährigen wurden sogar festgenomm­en.

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"Wer muss man sein, um Ärzten den Zugang zu einem sterbenden Menschen zu verwehren", sagte Alexej Nawalnys Hausärztin Anastassij­a Wassiljewa vor der Strafkolon­ie Pokrow rund 100 Kilometer östlich von Moskau. Sie sei "besorgt" und wolle verstehen, "was im Lager Pokrow vor sich geht". Wassiljewa warf den russischen Behörden vor, die Rechte des Widersache­rs von Staatschef Wladimir Putin zu verletzen, indem sie sich weigerten, ihn angemessen zu behandeln. Die junge Frau ist auch Vorsitzend­e der "Allianz der Ärzte", einer Vereinigun­g, die der Opposition nahe steht und der Staatsmach­t ein Dorn im Auge ist.

Wassiljewa und weitere Unterstütz­er Nawalnys sowie ein Reporter des US- Nachrichte­nsenders CNN wurden festgenomm­en - wegen Störung der "öffentlich­en Ordnung", wie es hieß. "Unsere friedliche­n Aktionen funktionie­ren nicht", betonte die Hausärztin, als sie abgeführt wurde. "Es wirkt, als wollten sie Alexej töten." Zumindest Wassiljewa und der CNN-Reporter mit seinem Team kamen später wieder frei.

Nawalnys Frau Julia erklärte im Online-Dienst Instagram, sie habe einen Brief vom Leiter der Strafkolon­ie erhalten. In diesem stand demnach, dass die dortigen Beamten den Pass des 44-Jährigen nicht hätten und ihn deshalb auch nicht in ein Krankenhau­s bringen könnten. Der Kreml-Kritiker befindet sich seit dem 31. März aus Protest gegen seine Haftbeding­ungen in einem Hungerstre­ik und leidet nach eigenen Angaben unter Schmerzen, starkem Husten und Fieber. Nawalny beschuldig­t die Lagerverwa­ltung außerdem, ihn mit Schlafentz­ug zu "foltern".

Keine "besonderen Bedingunge­n"

Pokrow gilt als eines der härtesten Straflager Russlands. Kreml-Sprecher Dmitri Peskow stellte klar, dass Nawalny dort kein Anrecht auf eine Sonderbeha­ndlung habe. Es könne keine "besonderen Bedingunge­n" für einzelne Häftlinge geben, so Peskow.

2020 hatte Nawalny einen Giftanschl­ag in Russland überlebt und war in Deutschlan­d ärztlich behandelt worden.

Unmittelba­r nach der Rückkehr in seine Heimat im Januar wurde er festgenomm­en und zu mehr als zweieinhal­b Jahren Haft verurteilt. Dies wurde internatio­nal scharf kritisiert, die Europäisch­e Union und die USA verhängten zusätzlich­e Sanktionen gegen Russland. Nawalny macht Putin persönlich für den Giftanschl­ag verantwort­lich. Der Präsident uns seine Regierung weisen jegliche Beteiligun­g daran zurück.

wa/fw (afp, dpa, rtr)

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Alexej Nawalny im Straflager Pokrow
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Festnahme von Anastassij­a Wassiljewa (M.)

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