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Brasilien: Sind Bolsonaros Tage gezählt?

Um Brasiliens Präsident Jair Bolsonaro wird es einsamer. Nach der Wirtschaft haben sich nun auch Teile des Militärs von der Pandemiepo­litik des Präsidente­n distanzier­t. Ein Impeachmen­t scheint nicht mehr tabu zu sein.

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Er läuft jede Nacht von der brasiliani­schen Botschaft in Berlin bis zum Brandenbur­ger Tor. Der Deutsch-Brasiliane­r Rafael Pütter hat es eilig. Als Sensenmann verkleidet verkündet er um drei Uhr morgens in Berlin die tägliche Zahl der Corona-Toten in Brasilien.

Am Dienstag gab es einen neuen Negativrek­ord zu verzeichne­n: 3.780 Verstorben­e an einem Tag. "Ich will nicht, dass noch mehr Leute sterben. Wenn sich in Brasilien eine gefährlich­e Mutation verbreitet, ist dies auch weltweit gefährlich", sagt Rafael Pütter im Gespräch mit der DW. Denn das Virus werde sich schnell auch außerhalb Brasiliens verbreiten.

Der 35-jährige Künstler und Kommunikat­ionswissen­schaftler greift zu einer drastische­n Inszenieru­ng: Er spielt bei seinen nächtliche­n Rundgängen einen erschöpfte­n Sensenmann als "offizielle­n Mitarbeite­r der brasiliani­schen Regierung, die den Tod ihrer Bevölkerun­g vorantreib­t". Pütter: "Ich klage Bolsonaro an: Er betreibt gesundheit­spolitisch­en Terrorismu­s."

Brasiliens Präsident steht in Deutschlan­d und internatio­nal für seine Pandemiepo­litik am

Pranger. Und auch in Brasilien wird es zunehmend einsamer um den rechtsextr­emen Präsidente­n, der Corona als "kleine Grippe" bezeichnet hat und nur ungern Masken trägt. In den vergangene­n Tagen hat sich die Lage im größten Land Südamerika­s dramatisch zugespitzt.

Erstmals in der Geschichte Brasiliens traten am Dienstag alle drei Chefs der Streitkräf­te, Luftwaffe, Marine und Heer, gleichzeit­ig zurück. Zuvor hatte der Präsident mal wieder sein Kabinett umgebaut: Sowohl

Verteidigu­ngsministe­r Fernando Azevedo, als auch Außenminis­ter Ernesto Araújo und Gesundheit­sminister Eduardo Pazuello mussten gehen.

Immer stärker drängt sich die Frage auf: Wie lange kann sich Bolsonaro im CoronaChao­s noch an der Macht halten? Ausgerechn­et der Präsident des brasiliani­schen Kongresses, Arthur Lira, der als Unterstütz­er des Präsidente­n gilt,

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