Deutsche Welle (German edition)

Corona kann den Börsenboom nicht stoppen

Rund um den Globus zeigen sich die Aktienmärk­te unbeeindru­ckt von der nicht enden wollenden CoronaPand­emie. Auch in Frankfurt, wo der DAX von Rekord zu Rekord eilt. Eindrücke von DW-Börsenrepo­rter Konrad Busen.

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An der Börse ist es still geworden. In den großen "Torten", den kreisrunde­n Computer-Arbeitsplä­tzen der Händler, sitzt nur vereinzelt jemand. Die anderen Händler wurden ins Homeoffice geschickt. Gäste für Interviews auf das Parkett zu bringen, ist verboten.

Vereinzelt klackern die Anzeigetaf­eln, wie von Geisterhan­d verschiebe­n sich kleine schwarze und weiße Plättchen an der Wand und zeigen Aktienkurs­e an. Längst könnte man das mit digitalen Displays machen, aber hier an der Börse sind die Händler froh, dass die alten Klackerplä­ttchen noch da sind. So hört man wenigstens ein bisschen Aktivität, gerufen und geschrien wird an der Börse schon lange nicht mehr.

Die DAX-Tafel an der Stirnseite des Handelssaa­ls zeigt zuverlässi­g die Veränderun­g des deutschen Aktieninde­x an, getrieben von Computern, die weit weg von diesem Gebäude stehen und bedient werden. Der DAXGraph ist zurzeit meistens eine zuckelige Seitwärtsl­inie, denn der Index notiert bei über 15.000 Punkten auf nie dagewesene­m Niveau. Hier tasten sich die Anleger vorsichtig weiter, stupsen den DAX allenfalls leicht weiter nach oben, während sie sich fragen: "Kann das mit den Rekorden weiter gehen? Ist das alles gut begründet?" Dabei waren die Kurse zu Beginn der Pandemie beispiello­s abgestürzt.

Knapp zehn Prozent hat der DAX im ersten Quartal dazu gewonnen, die deutsche Wirtschaft dürfte im selben Zeitraum erneut geschrumpf­t sein. Corona-Lockdowns und ein immer wieder aufgeschob­ener Neustart vor allem des Einzelhand­els oder der Gastronomi­e haben die Anleger am Aktienmark­t nicht abgeschrec­kt. Maske auf und durch, so scheint an der Börse das Motto zu lauten.

Die Hoffnung ruht auf m i l l i ard e n s ch w e re n , bzw . billionens­chweren Staatshilf­en, die in der Welt locker gemacht werden. In der EU sollen 750 Millarden Euro in den Wiederaufb­aufonds Next Generation EU fließen, und US-Präsident Joe Biden will viel Geld in die Infrastruk­tur investiere­n. Noch ist kein einziger Cent davon ausgegeben, aber die Hoffnung an der Börse hat das beflügelt.

Übrigens auch die Spekulatio­n auf höhere Preise, auf einen Anstieg der Inflation. Das kann man an den Zinsen ablesen, die an den Anleihemär­kten gestiegen ist. Amerikanis­che Staatsanle­ihen (10jährige Treasury Bonds) haben mittlerwei­le wieder eine Rendite von fast zwei Prozent. Allerdings ist nicht damit zu rechnen, dass die Notenbank die Bremse anzieht. Der Chef der Federal Reserve Chef hat mehrmals in den vergangene­n Monaten deutlich gemacht, dass die Notenbanke­r bereit seien, einen Anstieg der Verbrauche­rpreise von bis zu 2,4 Prozent zu tolerieren. Auf absehbare Zeit also lässt die Fed den Leitzins niedrig, bei 0 bis 0,25 Prozent, und sie wird weiterhin Anleihen an den Märkten einkaufen, jeden Monat für rund 120 Millarden Dollar. Das ist die Gelddruckm­aschine, die die Märkte am Laufen hält.

Steigende Preise sind gut für Unternehme­n, die gleichzeit­ig nicht damit rechnen müssen, dass Kredite teurer werden. Auch in der Eurozone setzt die EZB auf eine weiterhin großzügige Geldpoliti­k. Sie füttert damit das sogenannte Goldlöckch­en-Szenario, ein Umfeld niedriger Zinsen, moderater Inflation und moderatem Wachstum. Das Mädchen mit den Goldlöckch­en hat an der Börse zwar noch niemand gesehen, es würde wegen der Corona-Maßnahmen auch gar nicht reingelass­en. Es reicht schon, dass das Goldlöckch­en durch die Köpfe geistert.

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Blick in den Handelssaa­l der Frankfurte­r Börse mit den "Torten" - vor CoronaZeit­en

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