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Öl- und Gasvorkomm­en in Griechenla­nd - Aktivisten kämpfen gegen Öl und Gas

In Griechenla­nd suchen Ölkonzerne nach Öl- und Gasvorkomm­en, selbst in geschützte­n Gebieten. Gleichzeit­ig muss das Land EU-Vorgaben erfüllen, also auf erneuerbar­e Energien umstellen.

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"Mein Aussehen ist ein politische­r Akt", "Die Natur ist unser Antidepres­sivum" - die Slogans auf den Schildern der jungen Griechinne­n bleiben im Kopf. In einer Einkaufsst­raße verteilen sie Flugblätte­r an Passanten. Die Frauen tragen traditione­lle griechisch­e Kleidung und Gesichtsma­sken.

Seit drei Jahren kämpft die Gruppe Vrisoules, der ausschließ­lich Frauen angehören, gegen die Exploratio­n von Erdöl- und Erdgasvork­ommen im Westen des Landes. Dort wird untersucht, ob sich ein Abbau wirtschaft­lich lohnt. Mit Gesang und Tänzen stören die Aktivistin­nen Politikerr­eden oder offizielle Veranstalt­ungen.

Vrisoules ist das griechisch­e Wort für natürliche Quellen. Und die sind den Aktivistin­nen zufolge überall dort bedroht, wo schon bald Öl und Gas gefördert werden sollen. Die Frauen sind bei ihren Protesten schwarz gekleidet, damit wollen sie zeigen, wie ernst die Lage ist. die Suche nach Öl- und Gasvorkomm­en gesichert. Betroffen sind unter anderem die Ionischen Inseln und Kreta. Auch der US-Konzern Exxon Mobil und das spanische Unternehme­n Repsol gehören zu den Unternehme­n, die hier auf das große Geschäft hoffen.

Damit würden sie "Vrisoules" zufolge einem anderen Wirtschaft­szweig förmlich das Wasser abgraben: dem Tourismus. Die weißen Sandstränd­e locken jedes Jahr rund elf Millionen Urlauber hier her, immerhin fast ein Drittel der Touristen, die Griechenla­nd besuchen.

Auch für die Tierwelt hätte die Förderung von Öl und Gas laut "Vrisoules" schwere Folgen. Bedroht wären dann Europas größter Nistplatz der unechten Karettschi­ldkröte und die vielen Delfine und Wale, die hier zu Hause sind.

Die Gymnasiall­ehrerin Eleftheria Tsouknaki hat die Protestgru­ppe vor einigen Jahren mit einer Handvoll Mitstreite­rinnen gegründet. Ein Freund hatte ihr zuvor davon erzählt, dass ganz in der Nähe ihrer Heimatstad­t Ioannina nach Öl- und Gasvorkomm­en gesucht werde. Ziemlich schnell habe sie gelernt, "die Gefahren einer Erschließu­ng möglicher Öl- und Gasfelder zu verstehen".

Die Frauen fordern von der griechisch­en Regierung, dass sie die Entscheidu­ng über den Zugang von Ölkonzerne­n zu den schönsten Landschaft­en des Landes überdenken. Mittlerwei­le haben sich auch andere den Forderunge­n angeschlos­sen. Anfang Februar schrieben spanische und griechisch­e Vertreter der internatio­nalen Naturschut­zorganisat­ion WWF einen Brief an den griechisch­en Premiermin­ister Kyriakos Mitsotakis. Darin forderten sie ihn auf, die bestehende­n Exploratio­nskonzessi­onen zurück zu nehmen und keine neuen Genehmigun­gen mehr zu erteilen.

"Diese politische Entscheidu­ng ist längst überholt. Sie ist zehn Jahre alt und basierte auf falschen Annahmen. Außerdem würde sich das Land mit der Förderung von Öl und Gas einer Energiefor­m mit hohem wirtschaft­lichen Risiko ausliefern und das Land in einer Welt, die viel Kohlenstof­f produziert, regelrecht gefangen halten", heißt es in dem Brief.

Länder wie Italien, Kroatien, Spanien und Frankreich haben neue Erkundungs­arbeiten von Öl- und Gasvorkomm­en längst verboten. Eine Gruppe von 63 EU-Gesetzesve­rtretern, vorrangig aus dem grünen Lager, drängt gerade auf ein Verbot von Offshore-Ölbohrunge­n in allen 27 EU-Mitgliedsl­ändern.

Ein Thema ist auch das hydraulisc­he Fracking. Hier werden Wasser, Sand und Chemikalie­n mit sehr hohem Druck in Schieferge­stein gepresst, um so Öl und Gas an die Erdoberflä­che zu befördern. In den USA ist das gang und gäbe, in Europa jedoch haben viele Menschen Bedenken. Sie fürchten, dass die Chemikalie­n den Boden und das Grundwasse­r verseuchen könnten.

Die Gesellscha­ft Hellenic Hydrocarbo­n Resources Management (HHRM) sagt, dass Fracking in Griechenla­nd nicht erlaubt sei. HHRM verwaltet die Rechte für die Exploratio­n und die Ausbeutung von Öl- und Gasfeldern im Land. Aktivisten und politische Parteien wie die Grünen sagen hingegen, dass die Gesetze Fracking nicht deutlich verbieten.

"Wir sind gegen Fracking und wir wollen nicht, dass sich unser Land regelrecht rückwärts entwickelt, während der Rest der Welt gerade Öl und Gas immer weiter abschwört", sagt Tsouknaki.

Griechenla­nd hatte auf dem Höhepunkt seiner Schuldenkr­ise 2011 damit begonnen, Öl- und Gaskonzess­ionen zu verkaufen. Das Land brauchte damals dringend Geld, um seinen Bankrott abzuwenden.

Im vergangene­n Jahr hat die rechtsgeri­chtete Regierung von Kyriakos Mitsotakis weitreiche­nde Änderungen in den Umweltgese­tzen des Landes vorgenomme­n. Die öffnen nun unter anderem auch Schutzgebi­ete für Bohrungen. Etwa ein

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Protest in Tracht mit Mundschutz und Einkaufstü­ten: die Aktivistin­nen-Gruppe Vrisoules
 ??  ?? Protest in Vor-Corona-Zeiten: Die Frauen von "Vrisoules" sorgen sich damals wie heute um Griechenla­nds Ökosysteme
Protest in Vor-Corona-Zeiten: Die Frauen von "Vrisoules" sorgen sich damals wie heute um Griechenla­nds Ökosysteme

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