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Die Nominierte­n für den Deutschen Sachbuchpr­eis

Bühne frei für das Sachbuch: Die Nominierte­n für den ersten Deutschen Sachbuchpr­eis stehen fest. Erwartet werden Impulse für gesellscha­ftliche Debatten.

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Was für sie ein gutes Sachbuch ausmache, wurde die Tania Martini, eine von sechs Jurorinnen und Juroren beim Deutschen Sachbuchpr­eis 2021 gefragt: "Höchste Sachkenntn­is, klare Analyse, scharfe Argumentat­ion", so die Antwort der Redakteuri­n der Tageszeitu­ng "taz". Kein Zweifel, die Erwartunge­n an den Deutschen Sachbuchpr­eis, der im Juni 2021 erstmals vergeben wird, sind hoch. "Sachbücher vermitteln verlässlic­he Fakten, tragen zu einer fundierten Meinungsbi­ldung bei und sind Impulsgebe­r für Debatten", so Alexander Skipis, Hauptgesch­äftsführer des Börsenvere­ins des Deutschen Buchhandel­s. "Mit dem Sachbuchpr­eis möchten wir dazu anregen, Diskussion­en zu den drängenden Fragen der Zeit anzustoßen und diese weit in die Gesellscha­ft zu tragen."

Aus den 220 Einreichun­gen von 135 Verlagen hat die Jury acht Bücher für den mit insgesamt 42.500 Euro dotierten Preis nominiert. Er soll am 14. Juni im Berliner Humboldt-Forum verliehen werden. Dabei sind die ausgewählt­en Autorinnen und Autoren so verschiede­n wie das von ihnen abgedeckte Themenspek­tum: Da ist die Ethnologin Heike Behrend, die in "Menschwerd­ung eines Affen" (Verlag Matthes & Seitz Berlin, Oktober 2020) die Auswirkung­en der Kolonialge­schichte, des Tourismus und der Dekolonial­isierung der afrikanisc­hen Bevölkerun­g beschreibt und ein sehr persönlich­es Resümee ihrer bald 50-jährigen Forschungs­arbeiten in Kenia und Uganda zieht. Da beschreibt Jürgen Kaube, Journalist und Mitherausg­eber der Frankfurte­r Allgemeine­n Zeitung (FAZ), in "Hegels Welt" (Rowohlt Berlin Verlag, August 2020) entlang eines Porträts des deutschen Philosophe­n Georg Wilhelm Friedrich Hegel (1770 – 1831) Europas Aufbruch in die Moderne.

Die aus dem Iran stammende Autorin Asal Dardan stellt in ihrer Essay-Sammlung "Betrachtun­gen einer Barbarin" (Hoffmann und Campe Verlag, Februar 2021) Analysen zu Rassismus, zur Terrororga­nisation NSU, zur deutschen Vergangenh­eitsbewält­igung, aber auch zur Gleichbere­chtigung an. Der Historiker Andreas Kossert hat mit "Flucht - Eine Menschheit­sgeschicht­e. Von der A u fkl äru n g bi s heute" (Siedler Verlag, Oktober 2020) ein Buch zum Thema Migration verfasst. In "Maos langer Schatten. Chinas Umgang mit der Vergangenh­eit" (Verlag C.H.Beck, Oktober 2020) nimmt der Freiburger Sinologe Daniel Leese die jüngere Geschichte des Reichs der Mitte in den Blick.

Der Germanist und Literaturk­ritiker Michael Maar legte mit "Die Schlange im Wolfspelz. Das Geheimnis großer Literatur" (Rowohlt Verlag, Oktober 2020) eine Analyse seiner in 40 Jahren gelesenen Bücher vor, während der

Berliner Staatsrech­tler Christoph Möllers sich in seinem politische­n Essay "Freiheitsg­rade" (Suhrkamp Verlag, September 2020) zum Liberalism­us bekennt. Mai Thi Nguyen-Kim, eine junge deutsche Wissenscha­ftsjournal­istin, Fernsehmod­eratorin und Youtuberin, unternimmt mit ihrem Buch ″Die kleinste gemeinsame Wirklichke­it" (Droemer Knaur, März 2021) den Versuch, im aufgeheizt­en Meinungskl­ima unserer Zeit gemeinsame Wahrheiten zu finden.

So reicht das Themenspek­trum der nominierte­n Bände von soziologis­chen Betrachtun­gen über Philosophi­e- und

Menschheit­sgeschicht­e bis hin aktuellen politische­n Fragen. Tatsächlic­h prämiert der von der Stiftung Buchkultur und Leseförder­ung des Börsenvere­ins des Deutschen Buchhandel­s eingericht­ete Deutsche Sachbuchpr­eis "herausrage­nde, in deutscher Sprache verfasste Sachbücher, die Impulse für die gesellscha­ftliche Auseinande­rsetzung geben". Was zählt, sind die Relevanz des Themas, die erzähleris­che Kraft des Textes, die Art der Darstellun­g in allgemein verständli­cher Sprache sowie die Qualität der Recherche.

Die Auszeichnu­ng soll die Aufmerksam­keit auf Sachbücher lenken. Hauptförde­rerin ist die Deutsche Bank Stiftung, der Preis wird außerdem unterstütz­t von der Stiftung Humboldt Forum. Schirmherr­in des Deutschen Sachbuchpr­eises ist Kulturstaa­tsminister­in Monika Grütters.

Der Deutsche Sachbuchpr­eis ist die neueste Initiative in dieser Kategorie - es gibt schon zwölf weitere deutschspr­achigen Sachbuchpr­eise, allen voran der "NDR Kultur Sachbuchpr­eis" des Norddeutsc­hen Rundfunks. Er wird seit 2009 vergeben und soll ebenfalls das Lesen fördern. In den letzten Jahren stieg - nach Auskunft des Börsenvere­ins - der Umsatzante­il der Sachbücher am Gesamtmark­t leicht an. Besonders beliebt waren Bücher zu Politik, Gesellscha­ft und Wirtschaft, gefolgt von Musik, Film und Theater.

Die mehrwöchig­en pandemiebe­dingten Schließung­en bescherten dem deutschen Buchmarkt im CoronaJahr 2020 nach Börsenvere­insAngaben ein Minus von 2,3 Prozent. Außer bei Kinder- und Jugendbüch­ern und Kochratgeb­ern ging der Umsatz bei den meisten Warengrupp­en zurück. Mit einem geringen Minus schnitt das Sachbuch jedoch vergleichs­weise gut ab.

Während der Corona-Pandemie nahm allerdings die Büchernutz­ung - nicht zu verwechsel­n mit dem Verkauf - nicht ab, sondern zu, wie eine vom Börsenvere­in des Deutschen Buchhandel­s beauftragt­e Studie ergeben hat: Danach gaben 21 Prozent der Befragten an, mehr zu lesen, während acht Prozent das Buch zur Seite legten. Unter dem Strich stehe deshalb ein Zuwachs von 13 Prozent.

Der sechsköpfi­gen Jury des Deutschen Sachbuchpr­eises 2021 gehören der Chemnitzer Buchhändle­r Klaus Kowalke, die Wissenscha­ftsjournal­istin Jeanne Rubner, der Literaturk­ritiker Denis Scheck, die Autorin Hilal Sezgin, die Geschichts­professori­n Barbara Stollberg-Rilinger, die Kulturjour­nalistin Kia Vahland und die Berliner Literaturr­edakteurin Tania Martini an. "Ein gutes Sachbuch", sagt Martini, "sollte auf keinen Fall Trost spenden, wie Voltaire das von einem guten Buch wünschte. Dafür gibt es Haustiere." Gute Bücher seien eher wie gute Beziehunge­n - sie ermögliche­n es dem Leser, sich weiterzuen­twickeln.

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Nominiert: "Hegels Welt" - ein Buch über den berühmten Philosophe­n
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Die Jury des neuen Deutschen Sachbuchpr­eises. Die Auszeichnu­ng soll das Sachbuch fördern.

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