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Zwei Geschlechter? Ein alter Hut!
"Transgender gibt es nicht. Mann und Frau und sonst nichts" — Menschen mit solchen Ansichten argumentieren gerne mit "Biologie", und liegen damit voll daneben.
Unser Geschlecht steht in den Genen geschrieben, lässt sich einer Person eindeutig zuordnen und verändert sich während unseres Lebens auch nicht. Auf der einen Seite die Frau, auf der anderen der Mann - Prinzessin oder Ritter. Dazwischen? Der Burggraben vielleicht. Auf jeden Fall gähnende Leere, Niemandsland.
So einfach hätten es gerne manche Menschen. Das Lieblings Argument ist dabei häufig die Wissenschaft, genauer gesagt die Biologie.
Dabei sieht der breite wissenschaftliche Konsens mittlerweile anders aus: Geschlecht ist ein Spektrum. Wenn man bei dem Bild bleiben möchte, sind Mann und Frau zwar an den gegenüberliegenden Enden, dazwischen ist aber ganz schön was los. (neben anderen Mitspielern), ob sich bei einem Embryo Hoden ausbilden oder nicht. Wenn dieses Gen z.B. durch eine Mutation nicht abgelesen wird, also sozusagen stumm bleibt, entstehen trotz XY-Chromosomen keine Hoden.
Andererseits können bei Menschen mit XX-Chromosomen Hoden wachsen, wenn das Gen (vermutlich bei der Zellteilung) auf das X-Chromosom überspringt und abgelesen wird.
Wie sinnvoll ist es also, das Geschlecht nach der Geburt, so wie es momentan meistens gemacht wird, allein an den äußerlich sichtbaren Geschlechtsmerkmalen festzumachen? "divers" in das Geburtenregister eintragen lassen, bzw Neugeborene als "divers" eingetragen werden. Auch in anderen Ländern, wie Australien, Bangladesh und Indien wird eine weitere Geschlechtszugehörigkeit anerkannt.
Übrigens: Das Geschlecht kann sich über das Leben auch verändern, genauer gesagt die Geschlechtsdrüsen. Das fanden chinesische Forschende in einer Studie an Mäusen heraus.
Verantwortlich dafür seien die Gene DMRT1 und FOXL2, die normalerweise in einer Art Yin-und-Yang-Beziehung die Entwicklung von Eierstöcken und Hoden ausbalancieren. Kommt es zu einer Veränderung in diesen Genen, können sich die Geschlechtsdrüsen auch in ausgewachsenen Säugetieren noch vom einen ins andere Extrem wandeln. rität in den Hormonleveln, müsse man eher die beiden Geschlechter "schwanger" und "nicht schwanger" unterscheiden, heißt es in einer Übersichtsstudie zu anerkannten Geschlechtsmerkmalen, verfasst von amerikanischen Psychologinnen. Denn lediglich schwangere Frauen fallen im Vergleich zu allen anderen Menschen in Sachen Östradiol und Progesteron weit aus dem Rahmen.
Kinder kann man vor der Pubertät im Bezug auf Geschlecht nicht unterscheiden, wenn man sich ihre Sexualhormone anschaut. Erst in der Pubertät schwenken vor allem die Testosteronlevel auseinander, so dass Männer im Schnitt mehr Testosteron besitzen, als Frauen.
Aber auch dieser Unterschied wurde nach neueren Erkenntnissen lange überschätzt - durch ein Versäumnis der Forschung, da Testosteron klischeehaft nur in Männern und Östrogene nur in Frauen untersucht wurden.
Heute wird gezielt an der hormonellen Überlappung der Geschlechter geforscht. Dabei wurde auch entdeckt, dass die Hormonlevel zu einem bemerkenswerten Teil von äußeren Faktoren abhängen und nicht, wie bis dahin angenommen, rein genetisch vorbestimmt sind.
Werdende Väter beispielsweise haben über die Zeit der Schwangerschaft ihrer Partnerin weniger Testosteron. Die vermeintlich weiblichen Hormone Östradiol und Progesteron werden hingegen vermehrt gebildet, wenn Personen um Dominanz konkurrieren - ein Verhalten, das klischeehaft als männlich gilt. und Frauen. Das von Männern ist im Schnitt größer. Einzelne Hirnregionen unterscheiden sich ebenfalls in Durchschnittsgröße, Dichte der Verknüpfungen und Art und Anzahl der Rezeptoren.
Allerdings können Forschende auch hier nicht das männliche oder das weibliche Gehirn genau ausmachen. Jedes Gehirn ist ziemlich einzigartig und ähnelt in seinen einzelnen Teilen eher einem GeschlechterMosaik.
So beschreiben es zumindest Forschende von der Universität Tel-Aviv in einer Studie. Ein Viertel bis die Hälfte der untersuchten 1400 Gehirne zeigten diesen geschlechtlichen Flickenteppich. Auch im Kopf bleibt es also kompliziert.
Da gilt übrigens auch für die Gehirne von Transpersonen, die ebenfalls gezielter untersucht werden: Vergleicht man manche Merkmale wie zum Beispiel die Größe, liegen Transfrauen zwischen den typischen Zahlen der binären Geschlechter. Im Bezug auf einzelne Hirnregionen sind Transpersonen teilweise näher an ihrem gefühlten Geschlecht, manchmal aber auch nah an ihrem zugewiesenen Geschlecht.
Die Suche nach reiner Binarität der Geschlechtsmerkmale können wir also getrost als ergebnislos abhaken. Jegliches vermeintlich “biologische” Argument dagegen ist schlichtweg unwissenschaftlich.
Das Geschlecht ist so komplex und vielseitig, wie die Person die es trägt, und das ist doch etwas wunderbares.