Deutsche Welle (German edition)

Ridle Baku: "Es ist nicht einfach für schwarze Fußballer"

Ridle Baku, Stammspiel­er beim VfL Wolfsburg, ist eine der großen deutschen Hoffnungen für die U21-EM. Der 22-Jährige erläutert der DW, warum es für einen Schwarzen in Deutschlan­d schwierig ist, Profifußba­ller zu werden.

-

"Es war ein großer Moment für mich. Ein Traum wurde wahr, für die Nationalma­nnschaft zu spielen", sagt Ridle Baku und blickt zurück auf das Freundscha­ftsspiel gegen die Tschechisc­he Republik im November, als er sein Debüt in der ANationalm­annschaft gab. "Ich bin hier geboren, ich bin hier aufgewachs­en und ich habe viele

Freunde hier. Und es war mein Traum, für das Nationalte­am zu spielen."

Für den 22 Jahre alten Baku, der als Sohn kongolesis­cher Eltern in Mainz geboren wurde, war es der Höhepunkt seines bisher rasanten Aufstiegs. Nur einen Monat zuvor war er für zehn Millionen Euro vom FSV Mainz 05 zum VfL Wolfsburg gewechselt, nachdem er bei seinem Heimatvere­in großen Eindruck hinterlass­en hatte - dort, wo er als Jugendspie­ler alle Jahrgangss­tufen durchlaufe­n hatte.

Am 29. April 2018, als er gerade 20 Jahre alt geworden war, feierte er bei den Mainzern sein Debüt auf der Bundesliga­Bühne mit einem Tor gegen RB Leipzig - ein Team, in dem Spieler wie Naby Keita und Dayot Upamecano aufliefen. Im Laufe der 90 Minuten konnte er sein Duell mit Keita im Mittelfeld für sich entscheide­n, bevor er in der Nachspielz­eit auch an Upamecano vorbeizog und das dritte

Tor zum 3:0-Sieg der Mainzer beisteuert­e.

"Es war einfach", erzählte er den Reportern nach dem Spiel nonchalant. "Ich bin mit dem Ball an Upamecano vorbeigeko­mmen und habe ohne große Mühe ein Tor erzielt."

Ein guter erster Kontakt, ein Auge für das Tor und eine hohe Geschwindi­gkeit sind Dinge, die Baku in die Wiege gelegt wurden. Andere Aspekte seiner Karriere waren allerdings weniger geradlinig.

"Es ist nicht einfach für einen jungen Schwarzen, Profifußba­ller werden zu wollen", sagt er der DW. "Man muss als schwarzer Spieler immer gute Leistungen bringen. Du musst mehr tun als die weißen Spieler. Du musst mehr arbeiten. Du musst mehr leisten. Das ist zu 100 Prozent wahr und es war in meinem Kopf, seit ich jung war." als mein Nachbar, als meine weißen Kameraden. Und wenn ich etwas falsch gemacht habe, war es immer doppelt oder dreifach so schlimm. Auf dem Spielfeld konnte ich hören, wie sie riefen, nehmt den N..... vom Platz"

Eigentlich sollte man davon ausgehen, dass der deutsche Fußball seither einen weiten Weg zurückgele­gt hat. Immerhin hat Deutschlan­d mit Jerome Boateng auch einen schwarzen Weltmeiste­r. Als Baku sein Länderspie­ldebüt gab, war er neben Jonathan Tah, Antonio Rüdiger und Ilkay Gündogan einer von vier nicht-weißen Spielern in der deutschen Startaufst­ellung. Mahmoud Dahoud, Benjamin Henrichs, Nadiem Amiri und Felix Uduokhai saßen auf der Bank.

Rassis tische Beschimpfu­ngen, wie sie Kostedde erlebt hat, sind aus den Bundesliga­stadien weitgehend verschwund­en - nur in der anonymen virtuellen Welt des Internets tauchen sie wieder auf. Erst am 26. Spieltag der laufenden Saison wurde Jude Bellingham von Borussia Dortmund nach dem Unentschie­den gegen den 1. FC Köln in den sozialen Medien rassistisc­h angegriffe­n.

"Es macht mich so traurig, wenn ich das sehe. Wenn ich den Spielern zuhöre, denen das passiert ist", sagt Baku, und er findet, dass der Profifußba­ll eine Verantwort­ung hat, etwas dagegen zu tun. "Wir müssen dieses Problem lösen", sagt er. "Für mich fängt es bei der Jugend an. Kinder müssen lernen, dass es keine Rolle spielt, wie jemand aussieht."

"Ich denke, als Profifußba­ller muss man Verantwort­ung übernehmen und aufstehen und etwas sagen. Jerome Boateng und Antonio Rüdiger sind zum Beispiel zwei große Spieler, die die Führung übernehmen. Und wir brauchen mehr Spieler, die das auch tun. Es ist unglaublic­h und nicht normal", sagt Baku.

Für Baku selbst ist Vielfalt und eine gemischte deutschkon­golesische Herkunft ein ganz normaler Bestandtei­l sowohl seines Familienle­bens als auch seiner Fußballkar­riere. Geboren als Bote Nzuzi Baku, gab ihm sein Vater Lutumba, der in den 1990er Jahren mit Jürgen Klopp in Mainz spielte, den Spitznamen "Ridle" zu Ehren des deutschen Weltmeiste­rs und ChampionsL­eague-Siegers Karl-Heinz Riedle von Borussia Dortmund. 2018 fügte er "Ridle" offiziell seinem Namen hinzu.

"Ich spreche meine Heimatspra­che Lingala und auch Deutsch. Und ich spiele für die Nationalma­nnschaft", sagt er der DW. "Ich werde meine Herkunft nie vergessen. Ich bin Deutscher, aber ich bin auch Kongolese, ich kann die andere Hälfte von mir nie vergessen."

Mit bisher fünf Toren und vier Assists in dieser Saison hat Baku maßgeblich­en Anteil an Wolfsburgs Anklopfen an der Tür zur Champions League. "Ich denke, dass es mir im Moment gut geht", sagt Baku - aber er ist von Natur aus anspruchsv­oll und ehrgeizig. "Mein Ziel ist es definitiv, in Zukunft für einen großen Verein zu spielen. Und ich hoffe, dass ich dieses Ziel erreichen kann. Aber ich habe noch eine Menge Zeit, ich bin erst 22."

Ridle Baku hat die Zeit auf seiner Seite - aber wenn es um Vielfalt und Rassismus geht, hat der deutsche Fußball diese nicht. "Ich hoffe, dass mehr schwarze Spieler für die Nationalma­nnschaft spielen können", sagt Baku. "Ich hoffe, dass wir respektier­t werden können."

(adaptiert von Jörg Strohschei­n)

 ??  ??
 ??  ?? Erwin Kostedde ist der erste schwarze Profi, der für die Nationalma­nnschaft spielt
Erwin Kostedde ist der erste schwarze Profi, der für die Nationalma­nnschaft spielt

Newspapers in German

Newspapers from Germany