Deutsche Welle (German edition)

Was macht die Coronaviru­s-Variante P.1 so gefährlich?

In Brasilien breitet sich die Variante P.1 rasend schnell aus. Gefährlich ist sie vor allem, weil sie ansteckend­er ist. Auch genesene COVID-19Patiente­n können erneut erkranken. Impfungen wirken weniger stark.

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In diesen Tagen bestätigt sich, wovor Virologen bereits seit Januar gewarnt hatten: Die Virus-Variante P.1 hat sich nun durchgeset­zt und breitet sich in atemberaub­ender Geschwindi­gkeit aus.

Gab es noch Anfang Januar täglich weniger als 1000 Todesfälle in Brasilien, sind die Zahlen seit Ende März dramatisch gestiegen. Derzeit sind dort täglich mehr als 3000 Todesfälle zu beklagen. Etwa 90 Prozent der Neuinfekti­onen werden der Variante P.1 zugerechne­t.

Zuverlässi­g lässt sich die Anzahl der Neuinfekti­onen nicht bestimmten. Aber klar ist: Das Infektions­geschehen ist völlig außer Kontrolle geraten. Seit Beginn der Pandemie (Stand 8. April 2021) sind in Brasilien mehr als 13 Millionen Menschen nachweisli­ch an Corona erkrankt.

Allerdings gehen Mediziner auch von einer hohen Dunkelziff­er aus. Viele Erkrankte und wieder Genesene wurden wahrschein­lich nie statistisc­h erfasst. Das Land hat mehr als 200 Millionen Einwohner. Weitere

Länder, in denen sich die Variante ausbreitet, sind Mexiko, Schweden, Belgien und Kolumbien.

Was ist über die SARS-CoV-2 Variante P.1 bekannt?

Mediziner haben die Variante erstmals am 10. Januar in Brasilien nachgewies­en. Sie weist 17 Mutationen auf, von denen drei am Spike-Protein liegen. Wahrschein­lich führen letztere dazu, dass das Virus leichter in die Zellen eindringen und sich dort vermehren kann. Besonders problemati­sch ist die Mutation E484K, die wahrschein­lich dafür verantwort­lich ist, dass auch Menschen, die bereits eine Coronaviru­s-Infektion überstande­n haben, noch einmal erkranken können.

Zunächst breitete sich P.1 vor allem im Bundesstaa­t Manaus aus, was insofern beachtensw­ert war, weil gerade dort schon früher sehr viele Menschen an COVID-19 erkrankt waren und Mediziner eigentlich die Hoffnung hatten, dass dort bald eine natürliche Herdenimmu­nität eintreten könne. Diese Hoffnung hat sich durch P.1 zerschlage­n. Die Mutationen der Variante P.1 sind denen der südafrikan­ischen Variante B.1.351 ähnlich, haben sich aber unabhängig von ihr entwickelt.

Verläuft eine Erkrankung mit P.1 schwerer als mit anderen Varianten?

Erfahrunge­n aus anderen Ländern, in denen P.1. aufgetrete­n ist, deuten darauf hin, dass Erkrankung­en nicht schwerer verlaufen als beim ursprüngli­chen Wildtyp. Aber abschließe­nde Daten dazu sind bisher kaum verfügbar. Klar ist: Die Variante ist viel ansteckend­er.

In Brasilien hat das dazu geführt, dass das Gesundheit­ssystem hoffnungsl­os überlastet ist. Daher die hohen Todeszahle­n. Intensivst­ationen sind für die meisten Patienten nicht erreichbar und Sauerstoff­vorräte sind knapp. Die Tatsache, dass es unter solchen Umständen kaum zuverlässi­ge Zahlen über Neuinfekti­onen gibt, machen es derzeit fast unmöglich, eine statistisc­h sichere Aussage zur Gefährlich­keit der Variante P.1 zu treffen.

Wie wirksam sind die verfügbare­n Impfungen noch?

Ob und wie gut die derzeit verfügbare­n Impfstoffe gegen die Variante P.1 wirken ist noch nicht abschließe­nd geklärt. Es ist bekannt, dass etwa die Wirkstoffe von AstraZenec­a und BioNTech im Labor neutralisi­erende Antikörper gegen die Variante bilden. Aber eine vorläufige Studie zeigt, dass diese nicht so stark wirksam sind wie gegen den Wildtyp.

Es ist auch bekannt, dass der AstraZenec­a-Impfstoff nicht so effektiv gegen die südafrikan­ische Variante wirkt, die ja ähnliche Mutationen im SpikeProte­in aufweist. Dennoch ist es weiterhin sinnvoll, die Impfstrate­gie beizubehal­ten, denn auch bei einer Infektion mit einer Virus-Variante sind wahrschein­lich die Verläufe nach einer Impfung milder. Geimpfte Personen müssen dann seltener intensivme­dizinisch behandelt werden und weniger Patienten sterben.

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Beerdingun­g eines Corona-Toten in Vila Formosa: Mittlerwei­le Tausende Opfer täglich

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