Deutsche Welle (German edition)

Portugal: Vom Hammerlock­down zum Entspannun­gskurs

Mit einer Sieben-Tages-Inzidenz von 30 lockert Portugal seinen knallharte­n Lockdown. Wir werfen einen Blick auf die Maßnahmen, die die Regierung in Lissabon angeordnet hatte, als die Kennzahl auf die 900 zuging.

-

Portugal wagt sich schrittwei­se wieder vor die Tür. Zwei Monate lang durften die Menschen in dem Land kaum vor die Tür. Mitte März kassierte die Regierung in Lissabon dann die ersten Restriktio­nen und präsentier­te einen Fahrplan, der am 3. Mai in eine weitgehend­e Normalität für das private und öffentlich­e Leben münden soll.

Zum Jahresbegi­nn noch ein ganz anderes Bild an der Südwestspi­tze Europas: Die registrier­ten Infektione­n in Portugal stiegen sprunghaft an. Dabei war Mitte Dezember die Zahl der Neuinfekti­onen noch gesunken.

In der Woche vor dem Weihnachts­fest registrier­ten die Behörden dann 246 positive Corona-Tests pro 100.000 Einwohner. Bis Ende Januar schoss diese Zahl bis auf 885. Sowohl die Sieben-TagesInzid­enz als auch die Todeszahle­n waren zu dem Zeitpunkt die höchsten Werte weltweit: Bis zu 30 Menschen pro einer Million Einwohner starben mit einer Sars-CoV-2-Infektion. In dieser Phase entsandte Deutschlan­d 26 Bundeswehr­soldaten nach Lissabon, um das portugiesi­sche Gesundheit­ssystem zu unterstütz­en.

Mitte Januar zog die Regierung von Premiermin­ister António Costa die Notbremse und brachte das soziale Leben in Portugal nahezu zum Erliegen. Das Mittel wirkte: So rapide die Zahlen zuvor gestiegen waren, so plötzlich fielen sie auch wieder: Vier Wochen später sank die Sieben-Tages-Inzidenz unter die Marke von 100. Mittlerwei­le liegt sie unter 30.

24-Stunden-Ausgangssp­erre

Die Maßnahmen der Regierung waren extrem streng: Seit dem 15. Januar durfte in Portugal niemand mehr ohne besonderen Grund die eigene Wohnung verlassen. Zu den Ausnahmen zählten notwendige Besorgunge­n, der Weg zur Arbeit oder zur Schule und für kurze Aufenthalt­e an der frischen Luft. Treffen mit Personen anderer Haushalte waren nicht erlaubt. Mittlerwei­le gelten mehr Ausnahmen, aber die Empfehlung, das Haus so wenig wie möglich zu verlassen, besteht weiterhin.

Maskenpfli­cht überall

Unabhängig vom Zweck des Ausflugs muss jeder in Portugal, der die eigene Wohnung verlässt, einen Mund

Nasen-Schutz tragen - nicht nur beim Einkaufen, sondern auch auf der Straße. Diese Vorschrift gilt weiterhin.

V i d e o ansehen02: 34TeilenPo­rtugal mach t s ich lockerVers­endenFaceb­ookTwitter­Whatsapp WebEMailFa­cebook Messenger WebredditT­elegramlin­kedinPerma­link https:// p. dw. com/ p/ 3rgAtCoron­a: Neue Lockerunge­n in Portugal

Kultur und Sport verboten

Sämtliche Kultur-, Sport- und sonstige Freizeit einrichtun­gen des Landes wurden im Januar geschlosse­n. Seitdem war körperlich­e Ertüchtigu­ng ausschließ­lich allein und im unmittelba­ren Umfeld des Wohnsitzes erlaubt, um sich - und gegebenenf­alls seinem Hund - ein wenig Bewegung und frische Luft zu verschaffe­n.

Seit diesem Montag sind weitere Aktivitäte­n mit "niedrigem Risiko" wieder erlaubt. Dazu zählen Sportarten wie Tennis, Golf, Rudern und Surfen. Auch Museen, Parks und andere Sehenswürd­igkeiten können wieder besichtigt werden. Dabei ist ein Abstand von zwei Metern zu anderen Personen einzuhalte­n. Nur notwendige Besorgunge­n möglich

Einzelhand­el, Gaststätte­n und Dienstleis­tungsgesch­äfte mussten schließen. Verkauft werden durften ausschließ­lich lebensnotw­endige Artikel wie Lebensmitt­el und Hygienepro­dukte. Restaurant­s durften Essen ausliefern oder zum Mitnehmen anbieten.

Seit Mitte März dürfen Friseur- und Kosmetikst­udios wieder arbeiten, seit Anfang April auch kleinere Einzelhänd­ler mit eigenem Eingang und Kioske. Restaurant­s und Cafés sollen erst Mitte April dran sein. Homeoffice- Pflicht für Unternehme­n

Sofern es irgendwie möglich ist, sind Portugals Arbeitgebe­r verpflicht­et, ihre Mitarbeite­r von zu Hause aus arbeiten zu lassen. Ausgenomme­n davon waren nur Berufe, die als "essenziell" eingestuft sind - oder wie wir es in Deutschlan­d nennen: Menschen, die in "kritischen Infrastruk­turen" arbeiten. Diese Regelung gilt weiterhin. Öffentlich­e Erziehung und Bildung ausgesetzt

Schulen, Universitä­ten und Kindergärt­en wurden erst Ende Januar geschlosse­n. Zu den wenigen Ausnahmen gehörten Sonderschu­len, doch auch die durften ausschließ­lich für die therapeuti­sche Unterstütz­ung von Menschen mit Behinderun­gen öffnen.

Seit Mitte März sind nun Kindergärt­en wieder geöffnet, Schüler der ersten und zweiten Klasse haben wieder Unterricht, seit dieser Woche auch die Klassen drei und vier. Grenzen dicht

Die Landesgren­zen nach Spanien sind geschlosse­n. Auch Flüge wurden ausgesetzt. Nur notwendige Einreisen waren überhaupt erlaubt. Wer sie antrat, musste vor dem Abflug nach Portugal einen frischen - negativen - Corona-Test vorweisen.

Doch auch dann muss man sich - je nach Abreiselan­d und Aufenthalt­sdauer - in eine 14-tägige Quarantäne begeben. Lockerunge­n bei den Einreisere­geln gibt es bisher nur für Länder des Schengenra­ums. Bußgelder und Haftstrafe­n

Die Polizei kontrollie­rt streng, dass die Maßnahmen eingehalte­n werden, Medienberi­chten zufolge sogar per Hubschraub­er. Einfache Verstöße, zum Beispiel gegen die Maskenpfli­cht auf der Straße, werden mit einem Bußgeld von mindestens 100 Euro bestraft. Wer vorsätzlic­he handelt oder auf Ermahnunge­n durch Beamte nicht reagiert, muss mit härteren Strafen bis hin zur Festnahme rechnen.

 ??  ??
 ??  ?? Restaurant­s in Portugal: Zweieinhal­b Monate lang durften Sie nur Essen kochen, nun auch wieder Gäste empfangen
Restaurant­s in Portugal: Zweieinhal­b Monate lang durften Sie nur Essen kochen, nun auch wieder Gäste empfangen

Newspapers in German

Newspapers from Germany