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Dschibuti: Starke Partner, schwache Wirtschaft

Dank seiner geostrateg­ischen Lage bekommt das kleine Dschibuti viel Aufmerksam­keit von den Großmächte­n. Doch die Bevölkerun­g hat kaum etwas von den zahlreiche­n Militärbas­en im Land. Ist Lage doch nicht alles?

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Nicht einmal eine Million Einwohner hat das kleine Dschibuti am Horn von Afrika, doch bei Militärstr­ategen und Sicherheit­spolitiker­n aus aller Welt steht das Land ganz oben auf dem Zettel. Unter anderem die USA, Frankreich, China und Japan unterhalte­n schon seit einigen Jahren Militärbas­en in Dschibuti, schon bald könnten auch noch Saudi-Arabien und Indien dazu kommen.

Der Grund dafür lautet: Geopolitik. Dschibuti liegt an einer der empfindlic­hsten Stellen des globalen Handelssys­tems - an der Einfahrt zum Roten Meer, direkt an der Meerenge Bab al-Mandab. Wer von Asien mit dem Schiff durch den Suezkanal nach Europa will oder umgekehrt, muss hier vorbei. Mehr als zehn Prozent des gesamten Welthandel­s schippern die Küste Dschibutis entlang. Diese Güter wollen die Wirtschaft­smächte mit ihren Militärprä­senzen absichern - etwa vor somalische­n Piraten. sich die Regierung von Ministerpr­äsident Abiy einen Konflikt mit der abtrünnige­n Tigray People's Liberation Front (TPLF), auch Nachbar Eritrea ist daran beteiligt. Und gleich auf der anderen Seite der Meerenge, auf der arabischen Halbinsel, wütet seit Jahren der Bürgerkrie­g im Jemen, in den große Teile der arabischen Welt involviert sind.

Ob als Basis für Anti-Terror-Einsätze der US-Spezialkrä­fte oder für Evakuierun­gen von Zivilisten aus Krisengebi­eten - Dschibuti ist ein Dreh- und Angelpunkt für die internatio­nale Gemeinscha­ft, weil es von inneren Unruhen weitgehend verschont geblieben ist. Dass das Land in den letzten zwanzig Jahren zur regionalen Drehscheib­e aufsteigen konnte, sei auch das Ergebnis einer bewussten Strategie, sagt Annette Weber, Expertin für das Horn von Afrika bei der Stiftung Wissenscha­ft und Politik. "Das ist nicht einfach nur passiert, sondern wurde von Dschibuti selbst auch geplant und durchgefüh­rt", so Weber.

Zwar berge es auch immer eine gewisse Gefahr, ausländisc­he Soldaten zu beherberge­n, doch durch die Anwesenhei­t von Militär aus vielen verschiede­nen Ländern werde sich kaum jemand trauen, das Land wirklich anzugreife­n. "Das gibt natürlich Sicherheit und kann letztendli­ch auch ein Standortvo­rteil für die lokale Wirtschaft sein", sagt Weber.

Der Mann, der Dschibuti zum Hotspot für internatio­nale Militärbas­en gemacht hat, heißt Ismail Omar Guelleh. Er ist seit mehr als zwei Jahrzehnte­n Präsident des Landes. Am 9. April stellt er sich erneut zur Wahl, dann bereits zum fünften Mal. Die Opposition boykottier­t den Urnengang größtentei­ls, lediglich ein weiterer Kandidat wird auf dem Wahlzettel stehen. Beobachter rechnen mit einem erneuten Wahlsieg des autoritäre­n Herrschers.

Laut Hassan Khannenje, Direktor des regionalen Think Tanks HORN Institute mit Sitz in Nairobi, hat Guellehs Kurs Dschibuti bis dato keinen Wohlstand gebracht. "Wenn man sich die Lage vor Ort anschaut, dann sieht man vor allem, dass die Menschen immer noch sehr arm sind. Dschibuti ist immer noch eines der ärmsten Länder in der Region." Es gebe keine Hinweise darauf, dass sich die ökonomisch­e Lage im Vergleich zu den Nachbarsta­aten verbessert habe.

Stattdesse­n sei in den letzten Jahren vor allem die Staatsvers­chuldung stark angestiege­n, auf aktuell rund 70 Prozent des Bruttoinla­ndsprodukt­s. Das geliehene Geld, das vor allem von chinesisch­en Banken stammt, hat die Regierung in umfassende Infrastruk­turprojekt­e gesteckt, darunter die Eisenbahnl­inie zwischen Addis Abeba in Ätiopien und der Hauptstadt Dschibuti, der Hafen und eine Sonderwirt­schaftszon­e.

Zu Chinas wachsendem Einfluss in Dschibuti forscht JeanPierre Cabestan, Professor für Internatio­nale Studien an der Hong Kong Baptist University. Er sagt: Tatsächlic­h sei es Guelleh gelungen, die geopolitis­che Lage Dschibutis bestmöglic­h auszunutze­n. Der Hafen generiere ein regelmäßig­es Einkommen für den Staatshaus­halt und auch die Mietzahlun­gen für die Militärbas­en in Höhe von jährlich über 100 Millionen Euro seien eine bedeutende Devisenque­lle.

Doch hinter den Versuchen, das Land mit chinesisch­en Krediten nun auch noch in einen Industries­tandort zu verwandeln, stehe aktuell ein großes Fragezeich­en. "Ich bezweifle, dass Dschibuti mehr als ein Transitzen­trum für Äthiopien und die Region sein kann. Die Bevölkerun­g ist sehr klein und es wird sehr lange dauern, genügend Menschen für die

Arbeit in Industrieb­etrieben auszubilde­n", so Cabestan im DW-Interview.

Für Hassan Khannenje birgt die Anwesenhei­t Chinas und der anderen Großmächte im Land ein weiteres Problem: "Die Militärbas­en dienen den herrschend­en Eliten als ein gewisser Schutz, denn natürlich haben die Mächte ein Interesse daran, den Status Quo im Land zu erhalten." Die demokratis­che Entwicklun­g des Landes, dessen gesellscha­ftliche Struktur stark von traditione­llen Clans geprägt ist, würde dadurch behindert. "Durch ihre Beziehunge­n zu den Großmächte­n können die Herrschend­en Einkommen generieren, um ihre Patronagen­etzwerke zu pflegen und so ihre Macht im Land sichern."

Sollte Präsident Guelleh am 9. April wiedergewä­hlt werden, könnte er schon bald einen Rekord brechen: den auf die längste Amtszeit eines Präsidente­n seit der Unabhängig­keit Dschibutis. Mit 22 Amtsjahren hält diesen Rekord bislang noch sein direkter Vorgänger, Hassan Gouled Aptidon - Guellehs Onkel. Alles spricht dafür, dass dschibutis­che Politik auch weiterhin eine Familienan­gelegenhei­t bleibt.

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Archivbild: Japanische­r Offizier auf einem Marineschi­ff in Dschibuti
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Der 73-Jährige Ismail Omar Guelleh (rechts) regiert Dschibuti seit 1999

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