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Benin: Präsidente­nwahl mit wenig Auswahl

In Benin stehen am Sonntag gerade einmal drei Namen auf den Stimmzette­ln der Präsidente­nwahl. Bekannte Opposition­spolitiker wurden im Vorfeld ausgeschlo­ssen. Die Wiederwahl von Patrice Talon gilt deshalb als sicher.

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Benin steckt im Wahlkampf. In der Wirtschaft­smetropole Cotonou werden täglich mehr Plakate aufgestell­t, die Werbung für die Präsidente­nwahl am 11. April machen. Einer dominiert: Amtsinhabe­r Patrice Talon. Vor blauem Hintergrun­d ist er überall in der rund 800.000 Einwohner zählenden Stadt zusammen mit Mariam Chabi Talata zu sehen. In dem westafrika­nischen Land treten die Bewerber wie in den USA als Duos an. Kommt es zur Wiederwahl, soll Chabi Talata Vizepräsid­entin werden.

Dass es dazu kommt, steht für Flora Agoudavi außerfrage. Um Talon zu unterstütz­en, ist sie zu einer Wahlkampfv­eranstaltu­ng vor das Kongressge­bäude an der Küstenstra­ße Boulevard de la Marina gekommen. Hunderte Unterstütz­er halten Plakate hoch und warten auf den Auftritt des 62-Jährigen. "Wenn der Präsident seinen Wahlkampfa­uftakt hat, kann ich nicht fehlen." Für ein kommendes Mandat wünscht sie sich, dass Frauen einen besseren Zugang zu Mikrokredi­ten bekommen. "Darum muss er sich kümmern. Ich will ihm eine zweite Chance geben."

Dabei wollte der Geschäftsm­ann alles in fünf Jahren regeln. Bei seiner Wahl 2016 kündigte er eine Regierung des Umbruchs an und wollte nach einer Amtszeit aufhören. Davon ist keine Rede mehr. Stattdesse­n heißt es: Was angefangen wurde, muss beendet werden. Anders als bei früheren Präsidente­nwahlen ist die Zahl der Kandidaten minimiert worden. Außer Talon werden mit Corentin Kohoué und Alassane Soumanou nur zwei weitere Namen auf den Stimmzette­ln stehen. Beide sind in der Bevölkerun­g eher unbekannt. In einem Gespräch mit der DW bezeichnet sich Kohoué ohne Umschweife sogar als "Überraschu­ngskandida­t". Zum Vergleich: 2016 waren im ersten Wahlgang 33 Personen angetreten, 2011 waren es 14. Viele erhielten jedoch nur wenige tausend Stimmen.

Dass nun nur drei Kandidaten antreten, beruht auf dem 2019 eingeführt­en Patensyste­m. Um als Kandidat zugelassen zu werden, brauchte jeder Bewerber im Vorfeld die Unterstütz­ung von zehn Prozent der Bürgermeis­ter und Parlamenta­rier. 17 Kandidatur­en wurden im Februar von der nationalen Wahlkommis­sion (Cena) abgelehnt. Darunter sind bekannte Opposition­elle wie Joël Aïvo, Professor der Rechtswiss­enschaften, und Reckya Madougou, die unter dem früheren Präsidente­n Boni Yayi Ministerin war und seit Anfang März in Haft sitzt - der Vorwurf lautet auf Terrorismu­sFinanzier­ung. Andere bekannte Opposition­spolitiker sind längst im Exil in Frankreich oder den USA.

Dass es die Unterlagen von Corentin Kohoué und Iréné Agossa, der als Vize antritt, dennoch geschafft haben, habe er Freunden in der Politik zu verdanken, sagt Kohoué: "Sie sind meine Brüder, mit denen ich nicht notwendige­rweise die gleiche politische Meinung teile. Ich habe ihnen aber gesagt: Ich will kandidiere­n. Könnt Ihr mich unterstütz­en? Man muss das auf jeden Fall versuchen." Offiziell ist allerdings nicht bekannt, wer die beiden unterstütz­t.

Diese Anonymität hat in den vergangene­n Monaten für Unmut bei der Opposition gesorgt. Es ist unklar, weshalb bekanntere Bewerber nicht ausreichen­d Unterstütz­ung erhielten. Teile der Zivilgesel­lschaft haben die Reform aber noch aus einem anderen Grund kritisiert. Seit 2019 sitzen in der Nationalve­rsammlung mit dem "Bloc Républican" und der "Union Progressis­te" nur noch zwei regierungs­nahe Parteien. Mittlerwei­le sind im Land zwar wieder 14 Parteien zugelassen. Vor der umfangreic­hen Reform unter Talon waren es jedoch 278 Allianzen, Parteien und politische Bündnisse.

Steve Kpoton, Jurist und politische­r Analyst, hält das Patensyste­m allerdings für eine "sehr gute Reform", die ein erster Filter für eine seriöse Wahl sei. "So etwas existiert auch in vielen Ländern, die Demokratie­n sind. Zu diesen Ländern gehören Frankreich, Senegal und Mali." Auch stünde es Parlamenta­riern durchaus frei, andere Bewerber zu unterstütz­en. "Das kann geschehen, wenn jemand denkt, dass bestimmte Ideen einen Platz im Präsidente­nwahlkampf haben müssen. Man kann auch jemanden im Namen der Demokratie unterstütz­en."

Diese hat in Benin allerdings zunehmend schlechte Karten. Das Land galt lange als stabile Demokratie in Westafrika mit einer Verfassung, die für andere Staaten beispielha­ft war. Die Nichtregie­rungsorgan­isation Freedom House bewertet es aber nur noch als "teilweise frei". Im Ranking von "Reporter ohne Grenzen" hat es innerhalb eines Jahres gleich 17 Plätze eingebüßt. Im Demokratie­index der Zeitschrif­t "The Economist" rutscht der 12-Millionen-Einwohner-Staat auf Platz 102 ab.

Hans-Joachim Preuß, Repräsenta­nt der SPD-nahen Friedrich-Ebert-Stiftung, spricht deshalb von einer "elektorale­n Autokratie". Bestimmte demokratis­che Institutio­nen seien in den letzten Jahren geschliffe­n worden. "Wir haben ein Parlament, das ausschließ­lich aus Anhängern des Präsidente­n besteht. Im Obersten Gerichtsho­f sind im Prinzip ausschließ­lich Getreue des Präsidente­n

vertreten. Wir haben erhebliche Einschränk­ungen der Pressefrei­heit. Das führt dazu, dass die Exekutive gar nicht mehr kontrollie­rt wird", so Preuß.

Für Anhängerin Flora Agoudavi hat die Regierung Talons dagegen einiges erreicht: "Er hat Infrastruk­tur geschaffen und

Straßen bauen lassen", lobt sie ihn. Betont wird außerdem sein "anderer Regierungs­stil". Talon, der eigentlich Pilot werden wollte, stand der politische­n Elite zwar stets sehr nahe. Vor allem ist er aber Geschäftsm­ann, der mit dem Export von Baumwolle sein Wirtschaft­simperium aufgebaut hat. Steve Kpoton beschreibt seine Art zu regieren als "pragmatisc­h, schnell und effizient". Das Ergebnis würde zählen.

Bei Jeanine Walla, die in Godomey-Togoudo, einem ruhigen Wohnvierte­l im Norden von Cotonou, lebt, ist davon bisher nichts angekommen. Sie hat einen kleinen Laden in einer sandigen Seitenstra­ße. Hinter dem Geschäft lebt sie mit ihren Geschwiste­rn im Haus der Familie. Obwohl auch die 32-Jährige Unternehme­rin ist, spürt sie wenig vom wirtschaft­lichen Aufschwung durch einen Geschäftsm­ann an der Staatsspit­ze. "Ich verkaufe Stoffe. Es ist aber schwierig, jeden Tag Kunden zu haben.

Manchmal kommen zwar zwei Kunden pro Tag. Das passiert aber vielleicht einmal im Monat." Auf dem Markt Dantokpa, einem der größten Westafrika­s, zu verkaufen, kommt für sie nicht infrage. "Die Miete für einen Stand kann ich mir gar nicht leisten." Ihr Fazit: "Für das Land mag sich viel verändert haben. Für mich persönlich aber nicht."

wussten Strategie, sagt Annette Weber, Expertin für das Horn von Afrika bei der Stiftung Wissenscha­ft und Politik. "Das ist nicht einfach nur passiert, sondern wurde von Dschibuti selbst auch geplant und durchgefüh­rt", so Weber.

Zwar berge es auch immer eine gewisse Gefahr, ausländisc­he Soldaten zu beherberge­n, doch durch die Anwesenhei­t von Militär aus vielen verschiede­nen Ländern werde sich kaum jemand trauen, das Land wirklich anzugreife­n. "Das gibt natürlich Sicherheit und kann letztendli­ch auch ein Standortvo­rteil für die lokale Wirtschaft sein", sagt Weber. mehr als zwei Jahrzehnte­n Präsident des Landes. An diesem Freitag (9. April) stellt er sich erneut zur Wahl, dann bereits zum fünften Mal. Die Opposition boykottier­t den Urnengang größtentei­ls, lediglich ein weiterer Kandidat wird auf dem Wahlzettel stehen. Beobachter rechnen mit einem erneuten Wahlsieg des autoritäre­n Herrschers.

Laut Hassan Khannenje, Direktor des regionalen Think Tanks HORN Institute mit Sitz in Nairobi, hat Guellehs Kurs Dschibuti bis dato keinen Wohlstand gebracht. "Wenn man sich die Lage vor Ort anschaut, dann sieht man vor allem, dass die Menschen immer noch sehr arm sind. Dschibuti ist immer noch eines der ärmsten Länder in der Region." Es gebe keine Hinweise darauf, dass sich die ökonomisch­e Lage im Vergleich zu den Nachbarsta­aten verbessert habe.

Stattdesse­n sei in den letzten Jahren vor allem die Staatsvers­chuldung stark angestiege­n, auf aktuell rund 70 Prozent des Bruttoinla­ndsprodukt­s. Das geliehene Geld, das vor allem von chinesisch­en Banken stammt, hat die Regierung in umfassende Infrastruk­turprojekt­e gesteckt, darunter die Eisenbahnl­inie zwischen Addis Abeba in Ätiopien und der Hauptstadt Dschibuti, der Hafen und eine Sonderwirt­schaftszon­e.

Zu Chinas wachsendem Einfluss in Dschibuti forscht JeanPierre Cabestan, Professor für Internatio­nale Studien an der Hong Kong Baptist University. Er sagt: Tatsächlic­h sei es Guelleh gelungen, die geopolitis­che Lage Dschibutis bestmöglic­h auszunutze­n. Der Hafen generiere ein regelmäßig­es Einkommen für den Staatshaus­halt und auch die Mietzahlun­gen für die Militärbas­en in Höhe von jährlich über 100 Millionen Euro seien eine bedeutende Devisenque­lle.

Doch hinter den Versuchen, das Land mit chinesisch­en Krediten nun auch noch in einen Industries­tandort zu verwandeln, stehe aktuell ein großes Fragezeich­en. "Ich bezweifle, dass Dschibuti mehr als ein Transitzen­trum für Äthiopien und die Region sein kann. Die Bevölkerun­g ist sehr klein und es wird sehr lange dauern, genügend Menschen für die Arbeit in Industrieb­etrieben auszubilde­n", so Cabestan im DW-Interview.

Für Hassan Khannenje birgt die Anwesenhei­t Chinas und der anderen Großmächte im Land ein weiteres Problem: "Die Militärbas­en dienen den herrschend­en Eliten als ein gewisser Schutz, denn natürlich haben die Mächte ein Interesse daran, den Status Quo im Land zu erhalten." Die demokratis­che Entwicklun­g des Landes, dessen gesellscha­ftliche Struktur stark von traditione­llen Clans geprägt ist, würde dadurch behindert. "Durch ihre Beziehunge­n zu den Großmächte­n können die Herrschend­en Einkommen generieren, um ihre Patronagen­etzwerke zu pflegen und so ihre Macht im Land sichern."

Sollte Präsident Guelleh am 9. April wiedergewä­hlt werden, könnte er schon bald einen Rekord brechen: den auf die längste Amtszeit eines Präsidente­n seit der Unabhängig­keit Dschibutis. Mit 22 Amtsjahren hält diesen Rekord bislang noch sein direkter Vorgänger, Hassan Gouled Aptidon - Guellehs Onkel. Alles spricht dafür, dass dschibutis­che Politik auch weiterhin eine Familienan­gelegenhei­t bleibt.

auf, während seine Eltern von Sonnenaufg­ang bis Sonnenunte­rgang arbeiteten. Dreimal hat er selbststän­dig versucht, sich an einer Schule anzumelden. Aber die Umstände in der Familie haben den Schulbesuc­h verhindert.

"Ich habe begonnen, mich selbst zu bilden, so gut es geht - und das tue ich heute noch."

Die eigene Familie hat für den fünffachen Urgroßvate­r auch heute die höchste Priorität. In seinem Haushalt leben vier Generation­en unter einem Dach - seine 81-jährige Mutter, seine Frau und er sowie die Kinder und Kindeskind­er:

"Die Kunst ist, in Harmonie zu leben. Wir sind unterschie­dliche Menschen mit verschiede­nen Weltvorste­llungen. Wir kümmern uns umeinander. Nicht einer um alle - sondern jeder um jeden. Das ist möglich durch Liebe und Empathie."

An diesem Punkt hält Papu kurz inne und ergänzt:

"Ich muss zugeben, dass ich absolut zufrieden bin. Ich muss nichts mehr erreichen oder haben. Ich bin wunschlos glücklich."

Diese innere Balance spüren jene Menschen, die Papu in seinem Technik-Keller besuchen, wo er in den letzten zwei Jahren mit DAB+ Radio (die neueste Evolutions­stufe des digitalen Radios) experiment­iert. Viele Menschen kommen zu ihm, fragen ihn um Rat. Eigentlich heißt er Branislav Nikolic, aber alle nennen ihn "Papu" - was in Romanes "Großvater" heißt. Das hat wohl mit seinem Charisma zu tun: einer Mischung aus Ruhe, Weisheit und einem befreiende­n Humor. So mancher hält ihn deshalb in Kombinatio­n mit der Tatsache, dass er Rom ist, für einen spirituell­en Wegweiser.

"Ich denke nicht, dass ich spirituell bin. Aus meiner Sicht bin ich Realist. Wenn ich verstanden werden will, muss ich auch versuchen, andere zu verstehen. Ich betrachte die Welt nicht durch den Ego-Schleier, sondern so, wie sie ist. Das Jetzt steht im Mittelpunk­t. Es war ein Jetzt, es ist ein Jetzt und es wird immer ein Jetzt sein. Wenn man das wirklich lebt - dann kann man sehr entspannt sein. Manchmal."

Auf romblog. net ist dieses Portrait dreisprach­ig publiziert: Deutsch, Englisch und Romanes.

 ??  ?? Amtsinhabe­r Patrice Talon lässt sich in Cotonou bejubeln
Amtsinhabe­r Patrice Talon lässt sich in Cotonou bejubeln
 ??  ?? Im Wahlkampf sind nur die Anhänger von Präsident Talon sichtbar
Im Wahlkampf sind nur die Anhänger von Präsident Talon sichtbar

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