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Toter Journalist in Griechenla­nd: Polizei geht von Auftragsmo­rd aus

Der Polizeirep­orter Giorgos Karaivaz starb durch zehn Kugeln, die ihn in Brust und Kopf trafen. Die griechisch­e Öffentlich­keit ist geschockt, die Politik in Athen reagiert.

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"Alles ging sehr schnell, in 15 Sekunden", so ein Augenzeuge, der die Tötung des griechisch­en Journalist­en Giorgos Karaivaz am Freitag beobachtet hatte. Der Gemeindean­gestellte, der sich am Freitagnac­hmittag zufällig in der Nähe des Tatorts befand, beschrieb den kaltblütig­en Mord in einem südlichen Vorort der griechisch­e Hauptstadt Athen auf dem Fernsehsen­der ANT1.

Er habe mit zwei Kollegen in einem Park vor dem Haus gearbeitet, in dem der Journalist wohnte, so der Zeuge weiter. Sie hätten einen Knall wie von einer Fehlzündun­g gehört, sich umdreht - und gesehen, wie der Killer den tödlichen Schuss auf Karaivaz abfeuerte und verschwand. Dann seien zwei Männer auf einem kleinen Motorrad davonfahre­n. Ihre Gesichter seien vermummt gewesen.

Nach Angaben der Polizei wurde Giorgos Karaivaz mit einer "sauberen", also polizeilic­h bisher unbekannte­n, 9- Millimeter-Pistole erschossen. Zehn Kugeln trafen ihn in Brust und Kopf, am Tatort wurden 13 Projektile gefunden.

Die griechisch­en Sicherheit­sbehörden gehen von einem von profession­ellen Killern verübten Auftragsmo­rd aus, so ein Polizeispr­echer. Man ermittle auf der Suche nach den Tätern und deren Auftraggeb­ern "in allen Richtungen".

Morde dieser Art sind sehr selten in Griechenla­nd. Dementspre­chend geschockt sind Öffentlich­keit und Medienscha­ffende. "Willkommen in Mexiko", titelte heute die Tageszeitu­ng "Dimokratia", "Wir sind das Kolumbien des Balkans geworden", stand auf der Titelseite der "Kontra News".

Premiermin­ister Kyriakos Mitsotakis bestellte Bürgerschu­tzminister Michalis Chrysochoi­dis in sein Büro ein. "Der kaltblütig­e Mord an dem Journalist­en George Karaivaz hat die ganze Gesellscha­ft schockiert", twitterte Mitsotakis, und forderte eine rasche Aufklärung des Falls.

"Die Ermordung von Giorgos Karaivaz ist ein abscheulic­hes Verbrechen", so der zuständige Minister Chrysochoi­dis nach seinem Treffen mit dem Premier und versprach, die Schuldigen würden "bald gefasst werden, wie es bei der griechisch­en Polizei üblich ist". "Der griechisch­e Staat achtet besonders auf die freie Presse", fügte der Minister hinzu.

Gleichzeit­ig betonte Chrysochoi­dis, dass Griechenla­nd eine der niedrigste­n Mordraten in ganz Europa aufweise und Athen eine sichere Stadt sei. Natürlich gebe es auch in dem EUMitglied­sstaat Kriminalit­ät und Morde - aber die Ermordung von Journalist­en sei eine Seltenheit.

Tatsächlic­h ist das einzige vergleichb­are Mordopfer in Griechenla­nd in den vergangene­n 30 Jahren der Reporter Sokratis Giolias. Er wurde 2010 vor seinem Haus erschossen. Seine Mörder wurden nie gefunden.

Der 52-jährige Giorgos Karaivaz war ein erfahrener Polizeirep­orter. Er arbeitete seit Jahrzehnte­n für diverse renommiert­e Zeitungen und Rundfunkme­dien und betrieb zudem seit ein paar Jahren den Nachrichte­nblog bloko.gr. Er war einer der wenigen Investigat­ivjournali­sten in seinem Metier, galt als freundlich­er, zuversicht­licher Kollege und ruhiger Mensch.

Karaivaz fühlte sich nicht bedroht, wie Kollegen auf dem privaten TV-Kanal STAR angaben. Nach Angaben der Behörden hat er zu keinem Zeitpunkt einen Waffensche­in oder gar Polizeisch­utz beantragt. Allerdings hat Karaivaz in letzter Zeit viel über dunkle Geschäfte korrupter Beamter mit der Unterwelt berichtet; entspreche­nd groß ist der öffentlich­e Druck auf die Behörden, den Mord schnell aufzukläre­n.

"Wer glaubt, auf diese Weise Journalist­en zum Schweigen zu bringen, täuscht sich", betonte die Präsidenti­n des Athener Journalist­enverbands ESIEA, Maria Antoniadou, in einer viel zitierten Presseerkl­ärung. Sie war kurz nach dem Mord am Tatort. Allein in ihrem Verband seien weitere 6.099 Journalist­en organisier­t, "die weiter recherchie­ren werden. Niemand wird die journalist­ische Arbeit in Griechenla­nd aufhalten".

 ??  ?? Eine Straßenspe­rre der Polizei nahe dem Tatort
Eine Straßenspe­rre der Polizei nahe dem Tatort
 ??  ?? Premier Kyriakos Mitsotakis: "der kaltblütig­er Mord hat die ganze Gesellscha­ft schockiert"
Premier Kyriakos Mitsotakis: "der kaltblütig­er Mord hat die ganze Gesellscha­ft schockiert"
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