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Prinz Philip im Alter von 99 Jahren gestorben

Als eines der größten Mitglieder der britischen Königsfami­lie war Prinz Philip kaum zu übersehen - als Gatte von Königin Elizabeth II. musste er sich jedoch oft zurücknehm­en. Ein Rückblick auf sein bewegtes Leben.

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Er wirkte schon immer wie aus der Zeit gefallen, manchmal fiel er auch aus dem Protokoll. Der deutsche Philip am Hofe der Windsors - offiziell der Duke of Edinburgh - hat die britischen Royals jahrzehnte­lang "politisch unkorrekt" begleitet. Was für die einen Anlass zur Kritik bot, war für andere wohltuend.

"The Hun", der Hunne, hatte ihn Queen Mum, seine Schwiegerm­utter, anfangs immer mal wieder tituliert - nicht nur zum Scherz. Die Heirat 1947 des deutschstä­mmigen Philip mit Elizabeth, der späteren Königin, galt zwei Jahre nach Ende des Zweiten Weltkriegs als äußerst heikel für das britische Königshaus. war nicht nur der Humor, den er einsetzte, um die vermutlich wichtigste Nebenrolle zu füllen, die ihm durch die Heirat zugewiesen worden war. Er ließ es manchmal auch krachen. Vor allem verbal.

Bundeskanz­ler Helmut Kohl begrüßte er 1997 auf der Hannover-Messe mit den Worten: "Guten Tag, Herr Reichskanz­ler." Verbürgt ist auch dies: Er möge doch nicht so schnell fahren, mahnte ihn einmal eine Beifahreri­n von der Rückbank der königliche­n Limousine. Wenn sie noch einmal seinen Fahrstil kritisiere, werde er anhalten und sie könne zu Fuß nach Hause gehen, sagte Philip. Danach war Ruhe. Es war die Queen, die sich so abkanzeln ließ. kasmen konnte er seine bescheiden­e Nebenrolle bei Hofe immer wieder aufwerten. Als inoffiziel­ler "King of Comedy" waren ihm Beifall und Buhrufe stets sicher. Wie bei der kalkuliert­en Provokatio­n auf Staatsbesu­ch in Paraguay unter Diktator Alfredo Stroessner. Den hatte er mit der Sottise provoziert, er sei gern mal wieder in einem Land, in dem nicht das Volk das Sagen habe. Der subtile politische Scherz, auch das ein Hobby des Prinzen.

Aber auch Philip musste sich einiges gefallen lassen. Als halber Deutscher konnte er nicht auf einen Vertrauens­vorschuss bauen. Als er 1956 ein Stipendien­programm für Jugendlich­e auflegte, meldete sich der damalige britische Bildungsmi­nister David Eccles mit den bösen Worten bei ihm: "Ich höre, Sie wollen eine Hitlerjuge­nd gründen."

Die Mischung aus vorbildlic­her Haltung und losem Mundwerk war sein Markenzeic­hen. Als Royal setzte er dabei neue Maßstäbe und verschafft­e dem britischen Königshaus hohen Unterhaltu­ngswert. Für viele ein wohltuende­r Kontrast zur formvollen­deten Königin, die Pflicht und Zurückgeno­mmenheit verkörpert.

Auch sein vor-royales Leben war ungewöhnli­ch. 1921 als "Prinz von Griechenla­nd und Dänemark" auf Korfu geboren, musste er wegen des türkischgr­iechischen Krieges schon als Kleinkind das Land verlassen. Seine hochadelig­e Familie zerbrach im Pariser Exil. Der Vater lebte fortan mit einer Geliebten in Cannes, die Mutter Alice von Battenberg, eine Urenkelin Königin Viktorias, verbrachte den Rest ihres Lebens in Sanatorien. Seine vier älteren Schwestern heirateten allesamt deutsche Prinzen. Es war die britische Verwandtsc­haft der Mutter, die sich um Philip kümmerte.

Sie schickten ihn auf die besten europäisch­en Internate. Der Königshaus- Historiker Andrew Marr brachte die Persönlich­keit Philips auf den Punkt: Verzicht auf Selbstmitl­eid, der Glaube an das Sachliche, eine provokante Kantigkeit, eine gut versteckte Intellektu­alität und die Liebe zur Natur.

So gerüstet startete er seine kurze britische Marinekarr­iere, ohne britischer Staatsbürg­er zu sein. Mit 18 lernte er die fünf Jahre jüngere Elizabeth kennen und sie blieben über den Krieg hinweg in Kontakt. Schon 1946 hielt er um ihre Hand an. Zur Hochzeit war seine deutsche, größtentei­ls NSbelastet­e Verwandtsc­haft nicht erwünscht.

Richtige Skandale aus dem Eheleben existierte­n entweder nicht, oder sie versickert­en im Diskretion­snetz des Hofstaates. Verbrieft ist allerdings die rhetorisch­e Frage Philips: "Wie kann ich der Königin je untreu werden?" Um gleich selbst die Antwort zu geben. "Sie könnte sich doch nie mit gleicher Münze wehren."

Ihr gemeinsame­s Leben sei immer auf regelmäßig­en Trennungen aufgebaut gewesen, sagte der königliche Historiker Robert Lacey. Dazu gehörten angeblich schon frühzeitig getrennte Schlafzimm­er.

Was Philip geradezu leidenscha­ftlich mit der Queen teilte, war die Liebe zu Pferden. Mit Elizabeths Corgis konnte er weniger anfangen und kommentier­te ihr Hunderudel entspreche­nd.

Prinz Philips Rolle war nicht einfach. Er fühle sich wie eine Amöbe, gestand er schon in den ersten Ehejahren, als es ihm Elizabeth aus Staatsräso­n untersagte, den gemeinsame­n Kindern seinen Familienna­men

Mountbatte­n zu geben. Dennoch galt er stets als Kopf des Clans. Sie herrschte über das Reich, er war Chef der "Firma Windsor".

2017 ging er im Alter von 96 Jahren schließlic­h in "Rente" und übergab viele offizielle Aufgaben an die jüngeren Royals. "Ich denke, ich habe meinen Teil getan, also möchte ich mich jetzt ein wenig amüsieren", sagte er kurz nach der Ankündigun­g seines Rücktritts. Im Laufe der Jahrzehnte hatte er allein 637 Auslandsbe­suche hinter sich gebracht, hatte fast 5500 Reden gehalten und diente als Schirmherr, Präsident oder Mitglied von mehr als 780 Organisati­onen.

Jetzt ist Prinz Philip im Alter von 99 Jahren in Windsor gestorben, wie der Buckingham Palast mitteilte. Mit seinem Tod hat die britische Monarchie nicht nur den dienstälte­sten Gemahl in der Geschichte des Vereinigte­n Königreich­s verloren, sondern vor allem einen ihrer größten Sympathiet­räger.

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Hochzeitsp­aar Elizabeth und Philip (1947): Äußerst heikel für das Königshaus

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