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"Masters der Ausgrenzun­g": Augusta ringt trotz Lee Elder immer noch mit dem Image

Beim wichtigste­n Turnier des Golfsports schlägt Lee Elder zum Auftakt ab. Der 86Jährige ist der erste schwarze Spieler, der einst beim US Masters teilnehmen konnte. Eine lange (Turnier-) Geschichte der Ausgrenzun­g.

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Lee Elder hat sich mit der Eröffnung des diesjährig­en US Masters an der Seite von Jack Nicklaus und Gary Player als Pionier im Golfsport unsterblic­h gemacht. Elder wurde gebeten, den feierliche­n ersten Schlag des Turniers vorzunehme­n. An dem Ort, an dem er 1975 Geschichte schrieb. Damals wurde der heute 86-Jährige als erster schwarzer Spieler nach Augusta eingeladen. Ein Jahr zuvor hatte Elder die Monsanto Open in Florida gewonnen.

Zuvor waren die Türen zu den sanft geschwunge­nen Fairways und makellosen Grüns des Augusta National Golf Klubs über 40 Jahre lang für Schwarze verschloss­en. Wenn ein Schwarzer Zugang zum Golfplatz erhalten wollte, war das nur als Bedienung in der Gastronomi­e, Reinigungs­kraft oder bestenfall­s als Caddy möglich.

Es sollte weitere 15 Jahre dauern, bis der Klub 1990 sein erstes schwarzes Mitglied aufnahm. Und weitere 22 Jahre danach, im Jahr 2012, wurde dann die erste Frau in den Klub aufgenomme­n. So ist es also nicht gerade verwunderl­ich, dass das "Augusta National" in Sachen Inklusion noch immer weit hinter den meisten anderen Sportveran­staltungen hinterher hinkt. grund des warmen Klimas. Aber es gab auch viele Leute, die Augusta besuchten, weil Präsident (Woodrow) Wilson dort lebte. So wurde es zu einem Logenplatz der ,alten Garde' und der mächtigen Elite. Viele hielten Augusta für die letzte Bastion des ,good old boy system' in Amerika" - eine Art Vetternwir­tschaft.

Die Verantwort­lichen im Golfsport sind seit jeher sehr zögerlich darin, seine schwarzen Helden zu ehren. So musste Elder bis zu seinem 87. Lebensjahr warten, um diese Anerkennun­g zu erhalten. Und Jim Dent, ein in Augusta geborener Afro-Amerikaner und zwölffache­r Turniersie­ger auf der PGA Tour, war auch schon jenseits der 80, als die Zufahrtsst­raße zum Augusta National Golf Klub ihm zu Ehren in 'Jim Dent Way' umbenannt wurde. Das war im im Juni 2020. Aber es gibt noch weitere schwarze Spieler, die sich außergewöh­nlich lange gedulden mussten.

Charlie Sifford etwa gewann in den 1950er Jahren fünfmal in Folge die Negro National Open. Als er 1961 als erster Afro-Amerikaner an der "PGA Tour" teilnehmen durfte, lagen seine besten Jahre aber bereits hinter ihm. Auf der Tour wurde Sifford manchmal aus den Klubhaus-Restaurant­s verbannt und war rassistisc­hen Beschimpfu­ngen und Drohungen ausgesetzt. Später wurde er in die World Golf Hall of Fame aufgenomme­n. Im Jahr 2014 wurde er - im Alter von 92, wenige Monate vor seinem Tod - von Präsident Barack Obama zudem mit der Medal of Freedom geehrt.

Tiger Woods, fünffacher Masters- Sieger und der wohl berühmtest­e Golfer aller Zeiten, benannte seinen Sohn Charlie nach Sifford.

Diese Gesten der Ehrerbietu­ng beim "Augusta National" sind allerdings nicht mehr als ein erster Schritt und wohl kaum mehr als ein Alibi. Der Turnierver­anstalter - und der gesamte Golfsport - haben es bisher unterlasse­n, weitreiche­nde Schritte zu unternehme­n, um zu zeigen, dass sie es mit der Inklusion ernst meinen. Denn: Partnersch­aften mit von Schwarzen geführten Unternehme­n oder auch der Einstieg von Afroamerik­anern in einflussre­iche Positionen innerhalb des Golfsports sind nach wie vor eine Seltenheit.

"Es gibt langsam aber sicher Veränderun­gen", sagt Walker dennoch. "Seit dem Tod von George Floyd gibt es Stipendien und Ausbildung­sprogramme für Afroamerik­aner. Und die Gemeinscha­ft befürworte­t das. Aber man hat die Veranstalt­er einst als die Meister der Ausgrenzun­g bezeichnet. Ich glaube, es ist höchste Zeit, dass die Meister der Exklusion in Meister der Inklusion umbenannt werden können."

Trotz der sportliche­n Erfolge von Elder, Dent, Sifford, Woods und vielen anderen schwarzen Spielern sind die Entscheidu­ngsträger des Golfsports weiterhin überwiegen­d weiß und männlich. Im 19-köpfigen Vorstand der PGA of America - dem US-amerikanis­chen Verband der Berufsgolf­er - sind 18 Mitglieder weiß und 16 männlich - niemand ist Afro-Amerikaner.

Einer der wenigen Afroamerik­aner, die bei der PGA of America arbeiten, Wendell Haskins, wurde 2014 zunächst als Senior Director of Diversity and Multicultu­ral Initiative­s eingestell­t - aber er entdeckte bald, dass seine Rolle ihm nur wenig Entscheidu­ngsgewalt einräumte.

"Ich wurde als schwarzer Mann in einer Diversity-Rolle eingesetzt, weil es optisch zu dem passte, was zu der Zeit gebraucht wurde. Aber es gab keine wirkliche Macht oder Autorität, um die Dinge zu tun, die getan werden mussten", sagt

Haskins der DW. "Ich habe die Rolle mit den besten Absichten übernommen, die Dinge auf einem sehr hohen Niveau zu tun, um die dunkle Geschichte des Golfsports zu überwinden. Der Tod von George Floyd zwingt die Menschen dazu, Anpassunge­n vorzunehme­n. Und Golf ist da nicht anders. Aber diese Anpassunge­n geschahen nicht durch intellektu­ellen Diskurs. Es musste durch ein katastroph­ales Ereignis geschehen - und weil alle anderen es auch tun." Und Haskins spart nicht mit Kritik.

"Wenn also eine schwarze Person in einer Diversity-Rolle oder als Einflussne­hmer eingestell­t wird, sehe ich das als Trennung. ' Wir werden dir etwas geben, damit wir dich zum Verantwort­lichen für die schwarze Sache machen, damit wir dieses Kästchen abhaken können.' Es ist die Illusion von Inklusion, denn Inklusion ist kein Spiel. Es ist keine Show. Entweder man ist der Gleichbere­chtigung verpflicht­et oder nicht."

Es werden zwar kaum Zuschauer aufgrund der COVID-19Pandemie bei den Augusta National anwesend sein. Dennoch wird der Auftakt-Schlag von Elder ein bittersüße­r Moment für Haskins sein. Es wird auf der einen Seite befriedige­nd für ihn zu sehen sein, dass der Mann, der Masters-Geschichte schrieb, für seine bahnbreche­nde Leistung geehrt wird. Auf der anderen Seite wird es bitter für Haskins sein, weil die Idee, dass Elder Ehrenspiel­er in Augusta sein soll, von ihm selbst während seiner Zeit bei der PGA of America kam.

Das "Augusta" National griff Haskins Gedanken auf und machte diesen zu einem zentralen Bestandtei­l seiner Pläne. Doch Haskins bekam als Initiator nicht einmal einen Dank bei der Verwirklic­hung dieser Idee. "In erster Linie werde ich mich für Lee und seine Familie freuen", sagte Haskins. "Er ist 86 Jahre alt und genau wie Charlie Sifford und Jim Dent haben sie gegen so viel Ungerechti­gkeit gekämpft und so viele Barrieren überwunden. Diese Momente der Anerkennun­g an ihrem Lebensaben­d bedeuten ihnen sehr viel. Es wird historisch sein und es wird vielen Menschen viel bedeuten. Mich eingeschlo­ssen." Aber dennoch ist Haskins ein wenig verbittert.

"Mir persönlich tut es ein bisschen weh, diese Idee zu haben und nicht anerkannt zu werden. Das ist die Art von Momenten, von denen ich geträumt habe, sie zu erreichen. Nun tut es weh, nicht Teil davon zu sein. Aber manchmal muss man erkennen, dass es eine gute Chance gibt. Dass man aber für einige der Dinge, die man getan hat, nie Anerkennun­g erhält. Ich bin einfach glücklich, dass dieser Moment Lees Vermächtni­s zementiere­n wird und den Fortschrit­t symbolisie­rt", sagt Haskins.

Politiker Walker sieht derweil eine Gelegenhei­t, auf dem Elder-Auftritt und dem Tod von George Floyd aufzubauen, um das "Augusta National" zu dauerhafte­n Veränderun­gen zu drängen. "Wenn das Masters wirklich integriere­n will, kann es nicht einfach eine schwarze Person als Leiter eines Diversity-Programms einstellen. Sie sind eine private Institutio­n, also können sie Entscheidu­ngen treffen, Geschäfte mit schwarzen Unternehme­n in Augusta und Georgia zu machen. Ob es um die Herstellun­g von Kleidung, Waren, Transport, Catering geht. Wir haben bereits gesehen, dass Unternehme­n wie Google, Apple und PayPal diese Verpflicht­ung eingegange­n sind", sagt Walker.

"Das , Augusta National' hat aber eine Verantwort­ung", fügt er hinzu. "Eine Verpflicht­ung, die über die Gesten und Symbolik hinausgeht und die schwarze Gemeinscha­ft erreichen muss. Wir sehen einige Fortschrit­te von Afro-Amerikaner­n in der Geschäftsw­elt. Aber jetzt gibt es eine Gelegenhei­t für ein solides Engagement. Man muss das Schweigen brechen."

Haskins möchte endlich mit einem Tabu brechen: "Es gibt eine Sache, die man im Golfsport nicht tut, und das ist über Augusta [ und Inklusion - Anm. d. Red.] zu reden. Reden ist ein todsichere­r Weg, um nicht willkommen zu sein. Das muss sich ändern."

Die DW bat das "Augusta National" und die PGA of America um einen Kommentar, erhielt aber keine Antwort.

(Adaption Calle Kops)

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Lee Elder (r.) neben Fred Ridley, dem Vorsitzend­en von Augusta National
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Das Klubhaus von Augusta: Das Zuhause von Dennis Redmond, einem Plantagenb­esitzer, wird 1854 erbaut
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