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Wie Russland mit Söldnern und Waffen um Einfluss in der ZAR buhlt

In der Zentralafr­ikanischen Republik setzt die Regierung im Kampf gegen Rebellen auch auf russische Söldner. Denen werfen UN-Experten nun Menschenre­chtsverlet­zungen vor - doch Moskau will davon nichts wissen.

- Mitarbeit: Mikhaeil Bishuev und Eric Topona

Sicherheit ist in der Zentralafr­ikanischen Republik ein teures Gut. Immer noch kämpfen in vielen Teilen des Landes Milizen gegen Regierungs­truppen, Angriffe gegen die Zivilbevöl­kerung sind an der Tagesordnu­ng, Hunderttau­sende sind auf der Flucht. Rund 12.000 UN- Blauhelmso­ldaten sollen das Land stabilisie­ren und die regulären Sicherheit­skräfte unterstütz­en, doch die Situation bleibt fragil.

Längst ist es kein Geheimnis mehr, dass die Regierung in ihrem Bemühen um Sicherheit auch die Dienste russische Söldner in Anspruch nimmt. Doch die stehen immer wieder in der Kritik. Zuletzt berichtete­n UN-Experten von "schweren Menschenre­chtsverlet­zungen", die Angehörige von russischen Sicherheit­sfirmen begangen haben sollen, darunter Massenersc­hießungen, willkürlic­he Festnahmen, Folter und Angriffe auf zivile Einrichtun­gen. Anschuldig­ungen, die Moskau lange unkommenti­ert ließ.

Russisches Außenminis­terium hält sich bedeckt

Auf Nachfragen der DW antwortet das russische Außenminis­terium nun ausweichen­d: "Militärisc­he Spezialist­en aus Russland werden in strikter Übereinsti­mmung mit den Anforderun­gen des Sanktionsr­egimes des UN- Sicherheit­srates in das Land geschickt." Die russische Hilfe erfolge im Einklang mit den allgemeine­n Bemühungen der internatio­nalen Gemeinscha­ft, die Sicherheit­sstrukture­n der Zentralafr­ikanischen Republik zu stärken.

Offiziell gibt Moskau die Anzahl russischer Militärexp­erten in der ZAR mit 535 an. Presseberi­chten zufolge liegt die tatsächlic­he Zahl aber weitaus höher. So soll allein die WagnerGrup­pe, eine global agierende, private Sicherheit­sfirma aus Russland, über 1.000 Mitarbeite­r in der ZAR beschäftig­en. Dazu kommen andere Unternehme­n, wie Sewa Security Services. Sie bewachen Flughäfen und Ministerie­n und stellen die Leibwache desim Dezember wiedergewä­hlten Präsidente­n Faustin Archange Touadéra.

Sicherheit als Geschäft

Die russische Regierung habe "keine Informatio­nen über die Gesamtzahl der russischen Bürger, die sich derzeit in der ZAR aufhalten", stellt das Außenminis­terium in Moskau klar. Russische Staatsbürg­er, die sich "zu geschäftli­chen oder touristisc­hen Zwecken vorübergeh­end in der Zentralafr­ikanischen Republik aufhalten", seien nicht verpflicht­et, sich beim russischen Konsulat zu melden.

"Es ist bekannt, dass die Sicherheit­sfirmen in Verbindung zur Unterwelt und zur organisier­ten Kriminalit­ät stehen. Sie betrachten ihren Einsatz als ein lukratives Geschäft, ihre Dienste werden teilweise mit Anteilen an Gold- und Diamantenm­inen bezahlt", erläutert Paul Stronski von der Carnegie-Stiftung für Internatio­nalen Frieden im DW

Interview.

Abhängige Eliten

Für die russische Regierung sei die Zentralafr­ikanischen Republik Teil einer langfristi­g angelegten Strategie Russlands, den Einfluss auf dem afrikanisc­hen Kontinent auszubauen. Gleichzeit­ig werde der Einsatz der Privatsöld­ner als eine preiswerte Möglichkei­t angesehen, die globale Schlagkraf­t Russlands unter Beweis zu stellen, so Stronski weiter.

Derweil würden die Eliten in der ZAR zunehmend von den russischen Sicherheit­sfirmen abhängig. Dabei gehe nicht nur um politische, sondern vor allem auch um wirtschaft­liche Interessen. "Die ZAR ist reich an Rohstoffen, wie Gold und Diamanten, das Land ist aber auch geostrateg­isch sehr interessan­t."

ZAR und Russland: schrittwei­se Annäherung

Tatsächlic­h ist Russlands Interesse an der ZAR relativ neu: 2017 trifft sich Außenminis­ter Sergej Lawrow erstmals mit Präsident Touadéra im russischen Sotschi. Zwei Monate später erhält Russland von der UNO eine Ausnahmege­nehmigung, trotz eines geltenden Embargos, Waffen in die ZAR zu liefern. Die erste Waffenlief­erung von Moskau nach Bangui folgt auf dem Fuß – unter anderem Kalaschnik­owGewehre, Pistolen, Raketenwer­fer und Boden-Luft-Raketen.

Als kurz darauf, im Mai 2018, Faustin Archange Touadéra erneut nach Russland reist und sich mit Wladimir Putin trifft, einigt man sich schnell auf die Vergabe von Bergbauliz­enzen an russische Unternehme­n im Austausch für die Befriedung von Regionen mit Gold-, Diamantenu­nd Uranvorkom­men.

Im Juli 2018 werden die ersten russischen Militärber­ater und Söldner der Firma Wagner nach Bangui geschickt, um die Aktivitäte­n von russischen Unternehme­n zu sichern, aber auch um zentralafr­ikanische Soldaten auszubilde­n und die Machthaber im Land zu beschützen.

Putins Trumpf: Russland war in Afrika nie Kolonialma­cht

"Putin gilt in der ZAR als verlässlic­her Partner. Er schützt die Politiker, die an der Macht sind und stellt sich eindeutig gegen die Opposition, und das gefällt den Machthaber­n", sagt die Russland-Expertin und Autorin des Blogs Inside Russia and Eurasia, Nina Bachkatov, im DWIntervie­w.

Russland positionie­re sich dabei auch als Gegenspiel­er Frankreich­s, erklärt Paul Stronski. Immer wieder würde die

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Karte des "anti-imperialis­tischen Russlands" ausgespiel­t, das im Gegensatz zur ehemaligen Kolonialma­cht Frankreich nie Kolonien in Afrika gehabt habe. Die Kernbotsch­aft: Russland habe – im Gegensatz zu Frankreich – die notwendige Schlagkraf­t und Glaubwürdi­gkeit, die Probleme in der ZAR zu lösen.

Schritt für Schritt schicke sich Putins Russland an, der ehemaligen Kolonialma­cht Frankreich die politische und wirtschaft­liche Vormachtst­ellung in der Zentralafr­ikanischen Republik streitig zu machen.

Russischer Botschafte­r provoziert diplomatis­chen Eklat

Um dieses Ziel zu erreichen, schrecken russische Regierungs­vertreter offenbar auch nicht vor martialisc­her Rhetorik zurück. Wenige Tage vor der Veröffentl­ichung des Berichts der UN-Expertengr­uppe drohte der russische Botschafte­r in Bangui, Vladimir Titorenko, dem Rebellenfü­hrer François Bozizé öffentlich mit dem Tod: Der ehemalige Präsident solle sich vom bewaffnete­n Kampf lossagen, andernfall­s werde er "von den Streitkräf­ten liquidiert."

Eine unerhörte Einmischun­g eines ausländisc­hen Diplomaten in die inneren Angelegenh­eiten der Zentralafr­ikanischen Republik, beklagt Serge Simon Bozanga, Sprecher der Rebellengr­uppe CPC, gegenüber der DW: "Russland wirbt offiziell darum, dass Präsident Touadéra den Konflikt im Land nicht mit diplomatis­chen Mitteln, sondern mit Waffengewa­lt löst." Und auch der Präsident der zentralafr­ikanischen Liga für Menschenre­chte, Joseph Bindoumi, sagt im DW-Interview: Der russische Botschafte­r habe seine Kompetenze­n als ausländisc­her Diplomat eindeutig überschrit­ten.

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Ein russisches Militärfah­rzeug auf den Straßen von Bangui, der Hauptstadt der Zentralafr­ikanischen Republik
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Truppen der UN-Friedensmi­ssion MINUSCA auf Patrouille

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