Deutsche Welle (German edition)
Wer wird Unions-Kanzlerkandidat: Armin Laschet oder Markus Söder?
CDU und CSU sind Schwesterparteien und bilden gemeinsam die Union. Und wie Schwestern so sind: Eine Konkurrenz in einer Grundsatzfrage kann hässlich werden.
Die Union im Showdown. Wer soll die C-Parteien als Kanzlerkandidat in die Bundestagswahl Ende September führen, wer soll um das Erbe von Angela Merkel kämpfen? Die beiden wichtigsten deutschen Ministerpräsidenten, der NordrheinWestfale Armin Laschet (CDU) und der Bayer Markus Söder (CSU), wollen beide - doch nur einer kann gewinnen. Solche Konkurrenz sind die C-Parteien nicht gewohnt. Am Montagmittag sprach sich das CDUPräsidium erwartungsgemäß für Laschet aus. Doch formell ist das noch keine abschließende Entscheidung - entschieden ist also noch nichts.
Wie kam es dazu? "Wenn die CDU bereit wäre und es will, mich zu unterstützen, dann stehe ich bereit", verkündete Söder am Sonntagnachmittag. Damit gab er jenen Spekulationen Feuer, die angesichts guter Umfragewerte für Söder und ernüchternder Werte für Laschet längst blühten. Dass der 54-jährige bayerische Landesvater sich selbst jeden Job zutraut, daran lässt er geradezu traditionell keine Zweifel.
Seitdem ringt die CDU-Spitze um Haltung und Geschlossenheit. Denn Söder sitzt in Bayern und im CSU-Lager fest im Sattel und hat seine Truppen sortiert. Laschet hat es da schwerer. Er ist erst seit Mitte Januar CDU-Chef und seitdem wirbelig einerseits um Präsenz und andererseits um Eintracht der zerstrittenen Partei bemüht. Aber Geschlossenheit konnte er bislang nicht erreichen.
Noch am Sonntagabend saß Laschet mit weiteren Führungskräften seiner Partei bei einem sogenannten Geheimtreffen zusammen. Die Zusammenkunft war so "geheim", dass es wirklich jedes Medium auf seinen Online-Seiten vermeldete. Denn Gesprächsbedarf ist da. So stützen Laschets Stellvertreter ihn an der Parteispitze, hören aber selber Söder-Jubel von ihrer Parteibasis. Es ist ein Ringen.
"Es kommt gar nicht so sehr darauf an, was die Präsidien der CDU und CSU sagen, weil die Präsidien stehen ja immer zu ihren Vorleuten", sagt Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) am Montagmorgen auf RTL/ntv. "Es kommt darauf an, dass wir eine Lösung finden, die von weiten Teilen der Union getragen werden kann." Altmaier, ein Getreuer von Angela Merkel, die mit der Kür des potenziellen Nachfolgers noch deutlicher zur bald scheidenden Kanzlerin wird, äußert sich nicht allzu oft zu parteipolitischen Themen.
Und das scheint der springende Punkt. Die CDU-Spitze muss nicht einmal auf die Meinungsumfragen in der Gesamtbevölkerung schauen, die seit Wochen Söder deutlich vor Laschet sehen. Nein, einige CDU- Bundestagsabgeordnete hatten schon in der vorigen Woche, ausgesprochen ungewöhnlich, ihre Unterstützung für den CSU-Mann Söder angekündigt. Laschet erscheint ihnen zu fahrig, vielleicht auch zu nah an Merkel. Mit Söder verbinden sie die Hoffnung auf frischeren Wind im lange nicht durchgelüfteten Unions-Milieu.
Wie nervös die Spitzenkräfte und die Strippenzieher im Hintergrund sind, erfuhr der CDU-Mann Norbert Röttgen. Es gehe nun nicht um Laschet oder Söder, "sondern allein um den Wahlsieg der Union", mahnte er am Sonntag in Interviews. Danach müsse sich alles richten. Röttgen ist einer der Klügsten im CDU-Lager, aber er ist eigensinnig genug, um in der Parteispitze nicht viele Freunde zu haben. Nach seinem Vorstoß, der als Plädoyer für Söder verstanden wurde, kanzelten ihn mehrere Parteikollegen in der "Bild"-Zeitung regelrecht ab. Das sorgt für Solidarität anderer Abgeordneter - mit Röttgen. Von "Einschüchterungskommandos" ist die Rede.
Noch während die CDUParteispitze am Montagmorgen für Stunden zusammensaß, ergriff ein kompletter CDU-Landesverband die Initiative. Eigentlich ist das ein Affront. Das Präsidium der Berliner Christdemokraten kündigte seine Unterstützung für Söder als gemeinsamen Kanzlerkandidaten von CDU und CSU an. Und zwar "einhellig", betonte das Präsidium in einem Tweet.
Nun ist Berlin wahrlich keiner der besonders wichtigen oder großen Landesverbände der CDU. Aber hier ergab sich ein promptes Stimmungsbild. Aus mehreren der größeren Landesverbände hörte man von Abgeordneten kritische Töne zu Laschet. An der Basis daheim gebe es zuhauf Stimmen, die "Bloß nicht Armin Laschet" forderten.
Immer deutlicher zeichnet sich ein Gegensatz ab zwischen der CDU-Spitze, die sich jetzt auf Laschet festgelegt hat, und Teilen der Bundestagsfraktion oder Teilen der Basis. "Die Fraktion muss in der Kandidatenfrage einbezogen werden. Alles andere wäre ein schwerer Vertrauensverlust. Zur Erinnerung: Kein Kandidat wird Kanzler ohne die Fraktion…" Das bekräftigte Montagmorgen in aller Deutlichkeit zwar ein CSUBundestagsabgeordneter, der Außenpolitiker Thomas Erndl. Aber seinem Tweet gaben auch CDU-Parlamentarier ein "Like". Erndl: "Wir Abgeordnete können die Stimmung im ganzen Land am besten einschätzen."
Am späten Montagnachmittag treten in München schließlich Söder und CSUGeneralsekretär Markus Blume nach einer Präsidiumssitzung vor die Kameras. Blume nennt Söder dabei den "bestgeeigneten Kanzlerkandidaten der Union" und kündigt Gespräche mit der Schwesterpartei in Delegationsstärke an. Das sei dann der "Beginn der Beratungen", die aber nicht "endlos" sein sollten. Und Söder verweist betont freundlich auf Äußerungen aus diversen CDULandesverbänden, die sich für ihn aussprächen: Niedersachsen, Thüringen, Berlin, Rheinland-Pfalz. Es gebe noch Diskussionsbedarf. Der nächste Akt wird die Sitzung der Unionsfraktion am Dienstagnachmittag. Ausgang: offen.
Die Festlegung, ob Laschet oder Söder Kanzlerkandidat der Union wird, könnte sich also noch hinziehen. Dabei eilt die Zeit. Denn der derzeitige wichtigste politische Gegner, die Grünen, gehen geradezu elegant auf die Bekanntgabe ihrer Spitzenpersonalie zu. Am nächsten Montag wollen sie nach einem bislang bemerkenswert geräuschlosen Vorlauf sagen, ob Robert Habeck (51) oder Annalena Baerbock (40) für das Kanzleramt ins Rennen geschickt wird.
Der anschwellende Chor der Baerbock-Kritiker aus der Union verrät nicht nur die Gegnerschaft oder die Furcht der nach wie vor männlich dominierten C-Parteien, gleich wieder von einer Frau regiert zu werden. Manches da klingt nach Neid. "Der Anspruch der Union muss sein, die Nummer eins zu sein", sagte Söder am Sonntag. "Der Hauptgegner sind die Grünen."
jetzt im Wahlprogramm der Partei. Deutscher sei demnach nur, wer deutsche Eltern hat. Hunderttausende Deutsche werden damit ideologisch zu "Nicht-Deutschen" erklärt. Und Einwanderung soll so gut wie unmöglich gemacht werden: Nicht einmal mehr dringend gesuchte Fachkräfte will die AfD in Deutschland vorbehaltlos willkommen heißen. Der "sogenannte Fachkräftemangel" sei ein "konstruiertes Narrativ der Industrie- und Wirtschaftsverbände sowie anderer Lobbyvereine", befand der Parteitag.
Die selbsternannte Alternative will Deutschland wieder einmauern. Und das nicht nur in ein gesellschaftliches Klima vergangener Zeiten mit dem Kampf gegen Genderstern und gegen die Gleichberechtigung
Homosexueller. Einmauern ist fast wörtlich zu nehmen: Statt von Mauern spricht die AfD aus wahltaktischen Gründen vorsichtshalber lieber von Grenzzäunen, die errichtet werden sollen. Denn Mauern kommen in Deutschland traditionell eher nicht so gut an.
Die AfD will eine radikale Wende in der internationalen Politik: Sie fordert den Austritt aus der Europäischen Union und ein Ende der Gemeinschaftswährung Euro. Das Motto der Außen- und Sicherheitspolitik könnte frei nach Ex-USPräs i den t Don al d Tru mp zusammengefasst werden als "Deutschland zuerst".
Die Agenda des Umbaus und der Härte ist lang. Im Falle eines Wahlerfolges will die AfD hunderttausende Menschen abschieben. Und das auch, wenn sie aus Kriegs- und Krisenländern kommen. Sie will, dass Kinder schon im Alter von zwölf Jahren vor Gericht gestellt werden können. Und wenn ein Kind aus einem Kriegsland nach Deutschland geflohen ist, dann soll es laut Programm der AfD auf sich allein gestellt bleiben: Denn mit großer Mehrheit hat der Parteitag in Dresden beschlossen, den Familiennachzug für Geflüchtete kategorisch abzulehnen. Auch für die Familien von traumatisierten, geflohenen Kindern.
Der AfD geht es dabei nicht um Recht und Gesetz, das hat der Kopf des rechtsextremen Parteiflügels, Björn Höcke, unter großem Beifall explizit deutlich gemacht: Die AfD müsse ein politisches Zeichen setzen, forderte Höcke, und dürfe dabei nicht auf geltendes Recht Rücksicht nehmen.
Und genau diese Haltung macht die AfD zu einer Gefahr für Deutschland: Recht und Gesetz akzeptiert diese Partei nur, wenn sie ihr nicht im Weg stehen. Das sollte den Menschen in Deutschland Angst machen.
Die AfD ist zwar weit davon entfernt, den nächsten Kanzler oder die nächste Kanzlerin zu stellen. Sie wird auch nach der Bundestagswahl nicht mitregieren, das haben alle anderen Parteien deutlich gemacht. Aber schon bald könnte sie im Bundesland Sachsen-Anhalt die stärkste politische Kraft werden. Deswegen muss das Programm dieser extremen Partei ernst genommen werden.
Die AfD propagiert den freundlichen deutschen Gartenzwerg als Gegenentwurf zur feindlichen globalisierten Welt. Was der AfD dabei offenbar entgangen ist: Der deutsche Gartenzwerg ist ein Einwanderer. Er stammt aus der Türkei. Vor 800 Jahren stellten ihn die Bergarbeiter in Ostanatolien auf. Als Schutz vor bösen Geistern. Über italienische Kaufleute kam die berühmte rote Zipfelmütze dann irgendwann auch nach Deutschland. So ist das mit der Menschheitsgeschichte: Was gestern noch fremd war, ist morgen schon urdeutsch. Die Welt ist in Bewegung. Sie ändert sich. Aber keine Angst: Das ist normal.
Korrektur am 12.04.2021: In einer früheren Version dieses Textes war von fünf Millionen Euro die Rede, mit denen Zuwanderungswillige Aufnahme in Deutschland nden könnten. Dieser Passus zwar zunächst beschlossen, auf Intervention des Bundesvorstands dann jedoch wieder aus dem Wahlprogramm gestrichen worden.
chet und auch Merkel Gäste bei der Klausurtagung der Spitze der
Unionsfraktion - eine gute Gelegenheit, für mehr Klarheit in der
Frage der Kanzlerkandidatur zu sorgen.