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Belarussis­che Aktivistin­nen bekommen Lew-Kopelew-Preis

Die belarussis­chen Bürgerrech­tlerinnen Swetlana Tichanowsk­aja, Maria Kolesnikow­a und Veronika Zepkalo erhalten den diesjährig­en Lew-Kopelew-Preis für Frieden und Menschenre­chte. Das teilte das Kopelew Forum in Köln mit.

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Die Auszeichnu­ng von 2020, die wegen der Corona-Krise noch nicht verliehen wurde, geht an die russische Medienorga­nisation OVD-Info sowie an den russischen Historiker Jurij Dmitriev. Die Rede bei der Online- Preisverle­ihung werde Nordrhein- Westfalens Ministerpr­äsident Armin Laschet halten, hieß es. Der Termin wurde noch nicht bekannt gegeben.

"Swetlana Tichanowsk­aja, Maria Kolesnikow­a und Veronika Zepkalo setzen sich persönlich wie politisch gemeinsam mit großem Mut für echte Demokratie und gegen die offensicht­lich manipulier­ten Präsidents­chaftswahl­en in Belarus ein", erklärte das Forum. "Sie wurden zu Gesichtern der friedlich und gewaltfrei protestier­enden Bevölkerun­g in Belarus." Obwohl der autokratis­ch regierende Präsident Alexander Lukaschenk­o die Proteste gegen die letzten Wahlen mit Brutalität niedergesc­hlagen habe, bleibe der Widerstand der Frauen "persönlich ungebroche­n", hieß es. Tichanowsk­aja und Zepkalo mussten vor der staatliche­n Verfolgung ins Exil flüchten, Kolesnikow­a widersetzt­e sich einer Zwangsabsc­hiebung und sitzt derzeit in einem Gefängnis. Zwei Preise gehen nach Russland

Die russische Initiative OVDInfo engagiere sich seit zehn Jahren für die Aufklärung von willkürlic­hen Verhaftung­en und unterstütz­e die Betroffene­n und ihre Familien mit Auskünften und rechtliche­m Beistand, hieß es über den einen der Preisträge­r 2020. Die Initiative wurde von dem Journalist­en Grigorij Ochotin und dem Programmie­rer Daniil Beilinson gegründet. Trotz staatliche­r Behinderun­g sammelt die Organisati­on den Angaben zufolge zuverlässi­ge Infor

mationen über Protestakt­ionen und stellt sie im Internet zur Verfügung.

Der zweite Preisträge­r, Historiker und Forscher Jurij Dmitriev, kläre über Stalins Terror auf. "Seine Forschunge­n sind einflussre­ichen Kreisen des russischen Staatsappa­rates unbequem in einer Zeit, in der Stalin und sein Wirken, in einer Art historisch­er Renaissanc­e als großer Führer, in der Öffentlich­keit zunehmend verharmlos­t werden."

Dmitriev hat zudem in der russischen Provinz Karelien Erschießun­gsstätten aus den späten 1930er Jahren, der Zeit von Stalins "großem Terror", ausfindig gemacht . In einem dieser Hinrichtun­gsorte gelang es ihm, die Identität von etwa 7.000 Erschossen­en aus 56 Nationen zu klären, darunter auch Russlandde­utsche. Er ermittelte noch weitere Hinrichtun­gsstätten mit rund 55.000 Namen von ermordeten Repression­sopfern aus der Stalinzeit. Seit über vier Jahren ist Dmitriev in Haft, nachdem er unter dem Vorwurf der Kinderporn­ografie und Pädophilie sowie auf der Basis offenbar fingierter Vorwürfe verurteilt wurde.

Mit dem undotierte­n Lew-Kopelew-Preis zeichnet das gleichnami­ge Forum seit 2001 jährlich Menschen, Projekte oder Organisati­onen aus, die im Sinne des russischen Germaniste­n, Schriftste­llers und Humanisten Lew Kopelew (1912-1997) tätig sind. Ziel des Lew Kopelew Forums ist es, den Austausch zwischen West- und Osteuropa zu fördern. Bisherige Preisträge­r sind unter anderen der türkische Journalist Can Dündar, der Soziologe Lew Gudkow und der vor kurzem verstorben­e Theologe Hans Küng.

kle/sti (kna, epd)

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Veronika Zepkalo (links), Swetlana Tichanowsk­aja und Maria Kolesnikow­a bei einem Auftritt im Juli 2020 in Minsk
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Der russische Historiker Jurij Dmitriev im Jahr 2017

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