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OECD: Entwicklungshilfe dürfte dramatisch sinken
Die reichen Industrieländer haben 2020 Rekordsummen für Entwicklungshilfe ausgegeben, gerade auch für die Corona-Bekämpfung. Doch es droht ein deutlicher Einbruch.
Die gute Nachricht zuerst: Weltweit haben die Mittel für Entwicklungszusammenarbeit mit gut 161 Milliarden US-Dollar einen neuen Höchststand erreicht. Soviel haben die westlichen Industrieländer, die sich in der Organisation für Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) zusammengeschlossen haben, im vergangenen Jahr aufgewendet. Vor allem der Zuwachs gegenüber dem Vorjahr von real, also inflationsbereinigt, 3,5 Prozent ist tatsächlich beeindruckend. Ein großer Teil davon floss als Hilfe zur Bekämpfung der Corona-Pandemie an arme Länder. Das zeigt, dass die OECD-Staaten gerade während der Pandemie nicht nur an sich gedacht haben.
Weniger beeindruckend werden die Zahlen, wenn man die Covid-Mittel für arme Länder mit den Hilfen vergleicht, die die Industriestaaten zur Stützung ihrer eigenen Volkswirtschaften aufgewendet haben. "Regierungen haben weltweit im
Zusammenhang mit Covid-19 Wirtschaftshilfen von rund 16 Billionen Dollar aufgelegt", sagte OECD- Generalsekretär Angel Gurría. Nur ein Prozent dieses Betrags werde dafür eingesetzt, um Entwicklungsländern in der Krise zu helfen.
Auch bei einem anderen Wert muss man Wasser in den Wein gießen: Der Anteil der Entwicklungshilfe am Bruttonationaleinkommen (BNE) ist im vergangenen Pandemie- Jahr 2020 zwar leicht von 0,3 auf 0,32 Prozent gestiegen. Aber abgesehen davon, dass das immer noch weit vom UN-Ziel von 0,7 Prozent entfernt ist, kommt selbst die Steigerung nur durch einen besonderen Umstand zustande: Da es sich um einen Prozentsatz des BNE handelt und die Wirtschaftsleistung in praktisch allen OECD-Staaten stark eingebrochen ist, bleibt der Anteil selbst dann gleich, wenn die Entwicklungsausgaben gekürzt werden.
Die OECD- Länder geben allerdings sehr unterschiedlich viel für Entwicklungszusammenarbeit aus. Nur sechs Länder erreichten das UN-Ziel von mindestens 0,7 Prozent ihrer Wirtschaftsleistung: Dänemark, Luxemburg, Norwegen, Schweden, Großbritannien und – zum zweiten Mal nach 2016 - Deutschland.
0,73 Prozent seiner Wirtschaftsleistung gab Deutschland laut vorläufigen Zahlen 2020 für Entwicklungszusammenarbeit aus. Darin sind allerdings Ausgaben für Flüchtlinge im Inland enthalten. Rechnet man sie heraus, sind es 0,66 Prozent. Auch in absoluten Zahlen kann sich der deutsche Beitrag sehenlassen: Deutschland ist mit 25 Milliarden Euro nach den USA der zweitwichtigste Geldgeber.
Damit zur wichtigsten schlechten Nachricht: Im kommenden Jahr werden die Hilfsgelder vermutlich dramatisch einbrechen. Denn die Geberländer dürften alle Hände voll zu tun haben, die wirtschaftlichen Folgen der Pandemie aufzufangen. Der deutsche Entwicklungsminister Gerd Müller, CSU, warnt für sein Land: "Die vom Finanzministerium vorgelegte Finanzplanung sieht für die kommende Jahre einen Rückgang der Entwicklungsmittel um rund ein Viertel vor. Die weltweiten Folgen der Pandemie können wir so nicht bewältigen. Denn Corona wird im nächsten Jahr nicht vorbei sein". In anderen Industriestaaten sind ähnliche Kürzungen zu erwarten.
"Diese Krise ist ein ernster Test für den Multilateralismus", so OECD-Generalsekretär Gurría. Er fordert deutlich mehr
Anstrengungen, um die Impfstoffversorgung der Entwicklungsländer voranzubringen. Die Impfstoff-Initiative Covax für arme Länder leide unter massiver Finanznot.
Gerd Müller sieht in dem Virus weit mehr als eine Gefahr für die weltweite Gesundheit. Die Pandemie habe eine dramatische Wirtschafts- und Hungerkrise ausgelöst. 300 Millionen Menschen hätten ihren Arbeitsplatz verloren. "Und weil Medikamente nicht mehr ankommen, etwa für Aids, Tuberkulose oder Malaria, werden in Afrika voraussichtlich mehr Menschen an den Folgen des Lockdowns sterben als am Virus selbst. Es ist zu befürchten, dass viele Länder um Jahre in ihrer Entwicklung zurückgeworfen werden."
entscheiden Landkreise und Städte bereits autark, ob sie das Modell ausprobieren wollen.
Das führt zum Teil zu absurden Situationen. Im nordrheinwestfälischen Aachen kann man ungetestet zum Friseur gehen. Im 65 Kilometer entfernt liegenden Köln braucht man ein negatives Testergebnis, kann aber unter Aufsicht des Friseurs einen Selbsttest machen. 30 Kilometer weiter, in Bonn, reicht das nicht aus, hier wird die Bescheinigung aus einem offiziellen Testzentrum verpflichtend benötigt. in großem Stil Termine absagen", berichtet der Hamburger Handwerkspräsident Hjalmar Stemmann in einem Interview.
"Da wäre es besser, sie würden die Läden wieder zumachen und uns in Kurzarbeit schicken", schimpft eine Friseurin in Berlin. Ihr Geschäft liegt in einer großen Einkaufsstraße im Berliner Stadtteil Charlottenburg. Gleich nebenan in einem Geschäft für Wohnaccessoires, Porzellan und Geschenkartikel ist es ebenfalls gähnend leer. "Wir leben eigentlich von Laufkundschaft und spontanen Käufen", erzählt eine Angestellte: "Die Testregelung funktioniert für uns nicht."
Geschäfte, die nur für negativ getestete Kunden geöffnet sein dürfen, machen laut einer aktuellen Umfrage des deutschen Einzelhandelsverbands HDE 62 Prozent weniger Umsatz als in Vor-Corona-Zeiten. "Die Politik greift an den falschen Stellen ein", kritisiert Geschäftsführer Stefan Genth.
Aber warum funktioniert das Testmodell nicht? Was ist so schwierig daran, einen Corona-Schnelltest durchführen zu lassen, dessen Ergebnis innerhalb von 15 Minuten vorliegt? In Deutschland hat jeder Bürger Anspruch auf mindestens einen kostenlosen Test pro Woche. In Berlin gibt es inzwischen ein großes Netz von Teststellen. Bei manchen der rund 300 Anlaufpunkte kann man ohne Termin erscheinen, bei anderen kann oder muss ein Termin vereinbart werden.
Das ist oft genug aber nicht einfach, weil es für Zeiten, die besonders attraktiv sind, nicht ausreichend Termine gibt: beispielsweise am Samstagmorgen, wenn man anschließend den ganzen Tag zum
Shoppen nutzen könnte. Zu solchen Stoßzeiten sind auch die Testcenter, die ohne Termin aufgesucht werden können, stark frequentiert. Eine Stunde Wartezeit, die auch bei Kälte, Wind und Regen draußen zugebracht werden muss, ist keine Seltenheit. Das wirkt abschreckend und schmälert die Lust auf eine Einkaufstour gewaltig.
Vor allem größere Handelsketten reagieren darauf, indem sie Testmöglichkeiten vor Ort schaffen. Der Baumarkt Hornbach hat damit in NordrheinWestfalen bereits begonnen, viele der bundesweit insgesamt 96 Standorte sollen folgen. Man sei "in den vergangenen Tagen an die Kommunen und auch an die lokalen Hilfsorganisationen herangetreten, um einen Teil der großen Parkplätze für Testzentren zur Verfügung zu stellen", sagt Unternehmenssprecher Florian Preuß.
Händler, deren Geschäfte weniger zentral liegen und die daher nicht darauf hoffen können, dass die Kommune vor ihrer Eingangstür eine Te s tm ö g l i ch ke i t e rö f f n e t, müssen sich etwas anderes ausdenken. So hat ein Berliner Möbelhaus für zwei Filialen in der Stadt medizinisches Fachpersonal angeheuert. Kunden, die das Angebot wahrnehmen wollen, müssen 20 Euro bezahlen. Dafür bekommen sie einen Gutschein, den sie bei einem Einkauf verrechnen lassen können.
Für kleine Geschäfte lohnt sich dieser Aufwand nicht. Deren Inhaber haben ihre Läden als Reaktion auf die Testpflicht auch wieder geschlossen. In der Einkaufsstraße in Berlin-Charlottenburg ist es in einem Shoppingcenter inzwischen jedes zweite Geschäft.