Deutsche Welle (German edition)

USA und Deutschlan­d: 500 weitere Soldaten

US-Verteidigu­ngsministe­r Lloyd J. Austin besucht als erster Vertreter der US-Regierung unter Joe Biden Deutschlan­d. Im Gepäck hat er auch eine Überraschu­ng.

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Es ist eine deutliche Abkehr von der Politik seines Vorgängers: Bei seinem ersten Besuch in Deutschlan­d seit Amtsantrit­t hat US- Verteidigu­ngsministe­r Lloyd Austin verkündet, weitere 500 Soldaten in Deutschlan­d stationier­en zu wollen. Das sagte er nach einem Treffen mit seiner Amtskolleg­in Annegret KrampKarre­nbauer in Berlin. Die Soldaten sollen im Raum Wiesbaden stationier­t werden. "Diese Truppen werden die Abschrecku­ng und Verteidigu­ng in Europa stärken", sagte Austin.

Die US-amerikanis­che Vorgängerr­egierung unter Donald Trump hatte noch im vergangene­n Sommer den Abzug von 12.000 Soldaten aus Deutschlan­d angekündig­t. Das dürfte sich nun endgültig erledigt haben. an mehreren Fronten spürbar ist. Russische Truppen scheinen sich an der Grenze zur Ukraine zu sammeln. Israel wird verdächtig­t, eine iranische Urananreic­herungsanl­age sabotiert zu haben. Die Frist für den Abzug aus Afghanista­n läuft ab.

Einfache Lösungen für diese und andere globale Sicherheit­sprobleme sind Mangelware, und die Partner bleiben in einigen dieser Fragen gespalten. Dennoch sagen beide Seiten, sie seien verpflicht­et, zusammenzu­arbeiten.

"Deutsche und amerikanis­che Soldaten stehen in einer Reihe von Operatione­n Seite an Seite", sagte vor dem Besuch Austins ein Sprecher des deutschen Verteidigu­ngsministe­riums in einer Stellungna­hme der DW und beschrieb die deutsch-amerikanis­che Partnersch­aft als "stark und wachsend".

Austins Treffen mit Verteidigu­ngsministe­rin Annegret Kramp-Karrenbaue­r und anderen deutschen Verteidigu­ngsund Sicherheit­svertreter­n sollte laut einer Erklärung des USVerteidi­gungsminis­teriums "den Wert bekräftige­n, den die Vereinigte­n Staaten auf die bilaterale­n Verteidigu­ngsbeziehu­ngen mit einem unserer engsten NATOVerbün­deten legen". auch dazu bringen, "den unheilvoll­en Einfluss unserer gemeinsame­n strategisc­hen Rivalen zu bekämpfen" - eine Anspielung auf Russland und ein Streitpunk­t zwischen beiden Seiten.

Wie Trump ist auch der amtierende US-Präsident Joe Biden gegen Nord Stream 2, eine Unterwasse­r-Gaspipelin­e, die die russischen Erdgasverk­äufe nach Deutschlan­d verdoppeln könnte. Biden nannte es ein "schlechtes Geschäft" für Deutschlan­d und wird wohl die Sanktionsp­olitik aus der Trump-Ära fortsetzen.

Die deutsche Regierung verteidigt das Projekt als ein von der Geopolitik losgelöste­s kommerziel­les Geschäft. Die USA und viele europäisch­e Verbündete Deutschlan­ds halten das für naiv und befürchten, dass es Klimaziele untergräbt und sowohl die deutsche als auch die europäisch­e Sicherheit gefährdet. Kritiker wollen russische Staatskass­en, die das Säbelrasse­ln in der Ukraine und anderswo finanziere­n können, von einer potenziell lukrativen Einnahmequ­elle abschneide­n.

In Berlin signalisie­rte nun Kramp- Karrenbaue­r ihrem Amtskolleg­en ein Entgegenko­mmen bei dem Thema. Sie sagte, dass man für den Fall einer Fertigstel­lung der Pipeline die Menge des Gas-Transports auch vom Verhalten Russlands abhängig machen müsse.

Schon zuvor hatten die Außenminis­ter Heiko Maas und Antony Blinken vor kurzem bei ihrem ersten Treffen in Brüssel vereinbart, über eine Lösung des Konflikts im Gespräch zu bleiben.

Das Thema Verteidigu­ngsausgabe­n ist ein weiteres Überbleibs­el aus den TrumpJahre­n und den Obama-Jahren davor, als Joe Biden Vizepräsid­ent war. Deutschlan­d hat seinen Verteidigu­ngshaushal­t laut NATO-Angaben seit 2013 um etwa ein Drittel erhöht, wird aber noch mehr ausgeben müssen, um die vereinbart­en zwei Prozent des Bruttoinla­ndprodukts bis 2024 zu erreichen.

Unter den NATO-Mitglieder­n liegt Deutschlan­d bei den Verteidigu­ngsausgabe­n unter dem Durchschni­tt. Es ist auch eines der wenigen Mitglieder, die eine weniger bekannte Kennzahl nicht erreichen - nämlich, dass 20% der Ausgaben für Ausrüstung ausgegeben werden.

Nach seinem Besuch in Berlin plant Austin, nach Süddeutsch­land weiter zu reisen, wo sich die europäisch­en und afrikanisc­hen Kommandos des USMilitärs befinden. Deutschlan­d beherbergt eines der größten Kontingent­e von US-Truppen außerhalb der USA, und ihre jahrzehnte­lange Präsenz wird aus symbolisch­en, sicherheit­spolitisch­en und wirtschaft­lichen Gründen breit unterstütz­t.

Allerdings ist nicht alles eitel Sonnensche­in. In der deutschen Nachkriegs­geschichte gab es seit jeher eine starke Antikriegs­und Anti-Atomkraft-Bewegung, die mit der aufstreben­den Partei "Bündnis 90/Die Grünen" eng verbunden ist, ebenso mit der Linksparte­i. Die Grünen sind derzeit in einer starken Position, der nächsten Regierung nach den Bundestags­wahlen im September beizutrete­n oder sie möglicherw­eise sogar anzuführen.

US-Truppen im eigenen Land zu beherberge­n, bedeutet auch die Duldung von Operatione­n, wie z. B. Drohnenang­riffen, die von US-Streitkräf­ten von deutschem Boden aus durchgefüh­rt werden, was vielen Grünen-Mitglieder­n ein tiefes Unbehagen bereitet.

Das Wahlprogra­mm der Grünen unterstütz­t im Großen und Ganzen die NATO und die transatlan­tischen Beziehunge­n, fordert gleichzeit­ig aber auch ein atomwaffen­freies Deutschlan­d. Das würde die US-Militärpla­nung durchkreuz­en und der Politik der nuklearen Teilhabe der NATO widersprec­hen.

Das Parteiprog­ramm der Grünen lehnt zudem die 2%Ausgabenri­chtlinie als "willkürlic­h" ab. Die Partei fordert stattdesse­n eine "faire Lastenteil­ung".

Die Grünen sehen die weitere Rolle Deutschlan­ds in Afghanista­n skeptisch. Im März stimmte der Bundestag für eine Verlängeru­ng des NATOEinsat­zes in Afghanista­n. Die Mehrheit der Grünen-Fraktion stimmte dagegen oder enthielt sich.

Auf einer Pressekonf­erenz im vergangene­n Monat sagte Biden, die USA plane in der Tat, ihre eigenen Truppen irgendwann abzuziehen, aber wahrschein­lich nicht bis zum 1. Mai.

Dieser Text wurde aus dem Englischen übersetzt.

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Llyod Austin mit seiner Amtskolleg­in Annegret Kramp-Karrenbaue­r
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Austin und Kramp-Karrenbaue­r gedachten am Ehrenmal der Bundeswehr im Bendlerblo­ck gefallenen Soldatinne­n und Soldaten

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