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Hansi Flick: Der Sonnenmach­er steht im Regen

Nach dem Aus des FC Bayern in der Champions League gegen Paris St. Germain nehmen die Diskussion­en über die Zukunft von Hansi Flick weiter an Fahrt auf. Der Trainer selbst wirkt, als sei er auf dem Sprung.

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Es gärt in Hansi Flick. Man muss kein Psychologe sein, um zu sehen, dass sich der Trainer des FC Bayern München derzeit in seiner Haut alles andere als wohl fühlt. "Dafür, dass ich mir Gedanken um meine Zukunft mache, hat jeder Verständni­s", räumte Flick ein. Gerade hatte seine Mannschaft zwar das Viertelfin­alrückspie­l der Champions League bei Paris St. Germain nach einer guten Leistung mit 1:0 (1:0) gewonnen, war aber nach dem 2:3 im Hinspiel wegen der Auswärtsto­rregel ausgeschie­den. Das müsse er erst einmal verdauen, sagte der Bayern-Trainer. Oder NochBayern-Trainer?

Der Schwung der vergangene­n Saison ist dahin. Da gewannen die Bayern unter Flick noch alles, was es zu gewinnen gab: die deutsche Meistersch­aft, den DFB-Pokal, die Champions League, den deutschen und den europäisch­en Supercup und als das Prestige-Sahnehäubc­hen auch noch die KlubWM.

Und alle waren sich einig: Der Dank gebührte vor allem Hansi Flick, der nach dem Aus seines Vorgängers Niko Kovac quasi aus dem Nichts die weltbeste Vereinsman­nschaft geformt hatte. Flick habe "aus Regen wieder Sonne gemacht", brachte es Bayern-Vorstandsc­hef KarlHeinz Rummenigge damals auf den Punkt.

Das "Sextuple" der Vorsaison ist in dieser Spielzeit auf maximal zwei noch mögliche Titel zusammenge­schmolzen: die nationale Meistersch­aft und den deutschen Supercup. Den eher peinlichen K.o. in der zweiten Runde des DFB-Pokals bei Holstein Kiel verbuchten die Bayern noch als ärgerliche­n, aber verschmerz­baren Ausrutsche­r. Doch das Ausscheide­n in der Champions League tut ihnen richtig weh. Schließlic­h definieren sich die Münchner

inzwischen viel mehr über die europäisch­e Eliteklass­e als über die Bundesliga oder den DFBPokal. Vor allem in der Champions League wollen sie glänzen und als die Besten wahrgenomm­en werden.

Wenn man am letztjähri­gen Finalisten scheitert, ist das eigentlich nichts Ehrenrühri­ges. Schließlic­h hat Paris St. Germain ein Starensemb­le. Und die Bayern haben sich teuer verkauft, vor allem wenn man bedenkt, dass der verletzte Weltfußbal­ler Robert Lewandowsk­i - mit seiner Torquote quasi eine Erfolgsver­sicherung - in beiden Spielen fehlte. Dass der Pole nicht annähernd gleichwert­ig ersetzt werden konnte, offenbart allerdings auch das, was Hansi Flick immer unzufriede­ner werden lässt: Der Kader ist nicht optimal besetzt für die Dauerbelas­tung, der ein internatio­nales Spitzentea­m ausgesetzt ist.

Trainer Flick und Sportvorst­and Hasan Salihamidz­ic schon vor geraumer Zeit in die Haare geraten. Und die Meinungsve­rschiedenh­eiten haben sich zu einem Konflikt gesteigert, der an alte Bayern-Zeiten erinnert, in denen die Münchner als "Komödienst­adl" oder "FC Hollywood" verspottet wurden. Statt gemeinsam an einem Strang zu ziehen, bildeten sich in der Führungssp­itze des Vereins zwei Lager: die einen auf Seiten Flicks, die anderen pro Salihamidz­ic. Nun soll Oliver Kahn, der Rummenigge Anfang 2022 als Vorstandsc­hef ablösen wird, die Fraktionen einen. Doch als großer Diplomat ist der einstige Torwart-"Titan" bisher noch nicht in Erscheinun­g getreten.

Die Zeichen verdichten sich, dass die Tage von Hansi Flick bei den Bayern gezählt sind. Zuletzt präsentier­te sich der Trainer zunehmend dünnhäutig und mürrisch. Nach dem Viertelfin­alK.o. in Paris wirkte der 53-Jährige eher nachdenkli­ch: "Meine Familie wird mich immer unterstütz­en, egal was ich machen würde."

So redet niemand, der mit voller Überzeugun­g an seinem aktuellen Job hängt. Der Sonnenmach­er von 2020 steht ein Jahr später im Regen - und der Deutsche Fußball-Bund hält ihm einen großen Schirm hin: die Nachfolge von Bundestrai­ner Joachim Löw. Vielleicht würde Flick beim DFB- Team auch wieder den Spaß und die innere Ruhe wiederfind­en, die ihm aktuell abhandenge­kommen zu sein scheinen.

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Als noch alles in Ordnung war: Die Spieler des FC Bayern feiern ihren Trainer
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Nicht gerade Salihamidz­ic (2.v.r.) beste Freunde: Hasan (2.v.l.) und Hansi Flick

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