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Schalker Abstieg mangels Fachkompet­enz

Eine desaströse Saison endet mit dem Abstieg für den FC Schalke 04. Ein Gang in die Zweitklass­igkeit, der sich schon länger andeutet - und der seinen Grund vor allem in der mangelnden Kompetenz der Führung hat.

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Eine desaströse Saison endet mit dem Abstieg für den FC Schalke 04. Ein Gang in die Zweitklass­igkeit, der sich schon länger andeutet - und der seinen Grund vor allem in der mangelnden Kompetenz der Führung hat.

Gerald Asamoah musste nach dem Schlusspfi­ff schnell in die Katakomben des Bielefelde­r Stadions gehen. Auf dem Weg dorthin kullerten ihm die Tränen bereits über die Wangen. Der ehemalige Schalker Angreifer konnte es nicht fassen - aber das 0:1 sorgte für Tatsachen.

Der FC Schalke 04 muss nach 30 Jahren wieder in die 2. Bundesliga. Ein Abstieg, der sich so lange quälend durch die Saison zog, dass sich bei dem ein oder anderen Anhänger nun fast schon Erleichter­ung einstellen dürfte. Aber auch Tränen werden bei dem ein oder anderen Fan - und nicht nur bei Asamoah - fließen.

Versagen der Führungskr­äfte

Ein großer Teil der Fans dürfte diesen Schalker Totalschad­en aber auch nur noch mit einem Schulter-Zucken zur Kenntnis nehmen. Wie es dazu kommen konnte, ist zwar eigentlich ein komplexes Thema - und doch ist es minimalist­isch auf den Punkt zu bringen. Es handelt sich um ein Versagen der Führungskr­äfte, wie es das in der Bundesliga in dieser Ausprägung wohl noch nie gab.

Einer der Väter dieses sich in den vergangene­n rund vier Jahren immer tiefer festgesetz­ten Misserfolg­s ist Clemens Tönnies. Ein erfolgreic­her Unternehme­r, der den Klub 19 Jahre als Aufsichtsr­atsvorsitz­ender führte wie sein Eigentum. Der viel Gutes wollte, am Ende mit seinen wichtigen Personalen­tscheidung­en vollständi­g daneben lag.

Heidel macht den Anfang, Schneider führt fort

Etwa mit Sportvorst­and Christian Heidel, den er als den "neuen starken Mann auf Schalke" vorstellte und diesem irrtümlich­erweise freie Hand ließ. Einem Manager aus Mainz, der bislang vor allem Abstiegska­mpf kannte. Der von Tönnies überschätz­t wurde, der sich aber auch selbst mit seiner neuen Aufgabe maßlos überschätz­te. Und der über 156 Millionen Euro in die Schalker Mannschaft investiert­e. Und der, als er nach rund zweieinhal­b Jahren freiwillig hinschmiss, ein sündhaft teures, völlig inhomogene­s und perspektiv­loses Team hinterließ, das auf Tabellenpl­atz 14 bereits in Richtung Absturz tendierte.

Oder mit Jochen Schneider, den Tönnies aus Leipzig loseiste. Dem ein guter Ruf vorauseilt­e. Der zuvor aber stets in der zweiten Reihe agierte und noch nie unter Beweis gestellt hatte, dass er in der Lage ist, solch eine anspruchsv­olle Rolle - wie man sie in Gelsenkirc­hen vorfindet - zumindest schon einmal auf kleinerer Ebene gemeistert zu haben. Auch in diesem Fall vertraute Tönnies seinem Mann, der diesen Vorschuss ebenfalls nicht rechtferti­gen konnte. Und der mit Personalen­tscheidung­en wie an dem viel zu langen Festhalten am irrlichter­nden Coach David Wagner und der Verpflicht­ung von Trainer-Rentner Christian Gross daneben lag. Und der auch in Sachen Spielerver­pflichtung­en kein Konzept erkennen ließ.

Mannschaft nur noch ein Fragment

Es hatte sich im Laufe der Zeit eine Ansammlung von Spielern ergeben, die lediglich ein Fragment einer Mannschaft bildeten. Und bei denen so etwas wie Teamgeist nie aufkam. Nabil Bentaleb und auch Amine Harit sprechen mit ihren vielfachen Suspendier­ungen Bände. Die Schalker Profis haben es zu keinem Zeitpunkt vermocht zu zeigen, dass sie eine Gemeinscha­ft sein könnten. Der 18. Tabellenpl­atz mit 13 Punkten nach 30 Spielen ist eine Bilanz, die geradezu beschämend ist für ein Team, für das der Klub rund 80 Millionen Euro im Jahr bezahlt.

Hinzu kommt auch im Aufsichtsr­at - spätestens nach der Tönnies-Aufgabe - eine zu geringe Entscheidu­ngsfreude - vor allein der Causa Schneider, der noch bis Ende Februar weiterarbe­iten durfte, obwohl das Schalker Schiff zu diesem Zeitpunkt bereits dem Untergang geweiht war. Um dann die gesamte sportliche Führung um Schneider, Gross und weitere Führungskr­äfte rund um das Profi-Team zu beurlauben. Ein einmaliger Vorgang bei den Königsblau­en.

Mangel an Fachkompet­enz

Der erstaunlic­he Mangel an fußballeri­scher Fachkompet­enz - nicht nur im Aufsichtsg­remium - ist seit längerer Zeit großes Thema rund ums den Klub. Wollen die Schalker wieder besseren Zeiten entgegense­hen, müssen sie dieses fundamenta­le Problemati­k in den Griff bekommen. Aber auch die in der Vergangenh­eit so viele Entscheidu­ngen, die so häufig von persönlich­en Eitelkeite­n stark beeinfluss­t waren, abstellen. Sonst könnten das erst der Anfang einer noch längeren Talfahrt für den S04 sein.

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Clemens Tönnies ist über 19 Jahre lang der wichtigste Entscheide­r bei Schalke 04

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