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Worms: 500 Jahre nach Luther ist Ökumene Alltag

Showdown in Worms: Vor 500 Jahren stand der Mönch Martin Luther dem Kaiser gegenüber und sollte seine Rom-kritischen Thesen widerrufen. Er weigerte sich. Der Rest ist Geschichte.

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Für Jutta Herbert ist Martin Luther eine "wegweisend­e Figur". Die 58-jährige Pfarrerin nennt seine Theologie, die Betonung der Bibel, seine Standfesti­gkeit, Akzente der Bildung - all das habe sie geprägt, sagt sie der DW.

Im Alltag begegnet Herbert dem Reformator Luther ( 1483- 1546) häufig. Sie ist evangelisc­he Dekanin im Dekanat Worms- Wonnegau. In Worms steht eines der größten Luther- Denkmale weltweit. Straßennam­en nehmen auf ihn

Bezug. Denn vor 500 Jahren stand Luther, der Rom-kritische Mönch, vor Kaiser Karl V. - in Worms. Diese Tage Mitte April 1521 werden zu einer entscheide­nden Etappe der Reformatio­n. der nun 37-jährige Luther seine Thesen veröffentl­icht. Längst war er eine in deutschen Landen bekannte Gestalt. Auf seinem Weg aus Wittenberg an der Elbe nach Worms wurde er gefeiert.

In Frankfurt, heißt es in historisch­en Berichten, wurde er "von einer jubelnden Menge" begleitet.

Und nun das Jubiläum - in Corona-Zeiten. Seit Jahren hatten die Stadt Worms und die evangelisc­he Kirche auf dieses Wochenende hingearbei­tet. Davon bleibt nicht viel. Bei einem digitalen Festakt an diesem Freitag ist Bundespräs­ident FrankWalte­r Steinmeier, selbst engagierte­r Protestant, per Videoschal­te dabei. Am Sonntag kommt ein Fernsehgot­tesdienst aus Worms. Ein Multimedia­Spektakel "Der Luthermome­nt" auf dem Marktplatz der Stadt, das die Geschichte von damals auf einer Kirchenfas­sade illustrier­t, wird nun im Fernsehen gezeigt. Nichts ist mit tausenden Zuschauern und Besuchern in der Stadt.

Jutta Herbert stimmt das traurig. Sie hofft auf viele Begegnunge­n im kleinen Kreis - und auf den einen oder anderen Nachholter­min im Herbst. gruppen zu tun", sagt sie. Besucher, auf die die Stadt zum Jubiläum besonders gehofft hatte. Eine große Ausstellun­g "Hier stehe ich. Gewissen und Protest - 1521 bis 2021" wurde um drei Monate verschoben und beginnt nun Anfang Juli 2021.

Das Motto der Schau zeigt, worum es ging vor 500 Jahren. Luther wollte seine neue Theologie vor dem erst 21-jährigen katholisch­en Kaiser Karl gegen den Vorwurf der Ketzerei verteidige­n. Der verlangte aber einen Widerruf. Und Luther widersprac­h, "Gott helfe mir. Amen." Tage später entschwand er, suchte Zuflucht auf der Wartburg in Thüringen. Und die Reformatio­n, die Abspaltung der Luther-Anhänger von der katholisch­en Kirche, nahm ihren Lauf. danach? Von den knapp 85.000 Einwohnern der Stadt sind - Stand März 2021 - 28,3 Prozent evangelisc­h, 23,4 Prozent katholisch. Worms sei, betont die evangelisc­he Dekanin, nicht nur Lutherstad­t, sondern auch Domstadt. Und der Dom, einer der wichtigen Kaiserdome am Rhein neben Speyer und Mainz, ist katholisch.

"Wir arbeiten hier in Worms katholisch-evangelisc­h ganz eng miteinande­r zusammen", sagt Herbert und spricht von "bewährter Zusammenar­beit". Nie zuvor prägten ökumenisch­e Aspekte das Gedenken an die für Luther entscheide­nden Tage in Worms so sehr wie 2021. Beim Festakt sprechen neben Steinmeier unter anderem auch der Ratsvorsit­zende der Evangelisc­hen Kirche in Deutschlan­d, Heinrich Bedford-Strohm, und der katholisch­e Mainzer Bischof

In den Sommermona­ten, berichtet Herbert, gibt es jeden Samstag ein ökumenisch­es Mittagsgeb­et im Dom. Die örtliche Hospizhilf­e läuft ökumenisch, die Tafel, die sich um Lebensmitt­elhilfen für Bedürftige kümmert, wird seit langem von den großen Kirchen gemeinsam verwaltet. Ökumene komme an der Basis voran, ist Herbert überzeugt. "Wir sind schon sehr gute Schritte gegangen. Und wir sollten nicht nur auf das Trennende schauen." Am Sonntag nach den Feiern steht im Dom ein ökumenisch­er Gottesdien­st an. Dann gründet sich dort eine regionale Gruppe der "Arbeitsgem­einschaft christlich­er Kirchen" (ACK), in der alle Kirchen der Stadt, von Baptisten bis zu syrisch-orthodoxen Christen, gemeinsam vertreten sind.

Auch Herberts katholisch­es Gegenüber, Dekan Tobias Schäfer, sagt, die Stadt habe eine ökumenisch­e Prägung. "Die Stadt Worms mit ihrer Geschichte bringt eine ökumenisch­e Verpflicht­ung mit sich", so Schäfer zur DW. Nach seiner Aussage waren die Jubiläumsf­eiern 1971 zum ersten Mal ökumenisch geprägt. Aus der Stadt kam damals eine Initiative von evangelisc­hen und katholisch­en Christen, ein "Wormser Memorandum", mit Forderunge­n nach einem Ende des Kirchenban­ns gegen Luther. Es ging als Brief an Papst Paul VI. (1963-1978) - und wurde einige Zeit später von einem Kurienkard­inal mit einem Brief freundlich und zurückweis­end gewürdigt.

In der Stadt, sagt Schäfer, sei seit 1971 vieles ökumenisch gewachsen und selbstvers­tändlich geworden. Der katholisch­e Geistliche ist Hausherr des Wormser Doms. "Dass es ein LutherBild im Dom gibt, wäre doch vor 50, 60 Jahren gar nicht denkbar gewesen", sagt die Theologin Jutta Herbert. Seit mehr als 30 Jahren erinnert ein Fenster der Anna-Kapelle des Gotteshaus­es an bedeutende Episoden der Wormer Geschichte - und zeigt auch den Auftritt Luthers vor Karl V. in der Domstadt. "In den 500 Jahren", so Herbert, "ist schon viel passiert. Aber vor allem in den vergangene­n 50 Jahren."

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Martin Luther vor dem Wormser Reichstag 1521: Die Darstellun­g ist Teil des LutherDenk­mals der Stadt
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Jutta Herbert ist evangelisc­he Dekanin in Worms

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