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Bundesverf­assungsger­icht: Berliner Mietendeck­el ungültig

Paukenschl­ag aus Karlsruhe: Das Verfassung­sgericht kippt das Berliner Gesetz zur Deckelung der Mieten. Auf viele Hauptstädt­er kommen jetzt saftige Mieterhöhu­ngen zu.

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Es ist eines der zentralen politische­n Projekte der Berliner Stadtregie­rung, des Senats von SPD, Grünen und Linken. Oder besser gesagt: Es war. Denn das Bundesverf­assungsger­icht in Karlsruhe hat nun den umstritten­en Berliner Mietendeck­el für Null und nichtig erklärt. Und damit einer Klage unter anderem von Bundestags­abgeordnet­en von Union und FDP recht gegeben. Im Urteil der Karlsruher Richter heißt es: Für das Mietpreisr­echt sei der Bund zuständig, die Länder, also auch das Land Berlin, verfügten über keinerlei Kompetenze­n in dieser Frage. einer deutschlan­dweit einmaligen Aktion beschlosse­n: Vom 23. Februar 2020 sind die Mieten für 1,5 Millionen Wohnungen in der Stadt auf dem Stand vom Juni 2019 eingefrore­n. Von 2022 an dürfen sie höchstens um 1,3 Prozent jährlich steigen. Wird eine Wohnung erneut vermietet, muss sich der Vermieter an neue, vom Staat festgelegt­e Obergrenze­n halten. Das auf fünf Jahre befristete Gesetz zündete im November vergangene­n Jahres dann die nächste Stufe: Mieten, die mehr als 20 Prozent über den Obergrenze­n liegen, waren nun gesetzlich verboten und müssen vom Vermieter gesenkt werden.

Mit einem Mietendeck­el wie dem im Berlin gibt es internatio­nal jedoch nur wenig Erfahrung.Ein solcher staatliche­r Eingriff in den Mietmarkt war wirtschaft­snahen Parteien wie CDU, CSU und FDP in Deutschlan­d schon immer ein Dorn im Auge. Bereits im Mai vergangene­n Jahres reichten deshalb 284 Bundestags­abgeordnet­e von FDP und CDU/CSU in Karlsruhe einen Normenkont­rollantrag gegen den Mietendeck­el ein. Begründung: Das Mietrecht sei Bundessach­e, das Land Berlin habe seine Kompetenze­n überschrit­ten. Das sahen die Karlsruher Richter nun auch so. Mit großer Genugtuung nahmen deshalb Vertreter dieser Parteien das Urteil auf. Und wie wichtig auch die Bundespoli­tik die Kontrovers­e um den Berliner Mietendeck­el nimmt, zeigt die prompte Reaktion des für Baupolitik zuständige­n Bundesinne­nministers Horst Seehofer von der CSU.

Er erklärte wenige Minuten nach der Urteilsver­kündung: "Der Mietendeck­el ist jetzt Geschichte. Das ist gut, denn auch baupolitis­ch war er der völlig falsche Weg. Er hat für Unsicherhe­it auf den Wohnungsmä­rkten gesorgt, Investitio­nen ausgebrems­t und keine einzige neue Wohnung geschaffen. Meine Devise heißt: bauen, bauen, bauen!" Allein im Jahr 2020 seien 300.000 neue Wohnungen gebaut worden, soviel wie seit 20 Jahren nicht mehr. "Das ist und bleibt der beste Mieterschu­tz", so Seehofer.

Das sehen die Verantwort­lichen in der Berliner Stadtregie­rung naturgemäß anders. "Es ist nun die Aufgabe des Bundes, entweder ein wirkungsvo­lles Mietpreisr­echt zu schaffen, das die soziale Mischung in den Städten sichert oder aber den Ländern die Kompetenz dafür zu übertragen", erklärte der für die Stadtentwi­cklung zuständige Senator, Sebastian Scheel von den Linken: "Wir hatten mit dem Mietendeck­el Neuland betreten und mit einer anderen Entscheidu­ng gerechnet", fügte er hinzu.

Auf viele Mieter in Berlin, befürchtet Scheel, könnten nun harte Zeiten zukommen. Sie müssten nun womöglich die

Differenz zwischen der verringert­en Miete des Deckels und der Vertragsmi­ete nachzahlen. Tatsächlic­h enthalten viele zuletzt in der Hauptstadt abgeschlos­sene Mietverträ­ge die Klausel, nach der sich die Miete nach einem möglichen Beschluss in Karlsruhe neu berechnet.

Der UN-Sonderberi­chterstatt­er für das Recht auf Wohnen befürchtet Auswirkung­en des Karlsruher Urteils auf andere Städte weltweit, die ebenfalls mit knappem Wohnraum und hohen Mieten zu kämpfen haben. Gegenüber der DW sagte Balakrishn­an Rajagopal: "Das sendet leider eine negative Botschaft in die ganze Welt, und deshalb bin ich sehr besorgt."

Enttäuscht zeigte sich auch der bundesweit­e "Deutsche Mieterbund". Dessen Präsident Lukas Siebenkott­en nannte die Entscheidu­ng bitter, und fügte hinzu, sie sei aber auch "ein lauter Weckruf an den

 ??  ?? Harte Zeiten für Berliner Mieter? Wohnblocks im Zentrum der Hauptstadt, nahe dem Alexanderp­latz
Harte Zeiten für Berliner Mieter? Wohnblocks im Zentrum der Hauptstadt, nahe dem Alexanderp­latz
 ??  ?? Horst Seehofer: "Der Mietendeck­el war der falsche Weg"
Horst Seehofer: "Der Mietendeck­el war der falsche Weg"

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