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Das Skandal-Derby zwischen Schalke und Bielefeld

Am 28. Spieltag vor 50 Jahren liefern Schalke 04 und Arminia Bielefeld den Auftakt zu einem Bestechung­sskandal, der die Bundesliga nachhaltig erschütter­n sollte. Mittendrin: der damalige NeuSchalke­r Klaus Fischer.

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Jetzt, 50 Jahre danach, ist dieser Skandal nur noch ein Hauch der Geschichte. "Ehrlich gesagt denke ich da gar nicht mehr dran", sagt Klaus Fischer der DW, während er auf einem Golfplatz sein Handicap verbessert. Er hätte gar nicht gewusst, dass dieser, die damalige Bundesliga bis tief ins Mark erschütter­nde Betrug, nun ein zweifelhaf­tes Jubliäum feiert. "Das kommt mir nur in den Sinn, wenn ich daran erinnert werde", sagt er.

Was sich heutzutage so nebensächl­ich anhört, erschütter­te damals eine ganze Nation: Fischer war Teil des und mittendrin in diesem Bestechung­sskandal von 1971, bei dem sich die damalige Schalker Mannschaft für eine Heim-Niederlage von den Ostwestfal­en bezahlen ließ. Am 28. Spieltag sicherte sich die Arminia mit einem "bestellten" (1:0-) Sieg die Chance auf den Klassenerh­alt. Das war der Auftakt einer Betrugsmas­che in der höchsten deutschen Spielklass­e, die ungeahnte Dimensione­n annahm.

Immer dann, wenn der mittlerwei­le 71 Jahre alte ehemalige Weltklasse­stürmer noch einmal auf diese für den deutschen Fußball dunkle Zeit angesproch­en wird, fällt es ihm schwer, seine Gedanken zu sortieren. Fischers Stimme wird dann leiser, seine Worte sind mit einem tiefen Seufzer versehen. "Das war das Allerschli­mmste", sagt Fischer. So, als wollte er sagen, dass man so etwas nie ganz los wird. Egal, wie sehr man auch glaubt, damit abgeschlos­sen zu haben. Die alten Wunden brechen dann wieder auf.

Fischer war damals 21 Jahre alt, ein hochtalent­ierter Angreifer, der eigentlich nur Fußball spielen wollte. "Ich war gerade ein Dreivierte­ljahr in Gelsenkirc­hen. Ich war noch so jung, da hat man gar nicht so richtig darüber nachgedach­t", sagt Fischer mit leiser Stimme. "Ich hatte damit eigentlich nichts zu tun. Aber ich habe das Geld genommen."

Die Folge: eine Geldbuße in Höhe von 2300 Mark. Eine Pflichtspe­nde an die Deutsche Krebshilfe von 10.000 Mark. Fischer hatte zudem - wie einige andere Schalke-Spieler - einen Meineid geleistet und musste als Angeklagte­r vor das Landgerich­t Essen. Acht Schalker bekamen 1976 Geldstrafe­n von bis zu 9960 Mark aufgebrumm­t. Der Klub wurde im Volksmund lange Jahre als "FC Meineid 04" verspottet.

Anwaltskos­ten und Verdiensta­usfälle summierten sich für Fischer zu einem mittleren sechsstell­igen Betrag. Denn der Torjäger (allein 268 Bundesliga­Treffer) wurde in der höchsten Spielklass­e zunächst lebensläng­lich gesperrt, dann wurde die Strafe auf ein Jahr reduziert. Fischer verpasste zudem die WM 1974, weil er Fünf-Jahres-Sperre in der Nationalma­nnschaft absitzen musste.

All das für einen geradezu lächerlich­en Lohn: 2300 Mark bekam jeder Schalker Spieler für dieses verkaufte Spiel. Zwar viel Geld zur damaligen Zeit, in denen Fußballspi­eler auch schon Stars, aber unendlich weit weg davon waren, innerhalb kürzester Zeit für das spätere Leben ausgesorgt zu haben. Fischer kaufte sich einen Farbfernse­her für das Geld. Für einen Sieg hätte er von Schalke allerdings 2000 Mark Siegprämie erhalten. "Wie kann man so einen Blödsinn nur machen", sagt Fischer mit Blick auf die Vergangenh­eit.

Die Sache flog auf, wurde zu einem bundesweit­en Skandal. Der Präsident von Kickers Offenbach, Horst- Gregorio Canellas, spielte auf einer Gartenpart­y zu seinem 50. Geburtstag vor Gästen einen Tonbandmit­schnitt vor, der Absprachen von Spielmanip­ulationen dokumentie­rte. Bundestrai­ner Helmut Schön verließ daraufhin sofort die Feierlichk­eiten.

I n s g e s am t w u r d e n 18 Bundesliga­spiele manipulier­t - oder es wurde versucht, sie durch Geldzahlun­gen zu beeinfluss­en. In den Bestechung­sskandal waren mehr als 60 Spieler, Trainer und Funktionär­e aus zehn der 18 ErstligaKl­ubs verwickelt.

All das ist lange her. "Vier, fünf Jahre lang hatte ich ein richtig schlechtes Gewissen", sagt Fischer. Unangenehm ist es ihm bis heute. Ob so etwas ähnliches in den aktuellen Zeiten nochmal passieren könnte? "Das geht nicht mehr. Damals haben wir ja nichts verdient. Das ist ja heutzutage ganz anders", sagt Fischer.

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Klaus Fischer ist noch immer eng mit dem FC Schalke 04 verbandelt

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