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Automesse Shanghai: der E-Auto-Nabel der Welt

Wenn es um Autos geht, schaut die Welt nach China. Besonders zu Zeiten der Messe "Auto China" in Shanghai. Dieses Jahr zeigen sich hier deutsche Hersteller auch mit E-Autos angriffslu­stig.

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Es bleibt dabei: Alles hängt an China. Schon jetzt wird hier jedes dritte Auto der Welt verkauft. Trotz Pandemie wächst die chinesisch­e Wirtschaft wieder rasant und mit ihr der Autoabsatz. So werden für den weltgrößte­n Automarkt in diesem Jahr mindestens sechs Prozent Wachstum erwartet, im Bereich Elektroaut­os sogar 70 Prozent.

Dazu tragen auch die chinesisch­en Großstädte bei. Aus Angst vor Luftversch­mutzung und verstopfte­n Straßen bremsen viele Metropolen inzwischen Autos mit herkömmlic­hen Antrieben aus, so der Direktor der Vereinigun­g der chinesisch­en Autohändle­r, Jia Xinguang. Das Resultat: Alternativ­e Antriebe haben heute schon einen Marktantei­l von mehr als fünf Prozent, reine Batterieau­tos rund vier Prozent.

Wenn neue Nummernsch­ilder bevorzugt an reine EAutos vergeben werden, wiege das schwerer als Umweltbewu­sstsein oder Subvention­en, so Jia Xinguang. Bei der Vergabe von Nummernsch­ildern wollen verschiede­ne Städte bereits 2023 nicht mal mehr Hybrid-Modelle bevorzugen. Darunter die Wirtschaft­smetropole Shanghai, in der zurzeit die größte Automesse der Welt stattfinde­t.

Während sich die Deutschen lange an Diesel und BenzinerFa­hrzeuge geklammert haben, sind der US-Hersteller Tesla und chinesisch­e Automarken auf dem Elektromar­kt vorgepresc­ht. Neben chinesisch­en Startups wie Nio, Xpeng oder Lynk&Co, drängen zudem auch Technologi­e-Riesen wie Huawei oder Xiaomi in den Markt. Sie sehen ihre Chance darin, dass es bei der Mobilität zunehmend um Software und Konnektivi­tät geht.

Bei den E-Autos verkleiner­t sich inzwischen der Vorsprung zu den Deutschen. "Der Wandel der deutschen Autoherste­ller verlief ziemlich schnell", meint Jia Xinguang. "Vor fünf Jahren hat Europa noch gedacht, dass die Entwicklun­g von Elektrofah­rzeugen nicht realistisc­h ist", so der Experte. "Aber jetzt war die Wende bei den Unternehme­n aus Deutschlan­d schneller als bei jenen aus den USA oder selbst Japan und Südkorea." Das sehe man vor allem beim Volkswagen­Konzern, der mit seinen Plattforme­n die Massenprod­uktion standardis­iert habe.

Auch der Generalsek­retär der Personenwa­genvereini­gung, Cui Dongshu, sieht die deutschen Autobauer im Kommen. Gegenüber japanische­n, südkoreani­schen und amerikanis­chen Joint Ventures oder internatio­nalen Autobauern seien sie "angriffslu­stiger". Die deutschen Autoherste­ller könnten sich dem Trend besser anpassen, meint er.

"Der Volkswagen- Konzern hat einen sehr guten Job bei den Elektroaut­os gemacht", urteilt der Direktor des Centers for Automotive Research, Ferdinand Dudenhöffe­r, in Duisburg. Die China-Strategie bei VW-Audi-Porsche-Skoda stimme.

Mit Milliarden­investitio­nen und neuen Modellen will Volkswagen in China weiter wachsen. Derzeit hat VW bei Elektroaut­os nur einen Marktantei­l von drei bis vier Prozent. In diesem Jahr will Europas größter Autobauer mehr als 100.000 E-Autos in China verkaufen.

"Volkswagen hat die gute Tradition, teilweise etwas später, aber umso heftiger zu kommen", sagt VW Mananger Wöllenstei­n. Geplant ist in den nächsten vier Jahren allein 15 Milliarden Euro in E-Mobilität in China zu inves

tieren. "Wir werden zwei bis drei Jahre brauchen, um Tesla zu überholen", hofft Wöllenstei­n. Volkswagen setzt dabei vor allem auf Stadtgelän­dewagen (SUV), die in China einen hohen Marktantei­l von 47 Prozent haben. Am Sonntag wurde schon einmal das Flaggschif­f, das die Wende bringen soll, in Shanghai vorgestell­t: der ID.6.

Für Umweltschü­tzer erinnert das an ein "umweltschä­dliches Gestern in einem grünen Mäntelchen". Auch mit Elektromot­or passe ein fast fünf Meter langes "SUV-Monster" nicht in eine umweltscho­nende Mobilität, sagte Greenpeace-Verkehrsex­pertin Marion Tiemann. denhöffer. Mercedes präsentier­te in Shanghai mehrere neue E-Modelle - allen voran die elektrisch­e S-Klasse-Limousine EQS.

"Einzig BMW war in der Vergangenh­eit sehr zögerlich", so Dudenhöffe­r. Die Münchner seien aus seiner Sicht noch zu stark bei den Plug-In-Hybriden mit Benzin- und Elektromot­or engagiert, die am Markt eine kurze Lebensdaue­r hätten.

In Zukunft soll das anders werden. Bis 2025 will BMW ein Viertel des Umsatzes in China mit E-Autos erzielt werden, wie BMW-China-Chef Jochen Goller in Shanghai ankündigte. Im vergangene­n Jahr lag der Anteil bei rund vier Prozent. Bis 2023 sollen nun zwölf verschiede­ne Elektroaut­o-Modelle auf den Markt kommen. Weltweit wollen die Münchner bis 2030 die Hälfte ihres Umsatzes mit vollelektr­ischen Wagen erzielen.

Dank guter Geschäfte in

China sind deutsche Autobauer im vergangene­n Jahr besser durch die Krise gekommen als Hersteller anderer Länder. Das ergab eine Studie des Beratungsu­nternehmen­s EY. Daimler, Volkswagen und BMW hatten zwar einen Umsatzrück­gang von zehn Prozent, damit sind sie aber im Durchschni­tt deutlich besser gefahren als große Hersteller anderer Nationen, hieß es in der Analyse.

Problemati­sch - das ist nicht neu - ist die Produktion vonBatteri­en für E-Autos. Daher wird auch in Deutschlan­d an einer eigenen Batteriepr­oduktion gearbeitet. Zusätzlich droht ein Mangel an Mikrochips. "Wenn du schon Pech hast, kommt noch Unglück dazu", ist eine Redensart, die Wöllenstei­n zu diesem Thema einfällt. Er rechnet auch im zweiten Quartal mit "beträchtli­chen Auswirkung­en".

Das Problem werde bis 2022 bestehen, glaubt er.

Dass die Halbleiter-Produktion nicht in den Händen der Autoindust­rie liege, "ist ein fatales Problem, das nicht so leicht gelöst werden kann", sagt der Direktor von Chinas Vereinigun­g der Autohändle­r, Jia Xinguang. Dabei hätten Autos immer komplexere Probleme wie autonomes Fahren und Energiever­waltung zu lösen - gerade Elektro-Autos.

Das Problem mit den Mikrochips sei "noch lange nicht" gelöst, sagt Dudenhöffe­r. Bis neue Fabriken aufgebaut seien, werde es noch zwei oder drei Jahre dauern. Er rechne damit, dass China auch hier "zur Lokomotive" werde. Das Land plane eine "Chip-Allianz". Heute sei bei Lithium-Ionen-Batterien schon zu sehen, dass die Chinesen mehr und mehr die Führung übernähmen, so Dudenhöffe­r. Ähnliches werde in fünf Jahren bei den Halbleiter­n zu beobachten sein.

Auf der "Auto China" erwarten rund 1000 Aussteller bis zum 28. April Hunderttau­sende Besucher. Da China das Coronaviru­s seit dem vergangene­n Sommer weitgehend im Griff hat, ist es nach dem Branchentr­effen in Peking im September schon die zweite große Automesse im Land binnen nur sieben Monaten. Allerdings müssen Besucher negative Coronatest­s vorweisen, ihre Körpertemp­eratur messen lassen und mit einer Handy-App nachweisen, dass sie nicht in Risikogebi­eten waren und ihre Teilnahme unbedenkli­ch ist. EMobilität und Konnektivi­tät sind die großen Themen der Messe, die sich über zwölf Hallen erstreckt.

 ??  ?? 2020 wurden knapp 500.000 E-Autos von Tesla neu zugelassen. Volkswagen konnte 421.600 E-Modelle verkaufen und der chinesisch­e Autobauer SAIC 254.300 Elektroaut­os. Hier eines, das mit Huawei-Technologi­e ausgestatt­et ist.
2020 wurden knapp 500.000 E-Autos von Tesla neu zugelassen. Volkswagen konnte 421.600 E-Modelle verkaufen und der chinesisch­e Autobauer SAIC 254.300 Elektroaut­os. Hier eines, das mit Huawei-Technologi­e ausgestatt­et ist.
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VW zeigt in Shnaghai den ID. 6 als Weltpremie­re. Der Wagen wird in Deutschlan­d nicht zu haben sein.

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