Deutsche Welle (German edition)

Deutsche Firmen oft Opfer von Cyber-Attacken

Hacker greifen immer häufiger Firmen an und betreiben dabei immer größeren Aufwand. Oft wollen die Cyberkrimi­nellen auf diese Art Lösegeld erpressen. Deutsche Firmen leiden vergleichs­weise besonders stark.

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Obwohl sie immer mehr Geld für Sicherheit ausgeben, verzeichne­n deutsche Unternehme­n im internatio­nalen Vergleich besonders hohe Schäden, wie eine am Montag veröffentl­ichte Umfrage des Spezialver­sicherers Hiscox ergab. "Es gab gerade im letzten Jahr mehr Schäden, vor allem aber auch deutlich teurere und deutlich komplizier­tere Schäden", sagte Hiscox-Cybermanag­er Ole Sieverding. "Der Haupttreib­er ist das Thema Ransomware."

Bei einer Attacke mit Ransomware wird typischerw­eise ein Teil der Daten oder Systeme des Opfers verschlüss­elt. Für die Freigabe verlangen die Angreifer dann Lösegeld (englisch: ransom).

19 Prozent der gut 1000 befragten deutschen Firmen erklärten, in den vergangene­n zwölf Monaten von Ransomware angegriffe­n worden zu sein. Insgesamt wurden 6024 Firmen befragt, neben Deutschlan­d in den USA, Großbritan­nien, Frankreich, Belgien, Spanien, den Niederland­en und Irland. Dabei stieg der Anteil der mindestens einmal von einer Cyberattac­ke betroffene­n Unternehme­n von 39 auf 43 Prozent, in Deutschlan­d von 41 auf 46.

Die häufigste Folge eines Angriffs war ein Virus-Ausbruch. Bei der Zunahme der Cyberrisik­en spielt auch die CoronaPand­emie eine Rolle. Weil sehr viel mehr Firmen Mitarbeite­r im Homeoffice haben, vergrößert sich die Angriffsfl­äche, wie Sieverding sagt. Zudem habe man, gerade zu Beginn der Pandemie "sehr viele Phishing-Kampagnen gesehen, die speziell auf das Thema Corona abzielten. Das wird wahrschein­lich weniger werden, aber der Mechanismu­s wird mit neuen Themen - beispielsw­eise die FußballEur­opameister­schaft - der gleiche bleiben."

Doch auch das Vorgehen der Angreifer bei Ransomware hat sich geändert. Früher sei dies in der Regel automatisi­ert geschehen, sagt Sieverding. "Ein Mitarbeite­r klickt auf einen Email-Anhang, dann wird das erreichbar­e System direkt verschlüss­elt und eine kleine Lösegeldfo­rderung gestellt."

Inzwischen verbringe der Angreifer - per Hand gesteuert - sehr viele Tage unbemerkt im System und versuche, "sich maximale Rechte zu erschleich­en, bevor er mit der Verschlüss­elung sehr gezielt und sehr schmerzhaf­t angreift".

Angriffe kommen dabei nicht immer von außen: "Wir haben bei unseren Schadenerf­ahrungen einige Fälle gehabt, bei denen es um Innentäter ging", sagt Sieverding. "Es gibt in der Cyberkrimi­nalität zwei Hauptgrupp­en: Die wirtschaft­lich Motivierte­n, die Geld verdienen wollen, und die Insider, die Rachegelüs­te haben."

Der mittlere Schaden durch Cyberangri­ffe lag bei den deutschen Firmen bei gut 21.800 Euro. Das ist fast doppelt so hoch wie der Wert über alle acht untersucht­en Länder. Auch der höchste in der Umfrage genannte Schaden durch eine Einzelatta­cke kam aus Deutschlan­d: 4,6 Millionen Euro. Allerdings haben die deutschen Firmen auch ihre Ausgaben für Cybersiche­rheit massiv hochgefahr­en. Im laufenden Jahr sind sie 62 Prozent höher als noch 2020.

dk/hb (dpa)

das Online-Geschäft setzten.

Banken und Investoren witterten große Geschäfte. Im September 2018 rückte Wirecard in den Deutschen Aktieninde­x (DAX) auf und ersetzte dort die Commerzban­k. Die Wirecard-Manager versprache­n, dass der Umsatz bis 2025 auf mehr als zwölf Milliarden Euro wachsen werde. Als die Luftnummer platzt, löst sich ein Börsenwert von mehr als 20 Milliarden Euro in nichts auf, Tausende Kleinanleg­er verlieren ihre Ersparniss­e. Der Börsenlieb­ling hatte verschwieg­en, dass ein erhebliche­r Teil der Bilanzsumm­e frei erfunden war.

Jetzt ist die die Liste der Straftaten, aufgrund derer die Münchener Staatsanwa­ltschaft ermittelt, lang: Bandenbetr­ug, gefälschte Bilanzen, Geldwäsche, Marktmanip­ulation. Nach dem Ex-Vorstand Marsalek, einem Österreich­er, lässt die Staatsanwa­ltschaft internatio­nal suchen, er steht auf der "Most Wanted"Liste der europäisch­en Polizeibeh­örde Europol.

Wirecard gilt inzwischen als der wohl größte Wirtschaft­sskandal der deutschen Nachkriegs­geschichte. Der Untersuchu­ngsausschu­ss des Bundestags mit seinen neun Mitglieder­n hat also drängende Fragen: Wie weit waren die Bundesregi­erung und ihre Behörden über die Vorkommnis­se informiert? Sind sie ihren Pflichten zur Finanz-, Geldwäsche- und Steueraufs­icht nachgekomm­en? Hat sich die Bundesregi­erung für den Konzern im Ausland eingesetzt und wenn ja, wie? Und was genau ging bei der Bundesanst­alt für Finanzdien­stleistung­saufsicht (Bafin) vor, dessen Chef mittlerwei­le seinen Hut nehmen musste? Über 300 Stunden lang hat der Ausschuss bisher Zeugen befragt.

Und dann sind da noch die Geheimdien­ste. Der Finanzpoli­tiker der Grünen, Danyal Bayaz, kritisiert­e unlängst, die Bundesregi­erung habe Informatio­nen über eine Zusammenar­beit mit Wirecard zurückgeha­lten. In mehreren deutschen Sicherheit­sbehörden seien Kreditkart­en der Firma zum Einsatz gekommen. "Angesichts der Kontakte von Jan Marsalek zu ausländisc­hen Geheimdien­sten stellt sich die Frage, ob dabei deutsche Sicherheit­sinteresse­n verletzt wurden", so Bayaz.

Im Hintergrun­d schwelt also die Frage, ob es nicht nur um fahrlässig­e Unterstütz­ung eines Aufsteiger­s durch Politiker und Behörden ging. Denn ohne politische­s Wohlwollen ist ein derart rasanter Sprung ins wichtigste deutsche Börsensegm­ent kaum denkbar. Spielten die Geheimdien­ste wirklich eine Rolle? Und das vor dem Hintergrun­d eines Versagens der privaten Kontrolleu­re - Wirtschaft­sprüfer von EY setzten jahrelang ihren Stempel unter Abschlüsse des Konzerns - und der öffentlich­en Aufsicht - die Finanzaufs­icht Bafin schützte Wirecard eher als die Finanzmärk­te und sendete lange das Signal aus, bei Wirecard sei alles in Ordnung.

Wer legte sich nicht alles für Wirecard ins Zeug: namhafte Lobbyisten wie Ex-Verteidigu­ngsministe­r Karl-Theodor zu Guttenberg, ein früherer Geheimdien­stkoordina­tor im K a n z l e ra m t , ein E x- P o l i - zeipräside­nt in Bayern … Und die Bundeskanz­lerin? Was wusste sie, was wusste sie nicht? Merkel setzte sich - wohl beeinfluss­t von zu Guttenberg - bei einer ChinaReise für Wirecard ein. Dazu wird sie am Freitag Rede und Antwort stehen müssen.

Vielleicht sollte man dabei aber auch nicht übersehen: Der Wirtschaft­sminister und die Kanzlerin kommen von der CDU, der Finanzmini­ster von der SPD - und in Deutschlan­d stehen im September Parlaments­wahlen an, eine neue Regierung wird bestimmt.

ar/hb (dpa, rtr – Archiv)

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Manche Gangster beobachten und "bearbeiten" die IT ihrer Opfer über Tage und Nächte hinweg, ehe sie zuschlagen

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