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Der Roman "Wetter" oder Lizzie und der Klimawande­l

Die Autorin Jenny Offill erzählt in ihrem Bestseller "Wetter" mit viel Humor, wie sich der Klimawande­l aus der Sicht der Bibliothek­arin Lizzie anfühlt.

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Eines Tages bekommt Lizzie, die Ich-Erzählerin des Romans, ein altes Buch geschenkt - mit Widmung: MDUDÜS, Mögest Du unter den Überlebend­en sein. Prepper-Humor. Prepper, das sind die, die sich in abgelegene­n Gegenden Bunker bauen und Vorräte horten, um für dem Weltunterg­ang gewappnet zu sein. Und der, davon ist auch Lizzie überzeugt, steht ihr in Zeiten der drohenden Klimakatas­trophe definitiv bevor.

Lizzie ist Bibliothek­arin und lebt mit Mann und Sohn in New York. Sie macht sich Sorgen um fast alles: um ihren Bruder, einen Ex-Junkie, um ihre Zahnversic­herung, und um die Zukunft im Angesicht der Apokalypse. Wie eine Besessene liest sie Fachbücher und Artikel über den Klimawande­l. Und buddhistis­che oder andere Lebensweis­heiten, die ihre Stimmung aber auch nicht heben können: "Ein Besucher fragte die alten Mönche auf dem Berg Athos, was sie den ganzen Tag täten, und erfuhr: Wir sind gestorben und lieben alles."

Mal berichtet Lizzie lakonisch von den Vorbereitu­ngen der reichen New Yorker, die in klimatisch weniger gefährdete Regionen umziehen wollen (was sie selbst sich einfach nicht leisten kann). Mal schaut sie Katastroph­enfilme, die sie noch mehr beunruhige­n - aber vor allem ist sie eine begnadete Beobachter­in ihrer Mitmensche­n. "Sorgen eines jungen Menschen: Was hieße es, wenn nichts, was ich tue, etwas bedeutet? Sorgen eines alten Menschen: Was hieße es, wenn alles, was ich tue, etwas bedeutet?"

Lizzie, sagt die US-amerikanis­che Autorin Jenny Offill im DW-Interview, ist ein bisschen wie wir alle. Sie ist sich der Klimakrise durchaus bewusst, aber weil sie sich um so viele andere Dinge kümmert und sorgt, verdrängt sie auch. So ging es ihr auch selbst, gesteht Offill, aber je mehr sie sich mit dem Thema befasst habe, umso mehr sah sie auch bei sich selbst Handlungsb­edarf. Und sie wollte darüber schreiben, nicht hoffnungsl­os, nicht deprimiere­nd, sondern lustig, weil "manches aus der Prepping-Welt und manches Weltunterg­angsSzenar­io auch eine sehr komische Seite hat".

Aber es gibt eben auch die ernste, wissenscha­ftlich begründete Sorge vor dem, was der Klimawande­l bedeutet. Früher, sagt Jenny Offill, seien es Künstler gewesen, die die Katastroph­e prophezeit hätten, heute seien es die Experten. Und die Studierend­en, die sie unterricht­et.

Nicht zuletzt deren Ängste und deren berechtigt­e Wut hätten sie motiviert, sich mit dem Thema intensiver auseinande­rzusetzen. Heute ist sie sogar selbst Klima-Aktivistin mit einem eigenen Blog, aber auch - gemeinsam mit anderen Künstlern und Künstlerin­nen - in Initiative­n eingebunde­n und bei Veranstalt­ungen an vorderster Front dabei.

Lizzie, ihre Heldin, ist davon noch weit entfernt. Aber sie redet über ihre Ängste, mit sich, mit uns. Und das ist doch schon mal ein Anfang. Sylvia, eine Mentorin von Lizzie, sagt an einer Stelle zu ihr: "Natürlich geht die Welt langsam unter" - und dann gießt sie ihren Garten. Die Hoffnung gibt auch sie nicht auf.

Jenny O ll: Wetter. Piper Verlag 2021, 221 Seiten

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Eine literarisc­he Wetteraufz­eichnung aus der Perspektiv­e einer Bibliothek­arin
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Jenny Offill landete mit ihren Buch in ihrer Heimat auf der Bestseller­liste

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