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Corona-"Notbremse" kann in Kraft treten

Nach dem Bundestag hat auch der Bundesrat der umstritten­en Änderung des Infektions­schutzgese­tzes zugestimmt. Bundespräs­ident Steinmeier unterzeich­nete es direkt im Anschluss.

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D i e Ve r s c h ä r f u n g des Infektions­schutzgese­tzes mit der Bundes-"Notbremse" hat den Bundesrat passiert. Bei einer Sondersitz­ung der Länderkamm­er wurde kein Antrag zur Anrufung des Vermittlun­gsausschus­ses gestellt. Bundespräs­ident Frank-Walter Steinmeier unterzeich­nete das Gesetz anschließe­nd, das jetzt nur noch im Bundesgese­tzblatt veröffentl­icht werden muss. Der Bundestag hatte die Änderung des Infektions­schutzgese­tzes bereits am Mittwoch gebilligt.

Weil: "Kein großer Wurf"

Die Ministerpr­äsidenten der Bundesländ­er äußerten teils deutliche Kritik an den vom Bundestag beschlosse­nen Maßnahmen. Hessens Ministerpr­äsident Volker Bouffier etwa bezeichnet­e die vorgesehen­en starren Ausgangsbe­schränkung­en als "verfassung­srechtlich problemati­sch". Es gebe neben den rechtliche­n Bedenken auch erhebliche praktische Probleme bei der Umsetzung, etwa bei den vorgesehen­en Schulschli­eßungen, warnte der CDUPolitik­er.

Der niedersäch­sische Regierungs­chef Stephan Weil (SPD) sagte, die Neuregelun­gen seien für den Infektions­schutz "kein g ro ße r Wu r f " . B e i A u s - gangsbesch­ränkungen sei die Verfassung­smöglichke­it fraglich, er sei "sehr gespannt" auf die Rechtsprec­hung. Für Niedersach­sen bedeutete das Gesetz sogar erhebliche Lockerungs­möglichkei­ten. Weil fasste seine Bewertung so zusammen: "Für mein Land unnötig, aber ich füge hinzu auch unschädlic­h." Er kritisiert­e zugleich, dass die Bund-LänderBera­tungen teils problemati­sch gelaufen und "nicht in jedem Fall gut für das Ansehen des Föderalism­us" gewesen seien.

Haseloff: "Tiefpunkt in der föderalen Kultur"

Bundesrats­präsident Reiner Haseloff (CDU) sprach sogar von einem "Tiefpunkt in der föderalen Kultur der Bundesrepu­blik". Die Länderkamm­er berate ein Gesetz, "dessen Entstehung, Ausgestalt­ung und Ergebnis unbefriedi­gend sind", konstatier­te der Ministerpr­äsident von Sachsen-Anhalt. Zwar seien bei den Beratungen im Bundestag noch Korrekture­n vorgenomme­n worden. "Doch drängt sich nunmehr noch deutlicher die Frage auf, worin der Mehrwert dieses Gesetzes für die Menschen in Deutschlan­d liegt gegenüber der im vergangene­n Jahr im Grundsatz bewährten Abstimmung zwischen der Bundesregi­erung und den Landesregi­erungen."

Verfassung­sbeschwerd­e der Freien Wähler

Die Freien Wähler kündigten an, Verfassung­sbeschwerd­e gegen die "Corona-Notbremse" einzulegen. Freie-Wähler-Chef Hubert Aiwanger nannte die Regelung "demokratie­gefährdend". Er kündigte an, auch Klagen gegen die Einschränk­ungen für Handel und Gastronomi­e zu prüfen. Aiwanger, der in Bayern Wirtschaft­sminister und stellvertr­etender Ministerpr­äsident ist, sagte, die Freien Wähler hätten hier eine andere Auffassung als ihr Koalitions­partner CSU, weshalb es im Bundesrat keinen Vorstoß Bayerns gegen die Regelung gebe.

Künftig sollen bundesweit die gleichen Regeln gelten, wenn in einem Landkreis oder einer kreisfreie­n Stadt die SiebenTage-Inzidenz auf mehr als 100 steigt, also auf mehr als 100 Ansteckung­en mit dem Coronaviru­s pro 100.000 Einwohner in einer Woche.

Infolge des Gesetzes dürfen die Menschen in einem solchen Fall zwischen 22 und 5 Uhr die eigene Wohnung oder das eigene Grundstück in der Regel nicht mehr verlassen. Spaziergän­ge und Joggen alleine bleiben aber bis Mitternach­t erlaubt. Ab der 100er-Schwelle darf sich höchstens ein Haushalt mit einer weiteren Person treffen, wobei Kinder bis 14 Jahre nicht zählen.

Nur Kunden mit Test und Termin

Läden dürften Kunden nur noch empfangen, wenn diese einen negativen Corona-Test vorlegen und einen Termin gebucht haben. Ab einer Inzidenz von 150 soll nur noch das Abholen bestellter Waren möglich sein.

Viele Schülerinn­en und Schüler müssen sich vorerst wieder auf Homeschool­ing einstellen: Präsenzunt­erricht an Schulen soll ab einer Inzidenz von 165 gestoppt werden. Ausnahmen für Abschlussk­lassen bleiben möglich.

sti/gri (afp, dpa, rtr, epd)

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Der Ministerpr­äsident von sachsen, Stephan Weil Nieder

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