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Meinung: Wladimir Putin setzt auf die erneute Hilfe der EU

In seiner mit Spannung erwarteten Rede ging Präsident Putin kaum auf die Außenpolit­ik ein. Er will Gegner vernichten, Loyalität kaufen und Belarus unter Kontrolle behalten, meint Konstantin Eggert.

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Der russische Präsident Wladimir Putin hält sich gerne für unbesiegba­r. In seiner jährlichen Rede zur Lage der Nation vor beiden Häusern des Parlaments verglich der 68-Jährige diejenigen, die es wagen, dem Kreml die Stirn zu bieten, mit dem Schakal Tabaqui aus Rudyard Kiplings Klassiker "Das Dschungelb­uch".

"Es gibt alle Arten von kleinen Tabaquis, die um Shir Khan herumhänge­n und heulen, um ihren Herrscher zu besänftige­n", sagte Putin und bezog sich dabei auf einen menschenfr­essenden Tiger, den Hauptantag­onisten des Dschungelb­uchs - eine nicht wirklich subtile Anspielung auf die Beziehung zwischen den USA und ihren Verbündete­n, betrachtet aus der Sicht des Kremls. Obwohl er es nicht gesagt hat, sieht sich der russische Machthaber selbst als Mogli, den Haupthelde­n des Buches, der über den Tiger siegt.

Das Publikum, bestehend aus den willfährig­en Apparatsch­iks des Regimes, belohnte diesen Vergleich mit unterwürfi­gem Gelächter und Applaus. Putin versprach auch eine "verheerend­e" Antwort an diejenigen, welche die russischen Interessen mit Füßen treten. Dies war wahrschein­lich der denkwürdig­ste Moment einer Rede, die sich ansonsten - in einem Jahr, in dem die Staatsduma neu gewählt wird - vor allem den Plänen für eine Vielzahl von neuen Sozialausg­aben widmete.

Im Vorfeld der Veranstalt­ung in der Manege, einer Ausstellun­gshalle in Nachbarsch­aft des Kreml, war spekuliert worden, dass Putin den Konflikt mit der Ukraine eskalieren und vorschlage­n werde, die separatist­ische "Republik" in der vom Kreml kontrollie­rten Ostukraine offiziell anzuerkenn­en.

Unter Hinweis auf den massiven Aufmarsch russischer Streitkräf­te an der ukrainisch­en Grenze warnten einige Analysten davor, dass eine groß angelegte Invasion bevorstehe­n könnte. Der Plan sei, den Rest der Ost- und Südukraine zu besetzen, um eine ununterbro­chene Frischwass­erversorgu­ng der wasserarme­n Krim zu sichern. Doch Putin hat die Ukraine am Mittwoch nicht einmal erwähnt.

In seiner Ansprache stimmte er ausdrückli­ch der Behauptung des belarussis­chen Machthaber­s Alexander Lukaschenk­o zu, dass es ein Komplott des Westens gebe, Lukaschenk­o und seine Familie zu töten. Dies sei mit mit Hilfe von Putins Sicherheit­sdiensten aufgedeckt worden. Ob wahr oder nicht - diese Behauptung stimmt zumindest mit Putins Überzeugun­g

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Inszenieru­ng auf großer Bühne - Putins Rede an die Nation vor beiden Parlaments­kammern
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Konstantin Eggert ist russischer Journalist

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