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Benin-Bronzen: Rückgabe ab 2022
Ein Wandel findet statt in der deutschen Museumslandschaft. Die deutschen Museen werden dekolonialisiert. Endlich - meint Museumsleiterin Nanette Snoep.
Dass Bewegung in die Diskussion rund um die Rückgabe der in deutschen Sammlungen befindlichen Benin- Bronzen kommt, zeichnete sich schon seit längerem ab. Nach dem Spitzengespräch zwischen Staatsministerin Monika Grütters, Museumsleiterinnen und -leitern in Deutschland und ihren nigerianischen Partnerinnen und Partnern liegt jetzt ein konkreter Fahrplan vor: Schon im kommenden Jahr sollen erste Kunstschätze zurückgegeben werden an Nigeria, in dessen Südwesten das einstige Königreich Benin lag.
1897 raubten britische Kolonialtruppen 3500 bis 4000 Bronzen aus dem Königspalast in Benin City und steckten die Stadt in Brand. Rund 1100 Bronzen gelangten als Ankäufe nach Deutschland, allein 440 nach Berlin, das sich damit die zweitgrößte Sammlung weltweit sicherte. Ihr Besitz ist legal, aber nicht legitim, denn an den Stücken klebt nachweislich Blut. zu dekolonisieren. Und Dekolonisierung bedeutet auch Restitution."
Snoep hat an dem Spitzentreffen mit Monika Grütters teilgenommen. Anfang des Jahres hat sie zudem die Ausstellung "Resist! Die Kunst des Widerstands" in Köln kuratiert. Erstmalig sollten darin die Kolonialisierten, jene, die unter Unterdrückung litten oder leiden, eine Stimme erhalten. In ihrer Karriere hat sich die gebürtige Niederländerin intensiv mit Kunst aus kolonialem Kontext beschäftigt und plädiert schon lange dafür, Rückgaben in die Wege zu leiten. "Ich war positiv überrascht, dass wir uns gestern einstimmig für Restitution und die dafür notwendigen Schritte ausgesprochen haben", so Snoep weiter. jekte zurückverlangt werden und warum. Da aber nur ein Bruchteil der Bestände jemals ausgestellt wird und wurde, war es für die fordernden Länder bislang eher ein Ratespiel.
Ob und wie viele Objekte zuerst zurückgegeben werden sollen, wird unter anderem in Gesprächen mit der 2010 gegründeten Benin Dialogue G rou p, in der deu ts ch e Museumsverantwortliche mit Vertretern Nigerias zusammenarbeiten, erörtert werden. "Restitution ist das Recht auf die eigene Geschichte. Und deshalb sind afrikanische Stimmen in dieser Debatte so entscheidend", sagt Nanette Snoep. Die Museumsdirektorin hält es durchaus für möglich, dass sich die nigerianischen Partner dafür aussprechen, dass einige der Exponate in deutschen Museen bleiben. Doch welche und wie sie dort präsentiert würden, darüber werde allein die nigerianischen Seite entscheiden.
"Wir sind glücklich über diese neue Entwicklung", so Yusuf Tuggar, Nigerias Botschafter in Berlin. "Zum ersten Mal seit 124 Jahren wird eine Generation junger Nigerianer in der Lage sein, solche
Meisterwerke physisch zu sehen und sich von ihnen inspirieren zu lassen." Deutschland sei dabei, das Richtige zu tun, so der Botschafter weiter. Die Verhandlungen gestern stünden exemplarisch dafür, was im Bereich der Kulturdiplomatie durch die Zusammenarbeit zwischen Nigeria und Deutschland erreicht werden könne.
Die Kunstwerke haben einen hohen emotionalen Wert und sind zu einem Symbol für koloniale Erniedrigung geworden. Mehr noch, für manche sind sie ein Beweis für das Fortbestehen kolonialer Strukturen, daher sei es so wichtig, nicht zu vergessen, dass der Kampf für die Restitution durch afrikanische Intellektuelle bereits in den 1970er Jahren angestoßen und jetzt gewonnen worden sei, sagt Nanette Snoep vom RautenstrauchJoest-Museum. "Viele Menschen sind sich der Mechanismen des Neokolonialismus und des strukturellen und institutionellen Rassismus nicht bewusst." Ähnlich wie bei der "Black-Lives-Matter"Bewegung ginge es auch bei der Debatte um die Rückgabe von gestohlenen Kunstwerken allen voran um Identität und "ownership".
So sollen die ersten Kunstwerke zurückgegeben werden noch bevor das für 2024 geplante neue Museum in Benin City fertig gestellt ist. Zwischenzeitlich sollen die Bronzen - zu denen neben Skulpturen und Reliefs aus Bronze auch Artefakte aus Messing und aus Elfenbein gehören - in extra errichteten Depots untergebracht werden. Schon jetzt steht fest, dass sich auch Stücke aus Berlin darunter befinden werden, die ein wichtiger Bestandteil der Ausstellung des neuen Berliner Humboldt Forums im Herbst sein sollten.
Schon im Vorfeld des Gesprächs hat man sich dort darauf eingerichtet, womöglich ohne die Originale auszustellen: "Wir müssen schauen, ob es Sinn macht, Lücken zu lassen und Erklärtexte dazuzustellen. Oder ob wir Gipsabgüsse von den Objekten ausstellen, von denen wir welche haben", erklärt Jonathan Fine, Leiter der Ethnologischen Sammlung am Humboldt Forum. Mit Klaus Lederer, Berlins Kultursenator, melden sich jetzt auch Stimmen aus der deutschen Politik: "Eine Präsentation von Benin-Bronzen, etwa im Humboldt Forum, kann ich mir nur vorstellen, wenn zuvor die umfassende rechtliche Restitution der Bronzen erfolgt ist", so Lederer. "Für Leihgaben, die es ermöglichen könnten, diese Meisterwerke auch in Berlin erleben zu können, müssten wir außerordentlich dankbar sein."
Ende Juni wird es einen richtungsweisenden Beschluss der Stiftung Preußischer Kulturbesitz, zu der auch die Ethnologische Sammlung des Humboldt Forums gehört, geben. Es bleibt noch viel zu verhandeln. Und es bleibt abzuwarten, wann und wie den Ankündigungen Taten folgen.