Deutsche Welle (German edition)

Sylvia Schenk - Puffer für den neuen DFB-Präsidente­n?

Fritz Keller ist als DFB-Präsident zurückgetr­eten. Sylvia Schenk kann sich vorstellen, für eine Übergangsz­eit den Posten zu übernehmen - und mit Reformen den Boden für einen Nachfolger Kellers zu bereiten.

-

Fritz Keller ist als DFB-Präsident zurückgetr­eten. Sylvia Schenk kann sich vorstellen, für eine Übergangsz­eit den Posten zu übernehmen - und mit Reformen den Boden für einen Nachfolger Kellers zu bereiten.

Es war ein kurzer, wenn auch schmerzvol­ler Abgang für Fritz Keller als Präsident des Deutschen Fußball-Bundes (DFB). Nur 20 Monate stand er dem DFB vor, am Montag trat er wie angekündig­t zurück. Keller hatte seinen Stellvertr­eter Rainer Koch in einer Sitzung mit dem berüchtigt­en Nazi-Richter Roland Freisler verglichen, was ihn als DFB-Chef nicht mehr tragbar werden ließ. "Ich übernehme damit persönlich Verantwort­ung für meine Entgleisun­g in der Präsidiums­sitzung vom 23. April 2021, die trauriger Tiefpunkt der desolaten Führungssi­tuation des DFB bleiben soll", sagte Keller laut einer Mitteilung des Deutschen Fußball-Bundes. Der DFB müsse "sich verändern".

Der 64-Jährige ist bereits der dritte Präsident in Folge, der vorzeitig aus dem Amt scheiden musste. Vor ihm hatten bereits Wolfgang Niersbach und Reinhard Grindel aufgrund von Affären und Justiz-Ermittlung­en ihren Stuhl räumen müssen. Der Verband wird bis auf Weiteres von den beiden Vizepräsid­enten Rainer Koch (62 Jahre alt) und Peter Peters (58) geführt.

Trennung zwischen Wirtschaft und Sport

Auch Sylvia Schenk ist - wie der gestürzte Keller - der Auffassung, dass es grundlegen­de Reformen beim DFB geben müsse. Dafür wirbt sie und dafür bewirbt sie sich - allerdings nur für eine Übergangsz­eit. "Es muss beim DFB eine klare Veränderun­g geben", sagt die 68 Jahre alte Juristin der DW. Sie plädiert dafür, schnellstm­öglich ein Übergangst­eam an die Spitze des Verbandes zu setzen, das einen Reformproz­ess anstößt. Bei einem außerorden­tlich einberufen­en DFB-Bundestag könnte ein solches Team kurzfristi­g eingesetzt werden, bis der nächste, turnusmäßi­ge Bundestag im Herbst 2022 einen neuen Präsidente­n ernennen könnte.

Nach Schenks Auffassung

müsste das operative Geschäft bei den Hauptamtli­chen im Verband liegen, das Präsidium dürfe dagegen nur eine Aufsichtsu­nd Kontrollfu­nktion haben und müsse die strategisc­he Vorgaben machen. "Es muss eine klare Trennung zwischen Wirtschaft und Sport geben. Es darf nicht mehr länger darauf geschaut werden, welche Entscheidu­ng einzelnen Personen besonders hilft", sagt Schenk, die von 2001 bis 2004 Präsidenti­n des Bundes Deutscher Radfahrer war und in der Anti-Korruption­s-Organisati­on Transparen­cy Internatio­nal Deutschlan­d die Arbeitsgru­ppe Sport leitet.

Gräben zwischen Amateuren und Proifs zuschütten

Schenk würde gerne ein DFBÜbergan­gsteam leiten, auch wenn sie ahnen dürfte, dass ein ernsthaft angestoßen­er Reformproz­ess in diesem traditione­ll geführten Verband von vielen Seiten Widerstand hervorrufe­n wird. "Mit Rainer Koch wird es wohl kein Übergangst­eam geben", sagt sie. Dennoch hält sie solch ein Gremium für dringend nötig, damit dann irgendwann der neu gewählte Präsident "unbelastet seine Aufgabe antreten kann". Diese Pufferfunk­tion hält sie auch deshalb für sinnvoll, weil damit ein Weg, so Schenk "für die richtige Person für dieses Amt gefunden werden könnte. Denn im Moment erscheint dies aufgrund der Querelen für manch einen nicht sonderlich attraktiv."

Die Aufgaben eine Übergangst­eams wären reichhalti­g: die Aufarbeitu­ng der WM-Affäre um das "Sommermärc­hen" 2006, die Steuer- Verfahren, Verträge mit Beratern. Eine der wichtigste­n Aufgaben sieht Schenk allerdings darin, die Gräben zwischen dem Amateurspo­rt und den Profis zuzuschütt­en und "wieder Vertrauen aufzubauen. Denn beide Seiten können nicht ohne einander. Und da ist in den vergangene­n Jahren sehr viel schief gelaufen." Auch Themen wie Integrität, Nachhaltig­keit und Umweltbewu­sstsein müssten ihrer Meinung nach beim DFB viel präsenter werden. "Der Umgang mit diesen gesellscha­ftlichen Themen hat sich in den großen Unternehme­n in den letzten 15 bis 20 Jahren deutlich verändert", sagt Schenk. "Das muss sich auch der DFB zu eigen machen."

Begleitet werden sollten diese Veränderun­gen durch eine proaktive Kommunikat­ion des DFB, die auch von sich aus Fehler anspreche und zudem Themen setze. Bislang sind diese Vorschläge offenbar bei den handelnden Personen des DFB nicht angekommen, eine Rückmeldun­g habe sie jedenfalls noch nicht erhalten, berichtet Sylvia Schenk. "Ich will jetzt mal abwarten."

 ??  ??
 ??  ?? Ex-Leichtathl­etin Sylivia Schenk fordert mehr Transparen­z beim DFB
Ex-Leichtathl­etin Sylivia Schenk fordert mehr Transparen­z beim DFB
 ??  ?? Fritz Keller - nur 20 Monate DFB-Chef
Fritz Keller - nur 20 Monate DFB-Chef

Newspapers in German

Newspapers from Germany