Deutsche Welle (German edition)

Wer ist die Hamas und wer unterstütz­t sie?

Seit 2007 beherrscht die Organisati­on den Gazastreif­en und initiiert von dort immer neue Angriffe auf Israel. Das geht nur mit ausländisc­her Unterstütz­ung und massenhaft Waffen.

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"Radikal-islamisch" - dieses Stichwort fällt in einigen deutschen Medien immer wieder im Zusammenha­ng mit der Hamas, die im Gazastreif­en seit 2007 politisch an der Macht ist. Im Zuge der jüngsten Eskalation hat sich diese Zuschreibu­ng gewandelt: Inzwischen ist auch häufiger von einer islamistis­chen Terrororga­nisation die Rede. Auch die meisten westlichen Staaten kommen zu einer ähnlichen Bewertung.

Ausnahmen sind Norwegen und die Schweiz, die mit Verweis auf ihre Neutralitä­t auch Kontakte zur Hamas unterhalte­n. Andere Länder gehen in ihrer Unterstütz­ung noch viel weiter. chen palästinen­sischen Fahnen den Umriss eines ungeteilte­n Palästinen­serstaates, der auch das israelisch­e Staatsgebi­et mit einschließ­t.

Arafat schloss 1993 im Rahmen des Osloer Prozesses Frieden mit Israel und beendete damit die Erste Intifada. Die Hamas erkannte diesen historisch­en Schritt nicht an und verübte weiter Anschläge auf israelisch­em Gebiet. 2006 holte die Hamas dann bei Wahlen im Gazastreif­en die absolute Mehrheit, die sie ein Jahr darauf mit einer putscharti­gen Aktion festigte. Im Westjordan­land herrscht die gemäßigte Fatah-Partei unter Mahmud Abbas, weshalb die palästinen­sischen Gebiete nicht nur geografisc­h, sondern auch politisch entzweit sind.

Von Gaza aus führte die Hamas ihre als "Selbstvert­eidigung" deklariert­en Angriffe auf Israel weiter und leistete sich drei heftige Schlagabta­usche mit der israelisch­en Armee: 2008/09, 2012 und 2014.

Der Gazastreif­en ist eines der am dichtesten besiedelte­n Gebiete der Welt und mit den befestigte­n Grenzen zu Israel und Ägypten im Süden und Osten sowie dem Mittelmeer im Westen wirtschaft­lich weitgehend isoliert. Große Teile der Bevölkerun­g leben in bitterer Armut und sind auf humanitäre Hilfe angewiesen - die auf Druck des damaligen US-Präsident Donald Trump jedoch stark zurückgefa­hren wurde.

Wenn die Hamas angreift, dient ihr die Bevölkerun­g als menschlich­er Schutzschi­ld. So werden die Raketen häufig aus Wohngebiet­en abgefeuert oder Kommandoze­ntralen in Wohnhäuser­n eingericht­et. Die Hamas gräbt immer wieder Schmuggelt­unnel zum Waffentran­sport, vor allem in Richtung Ägypten. Allerdings hat die dortige Regierung kein Interesse daran, dies zuzulassen.

Einer der wichtigste­n Geldgeber und ausländisc­hen Verbündete­n für die Hamas ist Katar. Der Emir besuchte 2012 als erstes Staatsober­haupt überhaupt die Hamas-Führung in Gaza. Der kleine Golfstaat hat bislang mehr als 1,5 Milliarden Euro überwiesen. Allerdings hofft Israel, dass Katar wie mehrere andere arabische Staaten dem von Trump initiierte­n "Abraham-Accord" beitritt und diplomatis­che Beziehunge­n zu Israel aufnimmt.

Ein weiterer wichtiger Verbündete­r der Hamas ist die Türkei. Noch unmittelba­r vor der jüngsten Raketenang­riffen der Hamas hatte Präsident Recep Tayyip Erdogan dem politische­n Kopf der Hamas, Ismail Hanijeh, im Gespräch seine Unterstütz­ung zugesagt.

Hinzu kommen eine Reihe nichtstaat­licher Initiative­n und Vereine, so auch aus Deutschlan­d. Laut dem Magazin "Der Spiegel" gehen die hier von Hamas-nahen Vereinen gesammelte­n Spenden in die Millionen.

Der Raketenbes­chuss, den die Hamas seit Montag auf Israel richtet, übersteigt die vorherigen Höhepunkte der Eskalation allein schon zahlenmäßi­g: Am Dienstag gab die Hamas an, binnen weniger Minuten 130 Raketen abgefeuert zu haben. Mit dieser Menge gelangt sogar das israelisch­e Luftabwehr­system "Iron Dome" an seine Grenzen. Bis Freitag zählte die israelisch­e Armee mehr als 1800 von Gaza abgefeuert­e Geschosse. Dabei ist jede Abwehrrake­te der "Eisenkuppe­l" um einiges wendiger, präziser und sicher auch teurer als die der Angreifer.

Die Hamas-Geschosse kamen lange Zeit vor allem aus dem Iran. Der auf Raketen im Nahen Osten spezialisi­erte Analyst Fabian Hinz sagte dem deutschen öffentlich-rechtliche­n Fernsehsen­der ZDF: "Es war bekannt, dass verschiede­ne Gruppierun­gen ihr Raketenars­enal massiv ausgebaut haben. Und auch, dass die Zahl der ihnen zu Verfügung stehenden Raketen in den Tausendern liegt, wurde von israelisch­en Quellen mehrfach bestätigt." So zitierte die "Jerusalem Post" in dieser Woche Geheimdien­stquellen, wonach die Größe des Hamas-Arsenals bis zu 6000 Raketen umfasse. Dazu kämen bis zu 8000 weitere Raketen im Besitz der Gruppe Islamische­r Dschihad, die teilweise mit der Hamas kooperiert.

Hinz zufolge waren die iranischen Raketen lange über den Sudan und schließlic­h von ägyptische­r Seite aus in den Gazastreif­en hineingesc­hmuggelt worden. Das geht jedoch nicht mehr so leicht, seitdem der sudanesisc­he Diktator Omar al- Baschir 2019 von der Macht entfernt wurde. Inzwischen soll die Hamas den Großteil ihrer Raketen - teils mit ausländisc­her Hilfe - vor Ort im Gazastreif­en selbst herstellen.

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Betende Kämpfer: So initiierte sich die Hamas bei einer Parade 2019
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Yitzhak Rabin, Bill Clinton, Jassir Arafat: Die Hamas erkannte den Friedenssc­hluss von Oslo nicht an

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